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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Gymnastikanzügen an den Nautilusgeräten und ein Trainer, der die Übungen einer Schauspielerin überwachte, deren Hintern auseinanderging wie langsam schmelzendes Kerzenwachs. Ich erspähte Bobby bei Beinübungen an einem Universalgerät gegenüber. Er mußte schon eine Weile dabei gewesen sein, denn sein T-Shirt zeigte Schweißringe, und sein blondes Haar hatte sich in feuchte Strähnen geteilt. Ich wollte ihn nicht unterbrechen, also stellte ich einfach meine Sporttasche weg und kam selbst zur Sache.
    Mit einigen Bizepscurls begann ich das Training. Ich nahm Hanteln, die kaum Gewicht hatten, und begann mich aufs Aufwärmen zu konzentrieren. Inzwischen hatte ich eine Menge Routine und mußte eine gewisse wachsende Ungeduld bekämpfen. Ich bin kein Mensch, der Spaß an den Vorgängen selbst hat. Ich mag Ziele und Abschlüsse, die Ankunft anstelle der Reise. Wiederholungen machen mich rebellisch. Wie ich es schaffe, tagein, tagaus zu joggen, ist mir selbst nicht klar. Ich machte weiter mit Handgelenkscurls und ging in Gedanken mein Programm durch. Ich wünschte, ich wäre bereits am Ende gewesen und hätte nicht erst zwei Übungen hinter mir. Vielleicht konnten Bobby und ich nachher wieder zusammen zu Mittag essen, wenn er Zeit hatte.
    Ich hörte ein Geklapper, dann einen dumpfen Schlag und blickte rechtzeitig auf, um zu sehen, daß er sein Gleichgewicht verloren hatte und gegen einen Stapel Fünf-Pfund-Scheiben gestolpert war. Es war klar, daß er sich nicht verletzt hatte, aber sein Blick schien jetzt zum erstenmal auf mich zu fallen, und seine Verlegenheit war extrem. Er wurde rot und versuchte, sich wieder auf die Beine zu strampeln. Einer der Typen am nächsten Gerät beugte sich beiläufig zu ihm hinüber und gab ihm Hilfestellung. Unsicher stand er auf und winkte jede weitere Unterstützung ab. Er hinkte zur Beindruckmaschine hinüber. Sein Auftreten war schroff und in sich gekehrt. Ich machte mit meinen Übungen weiter, als hätte ich nichts bemerkt, aber ich behielt ihn unauffällig im Auge. Selbst auf diese Entfernung hin konnte ich sehen, daß seine Laune düster und seine Gesichtszüge angespannt waren. Ein paar Leute warfen Blicke in seine Richtung, aus denen als Besorgnis getarntes Mitleid sprach. Er tupfte sich das Kinn ab, seine Konzentration ganz nach innen gerichtet. Sein linkes Bein begann vor Muskelkrämpfen irgendwelcher Art zu zucken, und frustriert umklammerte er sein Knie. Das Bein war wie ein von ihm getrenntes Wesen, das launenhaft herumsprang und sich jeder willentlichen Beherrschung entzog. Bobby stöhnte und hämmerte auf sein Fleisch ein, als könne er es mit seiner Faust bändigen. Ich kämpfte mit der Versuchung, durch den Raum zu ihm zu gehen, aber ich wußte, das würde die Sache nur noch schlimmer machen. Er hatte sich geschunden, und sein Körper vibrierte vor Erschöpfung. Genauso plötzlich, wie er begonnen hatte, schien der Krampf zu verschwinden. Bobby bedeckte seine Augen und hielt den Kopf gesenkt. Sobald er wieder in der Lage war zu laufen, schnappte er sich ein Handtuch und steuerte den Umkleideraum an. Damit verzichtete er auf den Rest seines Trainings.
    Ich jagte meine restlichen Übungen durch und duschte so schnell ich konnte. Ich hatte nicht erwartet, seinen Wagen noch vorzufinden, aber er stand immer noch auf dem Platz, auf dem ich ihn gesehen hatte. Bobby saß drin, seine Arme umschlangen das Lenkrad, der Kopf lag auf den Armen, und seine Schultern zuckten unter den trockenen, stoßweisen Schluchzern. Ich zögerte einen Moment und näherte mich dann dem Wagen auf der Beifahrerseite. Ich stieg ein, schloß die Tür und saß bei ihm, bis er fertig war. Ich hatte keinen Trost für ihn. Ich konnte nichts machen. Ich hatte keine Möglichkeit, seine Angst oder seine Verzweiflung anzusprechen, und meine einzige Hoffnung war, ihn durch meine Gegenwart wissen zu lassen, daß ich mit ihm fühlte und ihn gern hatte.
    Schrittweise ging es besser, und als es vorbei war, trocknete er sich mit einem Handtuch die Augen und putzte sich die Nase. Sein Gesicht hielt er von mir abgewandt.
    »Möchtest du einen Kaffee trinken gehen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Laß mich einfach allein, in Ordnung?« meinte er.
    »Ich habe Zeit«, erwiderte ich.
    »Vielleicht rufe ich dich später an.«
    »Okay. Ich mache schon mal weiter und kümmere mich ums Geschäft, und vielleicht können wir uns heute nachmittag sprechen. Brauchst du in der Zwischenzeit irgend etwas?«
    »Nein.« Der Ton war

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