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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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»Könnten Sie mir einen Gefallen tun? Ich habe meine schwarze Lederjacke in dem Restaurant gelassen, und mein VW steht immer noch auf dem Parkplatz neben der >Räucherkammer<. Ich werde sicher nicht vor heute Nachmittag hinkommen. Könnten Sie wegen der Jacke nachfragen und die Politesse informieren? Ich möchte keinen Strafzettel und schon gar nicht abgeschleppt werden.«
    »Wird gemacht. Mit diesen Politessen ist nicht zu spaßen«, sagte Dolan. Er bleckte die Zähne zu einer Art Lächeln und streckte mir die Hand hin. »Danke.«
    »Bis jetzt habe ich ja noch gar nichts getan.«
    Die Vollzugsbeamtin führte mich zurück in die Ausnüchterungszelle und sperrte mich ein. Mir war ganz schlecht vor Müdigkeit. Mein Gehirn war überdreht von dem Kaffee und mein Körper bleischwer vor Schlafmangel. Ich schlich zu meiner Matratze, ließ mich dankbar daraufsinken und rollte mich auf der Seite ein, das Gesicht den anderen zugekehrt. Bibianna war wach und fixierte mich misstrauisch. »Wo sind Sie gewesen?«
    »Der Mensch von der Mordkommission wollte ein paar Sachen über die Schießerei wissen.«
    »Haben sie Dawna schon?«
    »Im Moment ist sie gerade im Krankenhaus, weil sie verletzt ist, aber nur leicht. Tate ist drüben im Männertrakt. Sie sagen, sie wollen ihn wegen Mord drankriegen, aber ich kann mir nicht denken, dass sie das können. Es wird bestimmt auf Totschlag rauslaufen.«
    »Schweinehunde.«
    »Er wird’s überleben.«
    »Hm-mm, wird er wohl.« Bibianna schien schon wieder halb weg.
    Ich zauderte kurz und nahm dann all meinen Mut zusammen. »Ach, übrigens: während ich eben draußen war, habe ich einen Bürgen angerufen, wegen der Kaution für uns beide. Er wird um acht da sein.«
    Ihre Augen klappten blitzartig wieder auf. »Sie wollen mich auch rausholen? Wie kommen Sie dazu? Ich hab’ nicht so viel Geld. Das sind doch fünfhundert Dollar!«
    »Dann geben Sie’s mir eben später irgendwann zurück. Das ist kein Problem.«
    Sie sah mich verblüfft an. »Aber wieso dann erst jetzt? Warum haben Sie das nicht gleich gemacht?«
    »Mir ist eben erst wieder eingefallen, dass ich noch fünfhundert Dollar auf dem Sparkonto habe. Mein Wagen ist in der Werkstatt. Ich hatte Geld zurückgelegt, um das Getriebe reparieren zu lassen. Aber was soll’s. Das kann warten. Was hab’ ich davon, wenn ich hier drin hocke?«
    Sie nahm mir meine Geschichte noch nicht recht ab. »Ich kann’s nicht glauben, dass Sie so was tun.«
    Die magere Frau schnauzte jetzt ärgerlich von ihrer Matratze herüber: »Bist du nicht ganz dicht? Nimm’s schon an und halt die Klappe. «
    Bibianna sah zu der Frau hinüber und musste trotz aller Zweifel grinsen. Sie musterte mich einen Moment und murmelte dann ein leises »Danke«. Ihre Augen klappten wieder zu. Sie drehte sich auf den Bauch und zog die Arme unter sich, um sie zu wärmen. Gleich darauf war sie eingeschlafen.
    Die Luft in der Zelle roch nach schlafenden Menschen: nach feuchten Socken, schlechtem Atem, ungewaschenem Haar. Ich hatte befürchtet, womöglich alle zu wecken, aber niemand rührte sich. Vom Gang draußen drang schwaches Schummerlicht herein. Es war jetzt völlig still. Ich konnte immer noch das Zahlengitter sehen, das Bibianna mit Spucke für mich auf den Fußboden gemalt hatte. Wandel und Bewegung. Na, wenn das nicht stimmte!

11

    Was dann passierte, war die Folge eines bürokratischen Fehlers, der nie ganz aufgeklärt werden sollte. Um sechs Uhr kamen plötzlich die Papiere, und Bibianna und ich wurden entlassen. Einfach so. Keine Nachricht von Dolan und Santos, keine Spur von dem Techniker, der mich mit dem Sender ausrüsten sollte. Ich wartete darauf, dass mich die Wachbeamtin zurückrufen würde, um mich unter irgendeinem Vorwand wegzubringen, damit man mich instruieren konnte. Was ging hier vor? Hatte sich der Plan geändert? Mir fiel einfach nichts ein, wie ich meine Entlassung hinauszögern könnte. Es würde mir nichts anderes übrig bleiben, als die Dinge zu nehmen, wie sie kamen. In der Hand trug ich meine Habseligkeiten, noch immer in dem durchsichtigen Plastikbeutel. Sie hatten uns alles wiedergegeben — Schuhe und Gürtel und alle sonstigen potenziellen Selbstmordinstrumente wie beispielsweise Tampons. Ich fühlte mich grässlich, aber der erste Atemzug an der frischen Luft weckte zumindest einen Teil meiner Lebensgeister wieder. Nach nur vier Stunden Knast hatte die Freiheit bereits etwas Berauschendes.
    Der Morgen war kalt und neblig, der Boden noch

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