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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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versuche herauszufinden, was wahr ist. Bisher ist alles Spekulation.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß, ich habe keine konkreten Beweise, aber ich hatte das Gefühl, ich müßte es jemandem erzählen. Es hat mich total verwirrt.«
    »Ich werde Ihnen sagen, was mich verwirrt«, sagte ich. »Wie können Sie mit jemandem zusammenleben, den Sie des Mordes verdächtigen?«
    Er starrte einen Moment lang auf den Tisch, und das Lächeln war, als es wieder erschien, mit der alten Arroganz gefärbt. Ich dachte, er würde mir antworten, aber das Schweigen dehnte sich, und schließlich steckte er sich einfach eine weitere Zigarette an und winkte der Bedienung zum Bezahlen.

    Am Nachmittag rief ich Jonah an. Die Begegnung mit Aubrey Danziger hatte mich deprimiert, und die beiden Martinis zum Lunch hatten einen nagenden Schmerz zwischen den Augen hinterlassen. Ich brauchte Sonne und Luft und Bewegung.
    »Wollen Sie zum Schießplatz fahren und schießen?« fragte ich, als er den Hörer abnahm.
    »Wo sind Sie?«
    »Ich bin im Büro, aber bereits auf dem Sprung nach Hause, um ein bißchen Munition abzuholen.«
    »Kommen Sie vorbei und holen mich ab«, meinte er.
    Ich lächelte, als ich den Hörer auflegte. Gut.

    Die Wolken hingen über den Hügeln wie die kleinen weißen Rauchwölkchen, die riesige altmodische Puffpuff-Lokomotiven hinter sich herziehen. Wir nahmen die alte Straße über den Paß, und mein VW beschwerte sich in höchsten Tönen, bis ich vom dritten in den zweiten und schließlich in den ersten Gang schaltete. Der Weg wand sich durch Salbei und Bergflieder hinauf. Beim Näherkommen teilte sich das dunkle Grün der entfernten Vegetation in unscheinbare Sträucher auf, die hartnäckig an den Hängen klebten. Es gab nur sehr wenige Bäume. Auf der rechten Seite waren steile Flächen kalifornischen Buchweizens zu sehen, die mit den hellen, kleinen, orangefarbenen Gesichtern der Gauklerblume und dem Knallrosa der stacheligen Flammenblume durchsetzt waren. Der Giftbaum blühte, und sein üppiges Wachstum erdrückte beinahe die silbrigen Blätter des Beifußes, der an seiner Seite sproß und sein Gegengift ist.
    Als wir den Gipfel erreichten, schaute ich nach links. Hier waren wir in einer Höhe von ungefähr achthundert Metern, und das Meer schien in der Ferne zu schweben wie ein grauer Nebel, der mit dem Grau des Himmels verschmilzt. Die Küste erstreckte sich, soweit das Auge blicken konnte, und die Stadt Santa Teresa wirkte wie eine unwirkliche Luftaufnahme. Aus dieser Perspektive schien die Hügelkette im Pazifik einzutauchen und in vier schroffen Bergspitzen wieder aufzusteigen, die die küstennahen Inseln bildeten. Die Sonne war heiß hier oben, und die ätherischen Öle, die das Unterholz ausströmte, würzten die windstille Luft mit Kampfergeruch. Gelegentlich gab es Menzieserdbeerbäume am Hang, die noch immer zu den kärglichen, unförmigen schwarzen Gebilden verformt waren, zu denen sie das Feuer gemacht hatte, das vor zwei Jahren hier durchgefegt war. Alles, was hier oben wächst, scheint sich danach zu sehnen, brennen zu dürfen; Samenkapseln platzen nur bei äußerster Hitze und keimen dann, wenn der Regen wiederkommt. Das ist kein Zyklus, der menschlicher Einmischung viel Raum gewährt.
    Die schmale Straße zum Schießplatz bog auf der Hügelkuppe nach links ab und kletterte in einem rechteckigen Winkel weiter durch riesige Sandsteinblöcke, die so leicht und künstlich aussahen wie bei einer Filmkulisse. Ich fuhr auf den staubigen und steinigen Parkplatz. Jonah und ich stiegen aus dem Wagen und nahmen die Waffen und die Munition vom Rücksitz. Ich glaube, wir hatten auf der ganzen dreißigminütigen Fahrt keine sechs Worte gewechselt, aber die Stille war erholsam.
    Wir zahlten den Eintritt und steckten uns kleine Schaumgummipfropfen in die Ohren, um die Geräusche zu dämpfen. Ich hatte mir außerdem noch ein Paar Kopfhörer mitgebracht, wie Ohrenschützer, als zusätzliche Sicherheit. Mein Gehör hatte bereits Schaden genommen, hoffentlich keinen bleibenden. Wenn die Stöpsel richtig saßen, konnte ich hören, wie die Luft in meiner Nase ein- und ausströmte, ein Phänomen, dem ich normalerweise nicht viel Aufmerksamkeit schenke. Ich mochte die Ruhe. Wenn ich bis zu ihrem Kern durchdrang, konnte ich mein eigenes Herz hören, als würde jemand zwei Stockwerke tiefer an eine Gipswand klopfen.
    Wir gingen zum Schießstand hoch. Das Dach über uns erstreckte sich wie bei einem Wagenunterstand noch

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