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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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bei ihnen war. Er hat einen Anruf von einer Frau namens Lyda Case erhalten, in der Firma. Sie hat ihn gefragt, wann er Geburtstag hätte, und als er es ihr erzählte, sagte sie, er solle nicht zu fest damit rechnen.«
    Ich erzählte ihm auch noch den Rest. Ausnahmsweise einmal war ich froh, die Information auf ihn abladen zu können. Das war mehr, als ich allein verkraften konnte. Wenn es um Bomben ging, wollte ich nichts damit zu tun haben. Lieutenant Dolan kritzelte Notizen auf seinen Block, sein Gesicht zeigte diesen Ausdruck studierter Neutralität, den alle Bullen gern zeigen — nehmen alles auf, geben nichts zurück. Er redete, als befände er sich bereits im Zeugenstand. »Es besteht also die Möglichkeit, daß sie in Santa Teresa ist. Wollen Sie das damit sagen?«
    »Ich weiß nicht. Er schien zu denken, daß sie kommen würde, aber er drückte sich in diesem Punkt nicht klar aus. Ist er auch hier?« fragte ich.
    »Im selben Stock. Am anderen Ende des Ganges.«
    »Haben Sie was dagegen, wenn ich mit ihm rede?«
    »Nein, im Gegenteil. Hilft vielleicht seinem Gedächtnis auf die Sprünge.«
    Nachdem Lieutenant Dolan gegangen war, schob ich mich auf den Bettrand und ließ die Füße über die Kante baumeln. Mein Kopf hämmerte bei der plötzlichen Anstrengung. Ich saß da und wartete darauf, daß die Light-Show in meinem Kopf aufhören würde. Dann musterte ich alles von meinem Körper, was ich sehen konnte.
    Meine Beine wirkten unter der leichten Baumwolle des Krankenhausnachthemds gebrechlich. Es war im Rücken gebunden, und da zog es herein. Die Blutergüsse auf meiner Vorderseite sahen aus, als hätte jemand eine Puderquaste genommen und mich mit lila Talkumpuder bestäubt. Meine Hände waren bandagiert, und innen an meinen Unterarmen konnte ich rotes Fleisch sehen, dort, wo die Verbrennungen waren. Ich hielt mich am Handlauf fest und glitt aus dem Bett, stützte mich auf den Nachttisch. Meine Beine zitterten. Ich hätte wetten können, daß sie nicht wollten, daß ich so aufstand. Ich hielt es selbst nicht gerade für eine gute Idee, je mehr ich darüber nachdachte. Übelkeit und Kälte gesellten sich zu dem Hämmern in meinem Kopf, und Dunkelheit sammelte sich am Rande meines Gesichtskreises. So würde ich keinen Lorbeer ernten, also setzte ich mich wieder.
    Es klopfte, und die Schwester kam herein. »Ihr Mann ist da. Er sagt, er müßte abreisen und würde Sie gern vorher noch sehen.«
    »Er ist nicht mein Mann«, widersprach ich automatisch.
    Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Uniform — einer Tunika über einer langen, weißen Hose, keine Haube. Ich wußte nur, daß sie Krankenschwester war, weil auf dem Plastiknamensschild ein R. N. (registered nurse) hinter dem Namen stand, der Sharie Wright lautete. Ich musterte sie heimlich, denn ich wußte, wie gern Daniel Frauen mit solchen Namen hatte. Debbie und Tammie und Cindie. Candie war auch ganz groß. Ich schätzte, Kinsey ging gerade noch. Kinsie. Untreue wertet alles ab, nichts bleibt übrig, wo einst ein Gefühl von Selbstachtung war.
    »Er ist ganz krank vor Sorge«, berichtete sie. »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber er war die ganze Nacht über hier. Ich dachte, das sollten Sie wissen.« Sie sah, daß ich mich bemühte, mich im Bett aufzusetzen, und reichte mir eine Hand. Ich schätzte sie auf sechsundzwanzig. Ich war dreiundzwanzig gewesen, als ich ihn geheiratet hatte, vierundzwanzig, als er ging. Keine Erklärung, keine Diskussion. Die Scheidung war »in gegenseitigem Einverständnis« in Rekordzeit durchgezogen worden.
    »Könnte ich wohl einen Rollstuhl bekommen? Am Ende des Ganges liegt jemand, den ich gern sehen möchte. Der Mann, der zur selben Zeit eingeliefert worden ist wie ich.«
    »Mr. Kohler. Er liegt in Drei-Null-Sechs auf der anderen Seite.«
    »Wie geht es ihm?«
    »Gut. Er kann heute nachmittag nach Hause.«
    »Der Polizist, der eben hier war, möchte, daß ich mit ihm rede.«
    »Was ist mit Ihrem Mann? Er sagt, es dauert nur ein, zwei Minuten.«
    »Er ist nicht mein Mann«, wiederholte ich papageienhaft. »Aber gut. Schicken Sie ihn rein. Und wenn er gegangen ist, treiben Sie einen Rollstuhl für mich auf, ja? Wenn ich versuche zu laufen, falle ich sonst noch auf meinen Hintern und muß das Krankenhaus verklagen.«
    Sie fand mich gar nicht lustig, und den Hinweis auf Gerichtsverhandlungen noch weniger. Ohne ein Wort ging sie hinaus. Mein Mann, dachte ich. Das fehlte noch.

1 6

    Er sah müde aus — eine

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