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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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gleichgültig, sein Verhalten lustlos.
    »Bobby —«
    »Nein! Hau jetzt verdammt noch mal ab, und laß mich in Ruhe. Ich brauche deine Hilfe nicht.«
    Ich öffnete die Wagentür. »Ich rufe dich später an«, meinte ich. »Paß auf dich auf.«
    Er langte hinüber, packte den Türgriff und knallte die Tür zu. Dann ließ er den Motor aufheulen, und ich sprang zur Seite, als er mit quietschenden Reifen rückwärts aus der Parkbox fuhr. Ohne sich noch mal umzublicken, schoß er vom Parkplatz.
    Es war das letzte Mal, daß ich ihn sah.

9

    Die Pathologische Abteilung des St. Terry liegt unter der Erde im Herzen eines Labyrinths kleiner Büroräume. Kilometerlange Flure zweigen in alle Richtungen ab und verbinden die nichtmedizinischen Abteilungen, die mit dem Betrieb der Einrichtung betraut sind: Instandhaltung, Verwaltung, Technik, Betriebsführung. Während die oberen Stockwerke geschmackvoll renoviert sind, beschränkt sich das Design hier unten auf braune Kunststofffliesen und glänzende Wandfarbe in einem Farbton, der an lackierte Knochen erinnert. Die Luft riecht heiß und trocken, und etliche offene Türen geben den Blick auf ominöse Apparaturen und elektrische Leitungen, groß wie Abzugsrohre, frei.
    An diesem Tag gab es einen beständigen Fußgängerstrom; Menschen in Krankenhausuniformen, blaß und ausdruckslos wie Bewohner einer unterirdischen Stadt, nach Sonnenlicht lechzend. Die Pathologische Abteilung selbst war ein erfreulicher Gegensatz: geräumig, gut beleuchtet, schick in Königsblau und Grau eingerichtet. Fünfzig bis sechzig Laboranten arbeiteten daran, Blut, Knochen und Gewebeteile, die von oben ausgefiltert wurden, zu behandeln. Die Computeranlage schien zu klicken, zu summen und zu surren: eine Armee von Experten zur Steigerung der Effektivität. Der Lärm war verstummt, die Telefone klingelten sanft in der künstlichen Luft. Sogar die Schreibmaschinen wirkten gedämpft, während sie diskret die Geheimnisse des menschlichen Leidens protokollierten. Hier herrschten Ordnung, Professionalität und Ruhe — das Gefühl, zumindest hier den Schmerz und die Entwürdigung durch Krankheit unter Kontrolle zu haben. Der Tod wurde in Schach gehalten, vermessen, graduiert und analysiert. Wo er einen Sieg zu beanspruchen hatte, zerlegte dasselbe Spezialistenteam die Folgen und fütterte die Maschinen damit. In einer langen, mit Hieroglyphen gepflasterten Straße ergoß sich das Papier. Einen Moment lang stand ich, beeindruckt von der Szene, im Eingang. Das hier waren Mikroskop-Detektive, die Mörder einer anderen Kategorie verfolgten als solche, wie ich sie jagte.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    Ich sah zur Anmeldung hinüber, von wo aus ich beobachtet wurde.
    »Ich bin auf der Suche nach Dr. Fraker. Wissen Sie, ob er hier ist?«
    »Sollte er. Diesen Gang hinunter bis zur ersten links, dann wieder links, und dort hinten können Sie jemanden fragen.«
    Ich fand ihn in dem Abtei! eines Baukastensystems, gerahmt mit Bücherregalen und möbliert mit einem Schreibtisch, einem Schaukelstuhl, Pflanzen und Druckgrafiken. Er hatte sich mit seinem Stuhl zurückgelehnt, die Füße auf den Schreibtischrand gelegt, und blätterte ein Medizinbuch in der Größe des Oxford English Dictionary durch. In der Hand hielt er eine randlose Zweistärkenbrille, auf deren Bügel er beim Lesen kaute. Er war kompakt gebaut — breite Schultern, kräftige Oberschenkel. Seine Haare waren von einem dicken, silbrigen Weiß, und die Haut hatte den warmen Ton fleischfarbener Kreide. Das Alter hatte seinem Gesicht ein leicht verknittertes Aussehen gegeben, wie ein frisch gewaschenes Baumwollaken, das noch gestärkt und gebügelt werden muß. Er trug grüne OP-Kleidung mit passenden Schuhüberziehern.
    »Dr. Fraker?«
    Er sah zu mir auf, und seine grauen Augen zeigten Wiedererkennen. Er deutete mit einem Finger auf mich. »Bobby Callahans Freundin.«
    »Stimmt. Ob ich Sie mal sprechen könnte?«
    »Aber selbstverständlich. Kommen Sie herein.«
    Er sprang auf, und wir gaben uns die Fland. Er deutete auf einen Stuhl an seinem Schreibtisch, und ich setzte mich.
    »Wir können auch einen anderen Gesprächstermin vereinbaren, wenn ich ungelegen komme«, meinte ich.
    »Überhaupt nicht. Was kann ich für Sie tun? Glen hat mir erzählt, daß Bobby jemanden damit beauftragt hat, den Unfall zu untersuchen.«
    »Er ist davon überzeugt, daß es ein Mordversuch war. Fahrerflucht. Flat er mit Ihnen darüber gesprochen?«
    Dr. Fraker schüttelte den

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