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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos
Autoren: Sue Grafton
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eine Verabredung. Bitte, lassen Sie es mich wissen, wenn Sie von ihm hören.«
    »Darf ich fragen, was Sie von ihm wollen?«
    »Ich habe meine Mutter gedrängt, die Scheidung einzureichen, aber bislang hat sie das abgelehnt. Vielleicht kann ich ihn statt dessen überreden.«
    »Ich bin überrascht, daß sie sich nicht vor Jahren von ihm scheiden ließ.«
    Ihr Lächeln war kalt. »Sie sagt, sie hat ihn geheiratet >in guten wie in schlechten Zeiten<. Bislang hat es keine >guten< gegeben. Vielleicht hofft sie noch auf eine kleine Kostprobe davon, ehe sie auf gibt.«
    »Was ist mit seinem Gefängnisaufenthalt? Warum ist er eingesperrt worden?«
    Etwas zuckte über ihr Gesicht, und zuerst dachte ich, sie würde mir nicht antworten. »Fahrlässige Tötung mit dem Wagen«, erklärte sie schließlich. »Er war betrunken, und es hat einen Unfall gegeben. Fünf Personen kamen ums Leben, zwei davon Kinder.«
    Mir fiel keine Erwiderung ein, und sie schien auch keine zu erwarten. Sie stand auf, beendete die Unterredung mit einem kräftigen Händedruck, und dann war sie fort. Ich konnte ihre hohen Absätze über den Flur klappern hören.

5

    Als ich schließlich mein Büro abgeschlossen hatte und unten zu meinem Wagen kam, sahen die Wolken über mir aus wie dunkelgraue Flocken aus dem Staubsauger, und der Regen hatte angefangen, den Fußweg mit dicken Punkten zu übersäen. Ich schob Daggetts Akte auf den Beifahrersitz und fuhr rückwärts aus meiner Parklücke, bog vom Parkplatz nach rechts in die Cannon Street und dann wieder direkt in die Chapel ein. Drei Blocks weiter hielt ich an, schoß in den Supermarkt, um Milch, Diätcola, Brot, Eier und Toilettenpapier zu holen. Ich befand mich wieder einmal in Belagerungsstimmung und freute mich darauf, die Zugbrücke hochzuziehen und den Regen abzuwarten. Mit ein wenig Glück würde ich tagelang nicht rausgehen müssen.
    Das Telefon klingelte, als ich meine Wohnung betrat. Ich stellte die Einkaufstüte ab und griff nach dem Hörer.
    »Herrje, ich wollte es gerade aufgeben«, stöhnte Jonah. »Ich hab’s schon im Büro versucht, aber nur den Anrufbeantworter erwischt.«
    »Ich habe für heute Schluß gemacht. Ich kann auch daheim arbeiten, wenn ich in Stimmung bin. Bin ich aber nicht. Hast du den Regen gesehen?«
    »Regen? Ach ja, ja. Ich hab noch nicht mal aus dem Fenster geschaut, seit ich gekommen bin. Himmel, das ist ja toll!« sagte er. »Aber jetzt hör zu, ich hab ein paar von den Informationen, die du haben wolltest. Der Rest muß eben warten. Woody hatte eine vordringliche Anfrage, und ich mußte raus. Aber ich arbeite morgen, da kann ich den Rest abrufen.«
    »Du arbeitest Samstag?«
    »Ich vertrete Sobel. Meine gute Tat der Woche. Hast du was zu schreiben? Von Polo hab ich ‘ne Spur.«
    Er rasselte Billy Polos Alter, Geburtsdatum, Größe, Gewicht, Augen- und Haarfarbe, seine Decknamen und einen kurzen Überblick über seine Vorstrafen herunter. Automatisch notierte ich alles. Er hatte den Namen von Billy Polos Bewährungshelfer herausgefunden, aber der Knabe war nicht im Büro und würde nicht vor Montagnachmittag zu erreichen sein.
    »Danke. Ich werde in der Zwischenzeit noch auf eigene Faust Nachforschungen anstellen«, erklärte ich. »Ich wette, ich finde ihn vor dir.« Er lachte und legte auf.
    Ich räumte die Einkäufe fort und setzte mich dann an meinen Schreibtisch, zog die kleine, tragbare Smith-Corona hervor, die ich dort aufbewahrte. Ich übertrug die Daten, die Jonah mir gegeben hatte, auf Index-Karten und saß dann da und starrte sie an. Billy Polo, geb. William Polokowski, war dreißig Jahre alt, eins siebzig groß und wog siebzig Kilo. Er hatte braunes Haar, braune Augen, keine Narben. Tätowierungen oder andere »auffällige Körpermerkmale«. Sein Vorstrafenregister hörte sich an wie ein Quiz über das kalifornische Strafgesetz, mit Gefängnisstrafen für kleinere Vergehen sowie für Schwerverbrechen. Raub, Fälschung, Hehlerei, schwerer Diebstahl, Verstöße gegen das Drogengesetz. Einmal war er sogar wegen »Beschädigung eines öffentlichen Gefängnisses« angeklagt worden, einem kleineren Vergehen in diesem Staat. Wäre es im Zuge eines Ausbruchsversuchs gewesen, so hätte man ihn eines Schwerverbrechens angeklagt. Ich schätze, er war dabei erwischt worden, wie er schmutzige Worte in die Gefängniswände ritzte. Das war schon ein richtiger Profi, dieser Kerl.
    Scheinbar war Billy Polo ziemlich vielseitig, wenn es darum ging, ein Gesetz zu brechen,
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