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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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heim und trat durchs Tor, übersah standhaft die gähnende Leere meines Heimes. Das winterliche Gras wirkte verwildert, die welken Blüten an den Zinnien und Ringelblumen hatten sich vervielfacht. Henrys Haus stand stumm und einsam da, die Hintertür war geschlossen. Für gewöhnlich erfüllt ein Duft von Hefe und Zimt die Luft wie schweres Parfüm. Henry ist ein pensionierter Bäcker, der seine Leidenschaft für das Kneten von Teig und das Backen von Brot nicht aufgeben kann. Wenn er nicht in der Küche ist, finde ich ihn meistens im Patio, wo er Unkraut zwischen seinen Blumen jätet oder in einem Sessel ausgestreckt Kreuzworträtsel löst.
    Ich schloß die Tür zu meiner Wohnung auf und schlüpfte wieder in meine Jeans. Mein ganzer Körper seufzte erleichtert. Ich zerrte den Rasenmäher aus dem Werkzeugschuppen und tobte damit durch den Garten, und schließlich ging ich sogar auf Hände und Knie nieder und knipste all die toten Blüten ab. Das war schrecklich langweilig. Ich schob den Rasenmäher zurück, ging ins Haus und tippte meine Notizen. Solange ich mein eigener Klient war, beschloß ich, saubere Arbeit zu leisten. Aber auch das war langweilig.
    Da Rosies Kneipe immer noch geschlossen war, aß ich daheim. Ich machte mir ein Käse-Pickle-Sandwich, das mich aber auch nicht vom Hocker riß.
    Schließlich las ich den Len Deighton zu Ende, und da ich nichts anderes im Haus hatte, was ich hätte lesen können, schaltete ich meinen kleinen tragbaren Fernseher ein.
    Manchmal frage ich mich, ob meine persönlichen Dinge nicht vielleicht doch ein wenig knapp bemessen sind.

6

    Am Dienstagmorgen ging ich um 6.00 Uhr zum Sport. Da ich kein Büro mehr hatte, in das ich gehen mußte, hätte ich es auch später tun können, aber mir gefällt es dort um diese Zeit. Es ist still und noch halb leer, also gibt es kein Gerangel um die Geräte. Die freien Gewichte sind ordentlich aufgeräumt. Die Spiegel sind sauber, und die Luft riecht nicht wie die verschwitzten Socken vom Vortag. Geräte zum Gewichtheben sind schon ein sonderbares Phänomen — Maschinen, die erfunden wurden, um die rückenbrechende Schinderei durchzuziehen, von der uns die industrielle Revolution befreit hat. Gewichtheben ist wie Meditation: Perioden konzentrierter Aktivität, unterbrochen von Ruhepausen. Es ist eine gute Zeit zum Nachdenken, da man kaum etwas anderes tun kann. Ich fing mit Bauchpressen an; fünfunddreißig, dann dreißig, dann fünfundzwanzig. Dann stellte ich mir eine der Nautilus-Maschinen ein und machte mich ans Langhanteldrücken, drei Sätze, mit jeweils zehn Wiederholungen, wobei ich zwei Scheiben benutzte. Die Jungs arbeiten immer mit zehn bis zwanzig Scheiben, aber ich strenge mich genauso an, und ich bereite mich nicht gerade auf die regionale Bodybuilding-Meisterschaft vor.
    Ich ließ mir die Einzelheiten der Intrige noch einmal durch den Kopf gehen... eine ausgefuchste Sache, die davon abhing, daß eine ganze Reihe von Ereignissen genau so zusammentrafen, wie es dann ja geschehen war. Der Anruf bei Mac mußte von Ava Daugherty gekommen sein, aber wer steckte dahinter? Bestimmt hatte sie das nicht allein ausgeheckt. Irgend jemand hatte Zugang zu der Akte Wood/Warren, und wenn es auch möglich war, daß die Büroschlüssel aus meiner Tasche gestohlen worden waren — wer wußte bei Wood/Warren so viel, daß er einen Brandbericht fälschen konnte? Das mußte jemand gemacht haben, der das Vorgehen bei California Fidelity genau kannte. Die Untersuchungen in einem Versicherungsfall folgen gewöhnlich einem bestimmten Schema. Ein Außenseiter konnte einfach nicht garantieren, daß alle Unterlagen in genau der notwendigen Reihenfolge und Zeit ausgetauscht werden würden. Darcy könnte das geschafft haben. Andy auch, oder sogar Mac. Aber warum?
    Ich trainierte Bizeps und Trizeps. Da ich an sechs Tagen der Woche jogge, gilt mein hauptsächliches Interesse im Studio den Muskeln von Armen, Bauch und Oberschenkeln. Die Routine kostet mich fünfundvierzig Minuten, dreimal pro Woche. Um Viertel nach sieben war ich fertig. Ich fuhr heim zum Duschen und machte mich dann wieder auf die Socken, in Jeans, Rollkragenpulli und Stiefeln. Darcy sollte um neun zur Arbeit kommen, aber ich hatte sie an drei von fünf Tagen in einem kleinen Café auf der anderen Straßenseite frühstücken sehen, Kaffee und ein Croissant. Sie nutzte die Zeit zum Zeitunglesen, Ratschen und für ihre Fingernägel.
    Als ich um acht Uhr kam, war sie nirgends zu sehen. Ich

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