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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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es und lässt es über Nacht in einem leeren Raum liegen. Am nächsten Morgen ist es tot. Die körperlichen Verletzungen reichen nicht aus, den Tod zu verursachen. Ich spreche nicht über Stress, wie ihn die meisten von uns normalerweise durchmachen. Ohne allzu deutlich zu werden, sehe ich hier eine Analogie zu gewissen Tierversuchen, bei denen eine fokale Myokardnekrose mit Stress in Zusammenhang gebracht wurde.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass es sich um Mord handelt?«
    »Im Grunde ja. Ich glaube nicht, dass Dolan es so sehen würde, aber das ist meine Vermutung.«
    Ich saß einen Augenblick still da und ließ das Gehörte auf mich einwirken. »Das gefällt mir nicht.«
    »Ich habe auch nicht angenommen, dass es Ihnen gefallen würde«, erwiderte sie. »Wenn Sie in der Zwischenzeit noch nicht herausgefunden haben, wo sie war, möchten Sie es vielleicht jetzt noch einmal versuchen.«
    »Ja.« Ich fühlte einen Druck auf der Brust, irgendeine uralte Furcht, die sich bei mir in unmittelbarer Nähe eines Mordes bemerkbar macht. Ich hatte meine Aufgabe gründlich erledigt. Ich hatte die Frau aufgespürt. Ich hatte mich dafür eingesetzt, dass sie nach Santa Teresa verlegt wurde, trotz ihrer Ängste, trotz ihrer Bitten. Jetzt war sie tot. Hatte ich, ganz unbeabsichtigt, auch dazu beigetragen?
    Nachdem ich aufgelegt hatte, blieb ich so lange reglos sitzen, bis ich merkte, dass Dietz mich verblüfft ansah. Ich zupfte am Deckel der Schachtel und entfernte die oberste Papierschicht. Dabei versuchte ich, mir Agnes Greys letzten Tag vorzustellen. War sie entführt worden? Und wenn ja, zu welchem Zweck? Es war keine Lösegeldforderung eingegangen. So weit ich wusste, hatte es keinerlei Kontakte gegeben. Wer hatte Grund, sie zu töten? Die einzigen Menschen, die sie hier kannte, waren Irene und Clyde. Nicht ganz ausgeschlossen, dachte ich. Die meisten Morde sind rein persönliche Verbrechen — die Opfer werden von nahen Verwandten getötet oder von Freunden und Bekannten. Das ist auch der Grund, weshalb ich den Kreis um mich bewusst klein halte.
    Ohne etwas zu sehen, schaute ich hinunter. Das Papier, in das ich die beiden Hälften der zerbrochenen Tasse gewickelt hatte, war aufgegangen. Sie lagen in einer zerrissenen halben, vom Alter vergilbten Zeitungsseite. Ich blinzelte und konzentrierte mich auf die Balkenüberschrift, die zum Teil noch sichtbar war. Ich legte den Kopf schief, damit ich den Druck lesen konnte. Es war die Wirtschaftsseite der Santa Teresa Morning Press, einer Vorgängerin des derzeitigen Santa Teresa Dispatch. Verblüfft nahm ich das Papier aus der Schachtel und strich es auf den Knien glatt. 8. Januar 1940. Ich sah mir die Außenseite der Schachtel näher an, aber sie wies weder Briefmarken noch Aufkleber von Schifffahrtslinien auf. Merkwürdig. War Agnes damals in Santa Teresa gewesen? Ich hätte schwören können, dass Irene mir gesagt hatte, ihre Mutter kenne Santa Teresa nicht.
    Ich blickte auf, Dietz stand direkt vor mir, die Hände auf die Knie gestützt, das Gesicht auf gleicher Höhe mit meinem. »Bist du in Ordnung?«
    »Schau dir das an!« Ich reichte ihm die Zeitung.
    Er drehte sie in den Händen, sah sich beide Seiten an, auch ihm fiel das Datum auf, und er zog nachdenklich die Mundwinkel nach unten.
    »Was hältst du davon?«, fragte ich.
    »Wahrscheinlich dasselbe wie du. Es sieht so aus, als sei das Kindergeschirr im Januar 1940 in Santa Teresa in die Schachtel gepackt worden.«
    »Am 8. Januar«, korrigierte ich ihn.
    »Nicht unbedingt. Viele Leute heben Zeitungen auf, eine Zeit lang jedenfalls. Die hätte irgendwo in einem Stapel stecken können. Du weißt, wie das ist. Man will ein paar Teller einpacken und nimmt unbesehen ein paar Seiten vom Stapel.«
    »Nun ja, das stimmt«, sagte ich. »Glaubst du, Agnes hat es auch so gemacht? War sie damals tatsächlich hier in der Stadt?« Das war eine Frage, die wir natürlich nicht beantworten konnten, aber ich musste sie einfach stellen.
    »Bist du sicher, dass die Schachtel ihr gehört hat? Sie hätte sie ja auch für jemanden aufheben können.«
    »Irene hat die Teetasse erkannt. Bevor sie anfing zu schreien, habe ich es ihrem Gesicht für einen Sekundenbruchteil angesehen.«
    »Schauen wir mal, was sonst noch drin ist«, sagte Dietz. »Vielleicht finden wir etwas.«
    Wir waren ein paar Minuten damit beschäftigt, die Schachtel vorsichtig auszupacken. Alle Teile — Tassen, Untertassen, Sahnekännchen, Zuckerdose, Teekanne mit Deckel, der mit

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