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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Schreibtischplatte war kaum noch zu sehen. Korrespondenz häufte sich neben seinem Stuhl, Regierungsschreiben und neueste Steuermeldungen auf der Fensterbank. Von diesem Mann würde man nicht gern abhängen, wenn es darum ging, sich einer Buchprüfung zu unterziehen. Er sah aus wie einer von denen, die sie einem anhängen.
    »Ich habe mit Marilyn gesprochen. Sie sagte, Sie wären bei uns daheim gewesen. Ihr Interesse an uns erstaunt uns.«
    »Barbara Daggett hat mich eingestellt, damit ich den Tod ihres Vaters untersuche. Mich interessiert jeder.«
    »Aber warum reden Sie mit uns? Wir haben den Mann seit Jahren nicht gesehen.«
    »Hat er sich letzte Woche nicht mit Ihnen in Verbindung gesetzt?«
    »Warum hätte er das tun sollen?«
    »Er hat Tony Gahan gesucht. Ich dachte, er hätte vielleicht versucht, durch Sie auf seine Spur zu kommen.«
    Das Telefon klingelte, und er griff danach und führte ein Geschäftsgespräch, während ich ihn musterte. Er trug ausgestellte Hosen, die ein winziges bißchen zu kurz waren, und seine Socken waren aus Nylon und gingen wahrscheinlich bis über sein Knie. Er wechselte zu seinem Abschiedston, versuchte, das Gespräch zu beenden. »Hmhm. Hm-hm. Okay, prima. Bestens. Das machen wir. Ich hab die Formulare schon hier. Am Monatsende läuft die Frist ab. Schön.«
    Mit erschöpftem Kopfschütteln legte er auf.
    »Nun ja«, sagte er, um auf unser Thema zurückzukommen.
    »Nun ja, also schön. Ich nehme nicht an, daß Sie noch wissen, wo Sie Freitag abend waren.«
    »Ich war hier, habe Vierteljahresberichte geschrieben.«
    »Und Marilyn war daheim bei den Kindern?«
    Er saß da und starrte mich an. Ein Lächeln flackerte auf seinem Gesicht. »Wollen Sie etwa andeuten, daß wir bei John Daggetts Tod die Hand im Spiel gehabt hätten?«
    »Irgend jemand muß das wohl«, erklärte ich.
    Er lachte, fuhr sich mit der Hand übers Haar, als müßte er feststellen, ob ein neuer Schnitt fällig wäre. »Miss Millhone, Sie haben schon Nerven. In den Nachrichten hieß es, es handelte sich um einen Unfall.«
    Ich lächelte. »Das glauben die Cops immer noch. Aber ich bin anderer Meinung. Ich glaube, eine ganze Reihe von Menschen hat Daggetts Tod gewünscht. Und dazu gehören auch Marilyn und Sie.«
    »Aber wir hätten so etwas nicht tun können. Sie können das nicht im Ernst meinen. Ich habe den Mann gehaßt, zweifellos, aber wir laufen nicht herum, spüren einen Mann auf und bringen ihn dann um. Großer Gott.«
    Ich behielt meinen freundlichen Ton bei. »Aber Sie haben ein Motiv, und Sie hatten Gelegenheit.«
    »Damit können Sie nichts beweisen. Wir sind anständige Leute. Wir bekommen nicht einmal Strafzettel. John Dag-gett muß eine Menge Feinde gehabt haben.«
    Ich nickte zustimmend. »Die Westfalls«, fing ich an. »Billy Polo und seine Schwester, Coral. Scheinbar ein paar Gauner aus dem Gefängnis.«
    »Was ist mit der Frau, die bei der Beerdigung solch ein Geheul gemacht hat? In meinen Augen sah sie aus wie eine ziemlich gute Kandidatin.«
    »Ich habe mit ihr geredet.«
    »Nun, dann gehen Sie wohl besser und reden noch mal mit ihr. Mit uns verlieren Sie nur Zeit. Niemand wird verhaftet, nur weil er >Motiv< und >Gelegenheit< hatte.«
    »Dann müssen Sie sich ja auch keine Sorgen machen.«
    Er schüttelte wieder den Kopf, sein Mißtrauen war offensichtlich. »Wie ich sehe, haben Sie alle Hände voll zu tun. Ich würde mich freuen, wenn Sie Marilyn heraushalten könnten. Sie hat genug Kummer gehabt.«
    »Das habe ich verstanden«, sagte ich. »Danke für Ihre Zeit. Ich hoffe, ich muß Sie nicht wieder belästigen.« Ich ging zur Tür.
    »Das hoffe ich auch.«
    »Wissen Sie, wenn Sie ihn umgebracht haben oder wissen, wer es war, dann werde ich das herausfinden. Noch ein paar Tage, dann gehe ich sowieso zu den Cops. Sie werden Ihr Alibi untersuchen, gründlicher, als Sie es für möglich gehalten haben.«
    Er streckte die Hände aus, die Handflächen nach oben. »Wir sind unschuldig, bis man uns das Gegenteil beweist«, erklärte er und lächelte jungenhaft.

23

    Während ich auf den Fahrstuhl wartete, ging ich in Gedanken das Gespräch noch einmal durch, versuchte herauszufinden, was mir entgangen war. Oberflächlich betrachtet war an seiner Antwort alles in Ordnung, aber ich fühlte mich gereizt und unwohl, vielleicht nur, weil ich nicht weiterkam. Ich haute auf den ABWÄRTS-Knopf. »Komm schon«, sagte ich. Die Fahrstuhltür öffnete sich ein Stück. Ungeduldig schob ich sie zurück und stieg

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