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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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lassen. Er mußte nicht wirklich den Haftbefehl in den Händen halten, doch ich nehme an, daß er inzwischen ahnte, wie gerissen sie war. Ich gab ihm Mozas Adresse, meine Adresse und eine umfassende Beschreibung von Lila Sams.
    Als ich heimkehrte, war es 15.40 Uhr. Henry saß auf einer Liege im Hof, umgeben von Büchern. Er sah von seinem Notizblock auf, als ich um die Ecke trat.
    »Ach, du bist’s«, bemerkte er. »Ich dachte, es sei vielleicht Lila. Sie sagte, sie käme noch mal vorbei, um sich zu verabschieden, bevor sie fährt.«
    Mir blieb die Spucke weg. »Sie reist ab?«
    »Nun, sie reist nicht eigentlich ab. Sie fährt für ein paar Tage nach Las Cruces, aber sie hofft, gegen Ende der Woche wieder zurückzusein. Ich glaube, es gibt da ein kleines Problem mit einem ihrer Grundstücke, und sie muß hin, um die Sache in Ordnung zu bringen. Ein verdammtes Ärgernis, aber was soll man machen?«
    »Aber sie ist doch noch nicht gefahren, oder?«
    Er schaute auf seine Uhr. »Kann ich mir nicht vorstellen. Ihr Flugzeug geht so gegen fünf. Sie sagte, sie müsse erst noch zur Grundstücksgesellschaft, und dann wolle sie ein paar Sachen packen. Wolltest du sie sprechen?«
    Ich schüttelte den Kopf, unfähig auszusprechen, was ausgesprochen werden mußte. Ich bemerkte, daß er dabei war, ein neues Kreuzworträtsel zu entwerfen und sich vorbereitende Notizen machte. Oben auf dem Blatt standen zwei Titel: »Ganz einfach, lieber Watson!« und »Home Sweet Holmes«.
    Er lächelte verlegen, als er sah, daß ich es gelesen hatte. »Dies wird eins für die Sherlock-Fans im Publikum«, erklärte er. Er legte den Block beiseite, als sei es ihm peinlich, daß ihn jemand bei der Arbeit beobachtet hatte. »Na, und, wie klappt es bei dir?«
    Er schien so unschuldig zu sein und den Kopf nur mit seiner Leidenschaft für Wörter voll zu haben. Wie konnte sie sich so einen Mann aussuchen?
    »Da ist etwas, das du, glaube ich, wissen solltest«, druckste ich. Dann faltete ich den Computerausdruck auseinander und reichte ihm das Papier.
    Er sah darauf hinab. »Was ist das?«
    Dann fiel sein Blick wohl auf Lilas Namen, denn er konzentrierte sich auf das Blatt. Seine Miene versteinerte, als er die Fakten aufnahm. Nachdem er alles gelesen hatte, gestikulierte er ziellos. Einen Moment lang schwieg er, dann sah er zu mir auf. »Tja. Läßt mich dastehen wie einen Narren, nicht wahr?«
    »Hör auf, Henry. Sag so etwas nicht. Ich denke absolut nicht so. Du hast es gewagt, und sie hat dir ein wenig Glück gebracht. Na ja, und später stellt sich heraus, daß sie eine Betrügerin ist. Das ist nicht deine Schuld.«
    Er starrte auf das Papier wie ein Kind, das gerade lernt, Wörter zu sondieren. »Wie bist du darauf gekommen, Nachforschungen anzustellen?«
    Ich dachte über eine taktvolle Erklärung nach, doch mir fiel keine ein. »Ich mochte sie nicht besonders, um ehrlich zu sein. Wahrscheinlich hatte ich das Gefühl, dich schützen zu müssen, vor allem, als du von den geplanten Geschäften mit ihr erzählt hast. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß sie aufrichtig war, und, wie sich herausstellte, war sie es nicht. Du hast ihr doch kein Geld gegeben, oder?«
    Er faltete den Ausdruck zusammen. »Heute morgen habe ich eines meiner Konten aufgelöst.«
    »Wieviel?«
    »Zwanzigtausend in bar«, erwiderte er. »Lila sagte, sie wolle es bis zur Erfüllung der Vertragsbedingungen auf ein Konto der Grundstücksgesellschaften einzahlen. Der Filialleiter der Bank hat mich gedrängt, mir das noch mal zu überlegen, doch ich dachte, er sei einfach konservativ. Nun weiß ich, er war es nicht.« Er hatte einen sehr formellen Ton angeschlagen, und es brach mir beinahe das Herz.
    »Ich gehe jetzt zu Moza und versuche sie aufzuhalten, bevor sie abfliegt. Willst du mitkommen?«
    Er schüttelte den Kopf, seine Augen glänzten. Ich drehte mich auf dem Absatz um und entfernte mich schnellen Schrittes.
    Ich ging den halben Block bis zu Moza. Ein Taxi fuhr langsam umher. Der Fahrer suchte die Hausnummern ab. Wir beide kamen ungefähr gleichzeitig vor Mozas Haus an, und er hielt am Gehsteig. Ich ging auf die Beifahrerseite und schaute durch das offene Fenster. Er hatte ein Gesicht wie ein Wasserball aus Fleisch.
    »Haben Sie ein Taxi bestellt?«
    »Hm, ja. Lila Sams?«
    Er sah in seinem Fahrtenbuch nach. »Genau. Haben Sie Koffer, mit denen ich Ihnen behilflich sein kann?«
    »Eigentlich brauche ich das Taxi nicht mehr. Eine Nachbarin hat sich angeboten, mich

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