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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos
Autoren: Sue Grafton
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Blick zu. »Sie ist Privatdetektivin. Ich wünsche, daß ihr alle Informationen zugänglich gemacht werden. Muß ich dafür eine gesonderte Vollmacht ausstellen?«
    »Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich gibt es da etwas, aber für mich ist das neu. Ich kann es überprüfen und Sie später anrufen, wenn Sie wünschen.«
    Sie klemmte ihre Visitenkarte auf das Brett, als sie es ihm zurückgab. »Tun Sie das.«
    Zum ersten Mal begegneten sich ihre Blicke, und ich konnte sehen, wie er die unterschiedlichen Farben ihrer Augen wahrnahm. Sie rauschte an ihm vorbei aus dem Zimmer. Er starrte ihr nach. Die Tür fiel zu.
    Ich streckte die Hand aus. »Ich bin Kinsey Millhone, Mr. Ingraham.«
    Er lächelte zum ersten Mal. »Ah ja. Ich habe durch Kelly Borden von Ihnen gehört. Freut mich, Sie kennenzulernen.«
    Kelly Borden arbeitete ebenfalls im Leichenschauhaus, wo ich bei der Untersuchung eines Mordes im August zu tun gehabt hatte.
    »Angenehm. Was können Sie mir in diesem Fall erzählen?«
    »Ich kann Ihnen da nicht viel sagen. Sie haben ihn gegen sieben gebracht, als ich gerade zur Arbeit kam.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wie lange er da schon tot war?«
    »Ich weiß es nicht sicher, aber lange kann es noch nicht gewesen sein. Der Körper war nicht aufgedunsen, und es hatte auch noch keine Verwesung eingesetzt. Nach allem, was ich an Ertrunkenen gesehen habe, würde ich sagen, er ist spät letzte Nacht ins Wasser gefallen. Aber berufen Sie sich dabei nicht auf mich. Die Armbanduhr, die er trug, war um 2 Uhr 37 stehengeblieben, aber die kann auch kaputt gewesen sein. Es ist eine billige Uhr, und sie sieht recht mitgenommen aus. Ist bei seinen anderen Sachen. Himmel, was weiß ich? Ich bin bloß ein kleiner Helfer, der kleinste der Kleinen. Dr. Yee haßt es, wenn wir so mit den Leuten reden.«
    »Glauben Sie mir, ich werde nichts sagen. Ich frage nur für mich selbst. Was ist mit seiner Kleidung? Wie war er angezogen?«
    »Jackett, Hose, Hemd.«
    »Schuhe und Strümpfe?«
    »Na ja, Schuhe schon. Aber Socken hatte er keine an, und er hatte auch keine Brieftasche oder so bei sich.«
    »Irgendwelche Anzeichen einer Verletzung?«
    »Keine, die ich gesehen hätte.«
    Mir fiel nichts ein, was ich noch hätte fragen können. So bedankte ich mich bei ihm und erklärte, ich würde in Kontakt bleiben.
    Dann ging ich hinaus, um nach Barbara Daggett zu suchen. Wenn ich für sie arbeiten sollte, dann mußten wir das Geschäftliche regeln.

6

    Ich fand sie in der Eingangshalle. Sie stand am Fenster und starrte auf den Parkplatz hinaus. Der Regen fiel mit monotonem Geräusch, gelegentlich rauschte der Wind in den Baumwipfeln. In allen Gebäuden, die den Parkplatz umgaben, brannte gemütlich aussehendes Licht, das die Feuchtigkeit und Kälte draußen nur noch unterstrich. Eine Krankenschwester, deren weiße Uniform zwischen den Teilen ihres dunkelblauen Regenmantels aufblitzte, näherte sich der Tür, indem sie über Pfützen sprang wie ein Kind, das Himmel und Hölle spielt. Ihre weißen Strümpfe hatten fleischfarbene Flecken an den Stellen, wo der Regen durchgedrungen war, und die weißen Schuhe waren schlammbespritzt. Sie erreichte den Eingang, und ich hielt ihr die Tür auf.
    Sie schenkte mir ein strahlendes Lächeln. »Wow! Danke. Ist ja der reinste Hindernislauf hierher.« Sie schüttelte das Wasser von ihrem Regenmantel und tappte den Gang entlang. Die Kreppsohlen hinterließen ein Muster feuchter Fußspuren.
    Barbara Daggett stand wie angewurzelt. »Ich muß zu Mutter fahren«, sagte sie. »Jemand muß es ihr sagen.« Sie drehte sich um und sah mich an. »Wieviel verlangen Sie für Ihre Dienste?«
    »Dreißig die Stunde plus Spesen, das ist Standard hier. Wenn Sie es ernst meinen, kann ich heute nachmittag einen Vertrag in Ihr Büro bringen.«
    »Wie ist es mit einer Anzahlung?«
    Ich überschlug es schnell. Normalerweise verlange ich immer einen Vorschuß, vor allem in einer Situation wie dieser, wenn ich weiß, daß ich mit den Polizisten reden muß. Zwischen einem Privatdetektiv und seinem Klienten gibt es kein Konzept von Vorrechten, aber zumindest macht ein Vorschuß klar, wo meine Loyalität liegt.
    »Vierhundert sollten genügen«, sagte ich. Ich fragte mich, ob mir die Zahl wegen Daggetts geplatztem Scheck einfiel. Seltsamerweise hatte ich das Gefühl, ihn beschützen zu müssen. Er hatte mich hereingelegt — daran bestand kein Zweifel — , aber ich hatte eingewilligt, für ihn zu arbeiten, und ich fühlte mich ihm immer
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