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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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California Fidelity noch von sonst jemandem befugt, hinzufahren und Fragen zu stellen... bla, bla, bla. Du kennst Andy ja, wenn er sich aufspielt. Er will dich auf der Stelle sehen, sobald du reinkommst.«
    »Was soll das denn? Leonard Grice hat nicht mal Schadensersatz beansprucht!«
    »Stell dir vor. Das erste, was er am Montag morgen getan hat, war, den Antrag zu stellen, und er will sein Geld auf der Stelle. Die Klage war oben draufgeheftet. Andy ist drüben und bearbeitet die Papiere so schnell er kann, und er ist stinksauer. Er hat Mac gesagt, daß er meint, wir sollten die ganze Vereinbarung mit dir lösen, nach dem Ärger, den du uns eingebracht hast. Der Rest von uns denkt, daß er ein komplettes Arschloch ist, aber ich dachte, du solltest wissen, was los ist.«
    »Wie hoch ist der Gesamtbetrag des Schadensanspruchs?«
    »Fünfundzwanzig Riesen für den Feuerschaden. Das ist der Nominalwert auf der Hausbesitz-Police, und er hat seine Verluste bis auf den letzten Penny aufgeführt. Die Lebensversicherung steht nicht zur Debatte. Ich glaube, er hat schon so ’ne winzig kleine Police auf ihr Leben kassiert — zweitausendfünfhundert — , und nach unseren Unterlagen hat er die schon vor Monaten ausgezahlt bekommen. Kinsey, er ist auf Jagd, und du bist das Opfer. Andy sucht jemanden, dem er die Schuld geben kann, damit Mac nicht ihm die Schuld gibt.«
    »Scheiße«, meinte ich. Was Besseres fiel mir nicht ein. Das Letzte, was ich gerade jetzt gebrauchen konnte, war ein Anschiß von Andy Montycka, dem CF-Verantwortlichen für Schadensforderungen. Andy ist Mitte Vierzig, konservativ und unsicher; ein Mann, dessen Hauptinteressen darin liegen, Fingernägel zu kauen und keine Wellen zu schlagen.
    »Möchtest du, daß ich ihm sage, du wärst nicht gekommen?« fragte sie.
    »Ja, wenn du das für mich tun würdest. Laß mich nur eben meine Anrufe abhören, dann verschwinde ich«, erwiderte ich. Ich schloß den Aktenschrank auf, nahm den Hefter über Elaine Boldt heraus und schaute Vera noch mal an. »Ich werde dir was sagen, Vera. Da ist was faul. Leonard Grice hatte sechs Monate Zeit, seine Schadensforderung zu beantragen, aber er hat keinen Finger gerührt. Jetzt, ganz plötzlich, übt er auf die Versicherungsgesellschaft Druck aus. Ich würde gern wissen, was ihn dazu veranlaßt hat.«
    »He, ich muß mich sputen, ehe sie nach mir suchen«, entgegnete Vera. »Sieh bloß zu, daß du Andy heut nicht mehr über den Weg läufst, oder du wirst es bereuen.«
    Ich dankte ihr für die Warnung und sagte ihr, ich würde mich melden. Sie schlüpfte wieder auf den Flur hinaus und schloß die Tür hinter sich. Verspätet fühlte ich, wie sich meine Wangen röteten und mein Herz klopfte. In der ersten Klasse wurde ich mal ins Büro des Direktors geschickt, weil ich in der Klasse Zettelchen hatte herumgehen lassen, und ich habe mich von diesem Schrecken nie erholt. Ich war schuldig im Sinne der Anklage, aber ich war nie vorher im Leben in Schwierigkeiten gewesen. Da stand ich also, ein schüchternes kleines Kind mit dünnen Beinen, so von der Angst ergriffen, daß ich die Schule verließ und in Tränen aufgelöst nach Hause lief. Meine Tante brachte mich gleich zurück und redete mit dem Direktor, während ich im Flur auf einem kleinen Holzstuhl saß und um den Tod betete. Es ist schwierig, sich ständig als Erwachsene auszugeben, wenn ein Teil von einem selbst immer noch sechs Jahre alt und den Autoritäten auf Gnade und Ungnade ausgesprochen ausgeliefert ist.
    Ein Blick auf meinen Anrufbeantworter ergab, daß keine Nachrichten hinterlassen worden waren. Ich schloß wieder ab und nahm den vorderen Weg, um zu vermeiden, daß ich an den gläsernen Türen von California Fidelity vorbeikam. Hinten stieg ich in meinen Wagen und fuhr zu Elaines Wohnanlage hinüber. Ich wollte mich kurz mit Tillie unterhalten und ihr erzählen, was passiert war. Beim Rechtsabbiegen auf die Via Madrina sah ich in den Rückspiegel und bemerkte einen Typen auf einem Motorrad, der mir fast aufs Auspuffrohr dröhnte. Ich lenkte leicht zur Seite, um ihn vorbeizulassen und schaute mich wieder um. Er blinkte mich immer noch wild an. Was hatte ich verbrochen, seinen Hund überfahren? Ich hielt an der Straßenkante, und er stoppte hinter mir, machte das Motorrad aus und hob es auf den Ständer. Er trug einen glänzenden schwarzen Overall, schwarze Handschuhe und Stiefel und einen schwarzen Helm mit einem Rauchglasvisier. Ich stieg aus dem Wagen, ging auf ihn zu

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