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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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das lieber ist.«
    »Ich dachte, das Leichenschauhaus sei hier.«
    »Wir haben ein kleines hier, gleich hinter dem Autopsieraum. Wir haben noch ein anderes da draußen.«
    »Mir war nicht klar, daß es mehr als eines gibt.«
    »Wir brauchten den zusätzlichen Raum für die Vertragsarbeiten, die wir machen. St. Terry unterhält auch noch ein paar Büros da draußen.«
    »Tatsächlich? Ich hätte nicht gedacht, daß das alte Gebäude noch eine Funktion hat.«
    »O doch. Es gibt eine private Röntgengruppe, die dort arbeitet, und wir haben Lagerräume für Medizinische Archive da. Es ist ein ziemlicher Mischmasch, aber ich wüßte nicht, was wir ohne das machen sollten.«
    Er blickte zur Seite, als Marcy mit zwei Bechern hereinkam. Ihr Blick war sorgfältig auf die Oberfläche des Kaffees geheftet, der an den Seiten überzulaufen drohte. Sie war jung, dunkelhaarig und trug kein Make-up. Sie wirkte wie der Typ Mensch, von dem man die Hand gehalten haben möchte, wenn die Labortechniker einen foltern.
    »Danke, Marcy. Gleich hier auf den Rand des Schreibtischs.«
    Sie stellte die Becher ab und lächelte mich beim Hinausgehen kurz an.
    Dr. Fraker und ich unterhielten uns über die Bürotätigkeiten, während wir den Kaffee tranken. Dann machte er mit mir eine Runde durch das Laboratorium und erläuterte Bobbys verschiedene Aufgaben, die in diesem Moment alle nach Routine klangen und nicht sehr wichtig zu sein schienen. Ich notierte mir die Namen einiger seiner Kollegen und dachte, ich könnte zu einem späteren Zeitpunkt mit ihnen sprechen.
    Ich wartete, während er sich noch um ein paar Einzelheiten kümmerte und sich dann bei Marcy abmeldete und ihr sagte, wo er zu erreichen war.
    In meinem Wagen folgte ich ihm zum Freeway, Richtung früheres Landkrankenhaus. Der Komplex war von der Bahn aus zu sehen: ein ausladendes Labyrinth aus vergilbtem Putz und roten Ziegeldächern, die mit zunehmendem Alter fast rostbraun geworden waren. Wir fuhren daran vorbei, nahmen die nächste Ausfahrt und drehten zurück in die Frontage Road, von der wir links in die Haupteinfahrt abbogen.
    Das County General war früher mal ein blühendes Krankenhaus gewesen, das die gesamte Gemeinde von Santa Teresa versorgen sollte. An zweiter Stelle war es als Behandlungszentrum für Bedürftige gedacht gewesen, das von verschiedenen sozialen Einrichtungen finanziert wurde. Im Laufe der Jahre wurde es immer mehr mit den Unterprivilegierten in Verbindung gebracht: Sozialhilfeempfänger, illegale Einwanderer und all die unglücklichen Opfer der Samstagnacht-Verbrechenswelle. Nach und nach wurde das County General sowohl von der Mittelschicht als auch von den Wohlhabenden gemieden. Nachdem die nationale und die bundesstaatliche Krankenversicherung in Kraft getreten waren, wählten sogar die Armen das St. Terry und andere örtliche Privatkliniken, wodurch dieses Haus in eine Art Geisterstadt verwandelt worden war.
    Auf dem Parkplatz standen vereinzelt ein paar Wagen. Provisorische Holzschilder in Pfeilform zeigten dem Besucher den Weg zum Medizinischen Archiv, zu den Krankenpflegeräumen, zur Radiologie, der Leichenhalle und anderen Abteilungen, die obskure Zweige der Medizin vertraten.
    Dr. Fraker stellte seinen Wagen ab, und ich fuhr in die Lücke neben ihm. Er stieg aus, schloß ab und wartete, während ich das gleiche tat. Man hatte einen halbherzigen Versuch unternommen, das Gelände instandzuhalten, doch die Einfahrt selbst war rissig, und grobes Unkraut begann unter dem Asphalt hervorzusprießen. Ohne viel zu sprechen, gingen wir beide Richtung Haupteingang. Er schien diesen Ort nicht als außergewöhnlich hinzunehmen, aber ich fand das ganze irgendwie irritierend. Die Architektur war selbstverständlich im allgemein verbreiteten spanischen Stil: breite Veranden entlang der Vorderseite und weit zurückgesetzte Fenster mit schmiedeeisernen Gitterstäben.
    Wir gingen hinein und blieben in einer geräumigen Vorhalle stehen. Es war ersichtlich, daß man im Laufe der Jahre einige Versuche unternommen hatte, das Gebäude zu »modernisieren«. Jetzt hingen Leuchtstoffröhren an den hohen Wänden, die eine zu diffuse Beleuchtung abgaben, um zufriedenstellend zu sein. Einstmals großzügige Vorräume waren abgeteilt worden. Zwischen zwei Innenbalken waren Schalter errichtet worden, aber es gab keine Möbel im Rezeptionsbereich und niemanden, der auf Anmeldungen wartete. Selbst die bloße Luft war mit dem Geruch nach Verlassenheit und Verwahrlosung

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