Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
sein, meine Dame, aber ich will Ihnen mal was sagen. Bobby Callahan ist ein reicher Junge. Er ist verwöhnt, verantwortungslos und kennt keine Hemmungen. Er hat verdammt noch mal zu viel getrunken und ist von der Straße abgekommen, wobei er meinen Sohn tötete, der rein zufällig sein bester Freund war. Alles andere, was man Ihnen erzählt hat, ist Blödsinn.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher«, beharrte ich.
    »Ich aber, und das sage ich Ihnen ganz offen. Schauen Sie in die Polizeiberichte. Da steht alles drin. Haben Sie die gelesen?«
    »Bobbys Anwalt hat mir gestern Kopien geschickt«, meinte ich.
    »Keine handfesten Beweise, stimmt’s? Sie haben Bobbys Behauptung, daß ihn jemand von der Straße gedrängt hat, aber es gibt für kein Wort von dem, was er sagt, einen Beweis, und deshalb ist seine Geschichte meiner Ansicht nach reinster Mist.«
    »Die Polizei scheint ihm zu glauben.«
    »Glauben Sie, die könnten nicht gekauft werden? Glauben Sie, die Cops könnten nicht mit ein paar Scheinehen überzeugt werden?«
    »Nicht in dieser Stadt«, behauptete ich. Dieser Mann hatte mich richtig in die Defensive gedrängt, und mir gefiel die Art nicht, wie ich damit umging.
    »Wer ist das?«
    »Mr. Bergen, ich weiß eine Menge über die örtliche Polizei. Ich habe selbst da gearbeitet-« Es klang lahm, aber ich meinte es ernst.
    Er unterbrach mich wieder. »Dreck!« Er machte eine abweisende Handbewegung und drehte angewidert den Kopf weg. »Ich hab für so was keine Zeit. Vielleicht wird meine Frau mit Ihnen sprechen.«
    »Ich würde mich lieber mit Ihnen unterhalten«, meinte ich. Das schien ihn zu überraschen, als ob noch nie jemand ein Gespräch mit ihm vorgezogen hätte.
    »Scheiß drauf. Ricky ist tot. Jetzt ist alles vorbei.«
    »Und wenn nicht? Angenommen, Bobby sagt die Wahrheit, und es war nicht seine Schuld?«
    »Und was schert mich das noch? Er ist mir verdammt scheißegal.«
    Fast hätte ich ihm eine Erwiderung gegeben, hielt aber statt dessen den Mund und vertraute auf einen anderen Instinkt. Ich wollte mich nicht in einen endlosen Streit um Bagatellen verwickeln lassen, der nur dazu diente, seine Wut anzuheizen. Seine Erschütterung war tiefgreifend, doch ich vermutete, daß sie sowohl anschwellen wie abflauen konnte. »Dürfte ich zehn Minuten Ihrer Zeit in Anspruch nehmen?«
    Einen Moment lang dachte er nach, dann stimmte er genervt zu. »Meine Güte, kommen Sie rein. Ich esse grade zu Mittag. Reva ist sowieso nicht da.«
    Er entfernte sich von der Tür und überließ es mir, sie hinter uns zu schließen und ihm durchs Haus zu folgen. Es war graubraun ausgelegt und roch, als sei es länger verschlossen gewesen. Die Rollos waren gegen die Nachmittagssonne heruntergezogen, und das Licht im Haus hatte einen bernsteinfarbenen Ton. Ich bekam einen flüchtigen Eindruck von den Polstermöbeln: zwei passende Lehnsessel, die mit grünem Plastik überzogen waren, und ein zwei Meter langes Sofa aus Einzelteilen, auf dessen Ende eine Wolldecke ausgebreitet war, die von einem großen schwarzen Hund in Beschlag genommen wurde.
    Die Küche war mit einem dreißig Jahre alten Linoleumboden ausgelegt und hatte grellrosa gestrichene Schränke. Die Haushaltsgeräte ließen den Raum aussehen wie eine Illustration aus einer alten Ausgabe des Ladies’ Home Journal. Auf der Bank in einer kleinen, eingebauten Frühstücksecke stapelten sich Zeitungen. Das feststehende Mittelteil eines schmalen Holztisches bestand aus einem Zuckerschälchen, einem Papierserviettenspender, Salz- und Pfefferstreuer in Entenform, einem Senftopf, einer Ketchupflasche und einer Flasche A-i Sauce. Ich sah auch seine Sandwichvorbereitungen: ein Sortiment Schmelzkäsescheiben und Aufschnitt, der mit Oliven und ominösen Teilen in Form von Tiermäulern gespickt war.
    Er setzte sich und bedeutete mir, mich auf der ihm gegenüberliegenden Bank niederzulassen. Ich schob ein paar Zeitungen an die Seite und setzte mich hin. Er schmierte sich bereits dick Miracle Whip auf jene Art von weichem Weißbrot, das bis auf Schaumschwammgröße aufgehen kann. Diskret blickte ich in eine andere Richtung, als beschäftige er sich mit pornographischen Praktiken. Er legte eine dünne Scheibe Zwiebel auf das Brot und schälte dann die Zellophanhülle vom Käse. Das Ganze wurde mit einer Schicht Salat, eingelegten Gurken, Senf und Wurst vervollständigt. Reichlich spät sah er zu mir auf. »Hunger?«
    »Schon verhungert«, gab ich zu. Ich hatte kaum eine halbe Stunde

Weitere Kostenlose Bücher