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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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schwanger wäre. Zuerst glaubte ich noch, er würde mich vielleicht heiraten, aber als er mir sagte, daß er ernsthaft in eine andere verliebt wäre, wußte ich, was ich zu tun hatte. Zu seinen Gunsten muß ich sagen, daß er sich schrecklich fühlte angesichts der Zwickmühle, in die er mich gebracht hatte, und so viel wie möglich für mich tat. Bobby hatte nichts Gemeines an sich, er war im Grunde seines Herzens ein wirklich lieber Kerl.«
    Sie machte sich wieder auf den Weg. Ich hielt sie am Arm fest und überlegte blitzschnell. »Carrie, besteht die Möglichkeit, daß der Freund in Schwierigkeiten und die Frau, mit der er zu tun hatte, ein und dieselbe Person waren?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Er hat nicht zufällig ein kleines rotes Adreßbuch bei Ihnen hinterlassen?«
    »Alles, was er mir hinterlassen hat, ist ein gebrochenes Herz«, gab sie zurück und ging davon, ohne sich noch einmal umzusehen.

15

    Der Schuppen des Rollschuhverleihs ist ein dunkelgrüner Stand gleich hinter einem Parkplatz in der Nähe des Kais. Für drei Dollar kann man sich eine Stunde lang ein Paar Rollschuhe leihen. Knieschoner, Ellbogenschoner und Gelenkstützen bekommt man umsonst dazu, damit niemand hinterher den Verleih verklagen kann, wenn er sich verletzt.
    Bobbys Geschmack in bezug auf Freunde war schwer einzuschätzen. Gus sah aus wie einer der Typen, bei denen man, wenn man sie an der Straßenecke sieht, automatisch kontrolliert, ob die Wagentüren verschlossen sind. Er mußte in Bobbys Alter sein, doch er wirkte zart und hatte einen eingefallenen Brustkorb und eine kranke Gesichtsfarbe. Seine Haare waren dunkelbraun, und er bemühte sich um einen Schnurrbart, der ihn allerdings nur noch mehr wie einen Ausbrecher aussehen ließ. Ich hatte in der Kartei Fotos von Verbrechern gesehen, denen ich eher getraut hätte als ihm.
    Ich hatte mich vorgestellt und vergewissert, daß er tatsächlich Bobbys Freund gewesen ist, als eine Blondine mit flatternden Haaren und langen, braungebrannten Beinen hereinkam, um ein Paar Rollschuhe zurückzugeben. Ich beobachtete den Austausch. Im Gegensatz zu meinem ersten Eindruck hatte Gus etwas Nettes an sich. Er gab sich ein wenig schäkernd und blickte ab und zu in meine Richtung, vermutlich, um anzugeben. Ich wartete und sah zu, wie er ausrechnete, wieviel sie ihm schuldig war. Er gab ihr die Straßenschuhe und ihre Papiere zurück, und sie hüpfte zu einer Bank, um sich die Turnschuhe anzuziehen. Gus wartete, bis sie gegangen war, bevor er weitersprach.
    »Ich habe Sie auf der Beerdigung gesehen«, begann er schüchtern, als er sich mir wieder zuwandte. »Sie saßen in der Nähe von Mrs. Callahan.«
    »Ich erinnere mich gar nicht an Sie«, erwiderte ich. »Waren Sie anschließend noch bei der Feier?«
    Er schüttelte den Kopf und wurde etwas rot. »Ich fühlte mich nicht allzu gut.«
    »Ich glaube kaum, daß man sich dabei überhaupt gut fühlen kann.«
    »Nicht, wenn einem der Kumpel gestorben ist«, bestätigte er. Seine Stimme verriet ein kaum wahrnehmbares Zittern. Er drehte sich um und machte ein großes Theater mit den Rollschuhen, die er wieder an ihren richtigen Platz im Regal zurückstellte.
    »Waren Sie krank?« fragte ich.
    Einen winzigen Moment lang schien er mit sich zu kämpfen, dann sagte er: »Ich habe die Crohn’sche Krankheit. Wissen Sie, was das ist?«
    »Nein.«
    »Eine infektiöse Darmkrankheit. Alles geht sofort durch. Ich kann kein Gewicht halten. Hab die meiste Zeit Fieber. Magenschmerzen. >Ätiologie unbekannt<, das heißt, sie wissen nicht, wodurch das hervorgerufen wird oder woher es kommt. Ich habe das jetzt seit fast zwei Jahren, und es macht mich fertig. Ich kann keinen richtigen Job behalten, also mache ich das hier.«
    »Ist es heilbar?«
    »Ich glaube ja. Irgendwann. Das sagen zumindest die Ärzte.«
    »Nun, tut mir leid, daß Sie so leiden müssen. Hört sich schrecklich an.«
    »Und das ist noch lange nicht alles. Egal, jedenfalls munterte Bobby mich immer auf. Er war selbst in einer solch schlechten Verfassung, daß wir manchmal lachen mußten. Ich vermisse ihn. Als ich hörte, daß er gestorben war, hätte ich fast aufgegeben, aber dann sagte so eine leise Stimme: >Komm Gus, erhebe dich von deinem müden Arsch und mach weiter... dies ist kein Weltuntergang, also sei kein Narr.<« Er schüttelte den Kopf. »Das war Bobby, ich schwör’s. Hörte sich genauso an. Also erhob ich mich von meinem müden Arsch. Untersuchen Sie seinen Tod?«
    Ich nickte

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