Kinsey Millhone 02- In aller Stille
Salve quäkender Töne, und der Mann führte einen runden Magneten von einem Teil der Karte zu einem anderen. Es sah aus, als würde er mit sich allein ein Brettspiel spielen.
Auf seinem Hocker drehte er sich zu mir um. »Ja, Ma’am.«
Ich hielt ihm die Hand hin. »Ich bin Kinsey Millhone«, sagte ich. Bei der Vorstellung, mir die Hand geben zu müssen, schien er ein wenig verlegen zu werden, aber er überspielte das und tat mir entschlossen den Gefallen.
»Ron Coachello.«
Ich nahm meine Brieftasche heraus und zeigte ihm meinen Ausweis. »Ich dachte, vielleicht könnten Sie ein paar Daten für mich nachprüfen.«
Seine Augen waren sehr dunkel und leuchtend, und sein Ausdruck sagte, daß er alles prüfen könnte, was er wollte, wenn es ihm paßte. »Worum geht’s?«
Ich erzählte ihm die gekürzte Version der Geschichte, zusammen mit Elaine Boldts Adresse und der ungefähren Zeit, zu der das Taxi dagewesen war. »Können Sie nachsehen, ob Tip Top diesen Fahrgast am neunten Januar dieses Jahres gefahren hat? Es könnte auch City Cab oder Green Stripe gewesen sein. Ich hätte da ein paar Fragen an den Fahrer.«
Er zuckte die Achseln. »Klar. Es kann einen Tag dauern. Ich habe diesen Kram zu Hause. Ich bewahre ihn nicht hier auf. Ich kann Sie ja dann anrufen, oder noch besser, Sie rufen zurück? Wie wär’s damit?«
Das Telefon klingelte, und er führte ein Gespräch und hielt die Route fest. Dann nahm er das Mikro und drückte auf den Knopf. »Sechs-acht.« Er legte den Kopf schief und lauschte vergeblich. Es gab Störungen, dann ein Quäken.
»Vier-null-zwei-neun Orion«, sagte er und schaltete sich aus. Ich gab ihm meine Karte. Er schaute sie so merkwürdig an, als hätte er noch nie eine Frau mit einer Geschäftskarte gesehen. Plötzlich erwachte das Funkgerät wieder zum Leben. Er drehte sich um und nahm das Mikro. Ich winkte ihm zu, und er winkte über die Schulter zurück.
Ich machte genau die gleiche Prozedur mit den anderen beiden Taxiunternehmen durch, die glücklicherweise in geringer Entfernung zueinander lagen. Nachdem ich die gleiche Geschichte noch zweimal erzählt hatte, fühlte ich mich, als litte ich unter einem besonders schweren Fall von Sprachstörung.
Als ich ins Büro zurückkam, war auf dem Band des Anrufbeantworters eine Nachricht von Jonah Robb.
»Äh, ja, Kinsey. Hier ist Officer Robb wegen dieser... äh... Sache, über die wir gesprochen haben. Vielleicht könnten Sie mich ja mal anrufen... äh... heute nachmittag, damit wir einen Treffpunkt deshalb ausmachen können. Heute ist Freitag, und es ist... äh... zehn nach zwölf. Bis bald. Okay. Danke.« Die Nummer, die er hinterlassen hatte, war die der Polizeiwache mit der Durchwahl für die Vermißtenabteilung.
Ich rief ihn an und meldete mich sofort, als er am Apparat war. »Ich hörte, Sie haben Informationen für mich.«
»Stimmt«, erwiderte er. »Wollen Sie nachher mal bei mir vorbeikommen?«
»Könnte ich machen«, meinte ich. Ich schrieb mir seine Adresse auf, und wir machten Viertel nach acht aus, womit wir das Abendessen umgingen. Ich fand, wir sollten jetzt noch keine familiären Gewohnheiten pflegen. Ich dankte ihm für die Hilfe und legte auf.
Mir fiel beim besten Willen nicht ein, was ich nachmittags noch an dem Fall hätte arbeiten können, also schloß ich das Büro ab und fuhr nach Hause. Es war erst zwanzig nach eins, und weil ich bei der Arbeit so wenig erreicht hatte, fühlte ich mich moralisch verpflichtet, mich in meiner Wohnung nützlich zu machen. Ich spülte die Tasse und die Untertasse und den Teller, die im Spülbecken gestanden hatten, und ließ sie zum Trocknen im Abtropfkorb stehen, bis sie wieder gebraucht wurden. Ich packte einen Haufen Handtücher in die Waschmaschine, schrubbte die Bad- und Küchenwaschbecken, brachte den Abfall hinaus und saugte einen Weg um die Möbel herum. Von Zeit zu Zeit verrücke ich die Sachen tatsächlich mal und sauge die ganzen Wollmäuse darunter auf. Heute jedoch reichten ein paar Staubsaugerspuren hier und da und der Geruch, der in der Wohnung lag, diese eigentümliche Mischung zwischen heißem Maschinenöl und gekochtem Staub. Ich liebe Sauberkeit. Wenn man alleine wohnt, kann man entweder total schweinisch werden oder immer wieder nebenher saubermachen, was ich bevorzuge. Es gibt nichts Deprimierenderes, als am Ende eines langen Tages nach Hause zu kommen in eine Wohnung, die aussieht, als wäre ein Wirbelsturm durchgefegt.
Ich zog meine Jogginghose an und
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