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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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verankertes Spielgerät stand einsam und verlassen da. Man hörte nur das Rauschen der Brandung und das Motorengeräusch eines kleinen Sportflugzeugs am Himmel.
    Ich holte meine Reisetasche und meine Schreibmaschine aus dem Auto. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, half Ann Ori gerade wieder ins Bett. Ich blieb stehen und wartete, dass man Notiz von mir nahm.
    »Mein Mittagessen«, sagte Ori quengelig zu Ann.
    »Ist gut, Mutter. Dann machen wir jetzt zuerst den Test. Das hätten wir nämlich schon vor Stunden tun sollen.«
    »Dann dauert alles wieder doppelt so lang. So gut fühle ich mich nicht.«
    Ich sah deutlich, wie Ann angesichts des Tons ihrer Mutter mühsam die Beherrschung bewahrte. Sie schloss die Augen. »Du stehst augenblicklich unter starkem Stress«, sagte sie schließlich gleichmütig. »Dr. Ortega möchte, dass du bis zur nächsten Untersuchung sehr vorsichtig bist.«
    »Mir hat er davon nichts erzählt.«
    »Du hast ja auch gar nicht mit ihm geredet.«
    »Ich mag Mexikaner nicht.«
    »Er ist kein Mexikaner. Er ist Spanier.«
    »Trotzdem verstehe ich kein Wort von dem, was er sagt. Warum beschafft ihr mir keinen Arzt, der Englisch spricht?«
    »Ich komme gleich zu Ihnen, Kinsey«, murmelte Ann, als ihr Blick auf mich fiel. »Sobald ich Mutter versorgt habe.«
    »Wenn Sie mir sagen wohin, bringe ich mein Gepäck schon mal rauf.«
    Daraufhin entspann sich ein kurzer Disput zwischen Mutter und Tochter, die sich offenbar uneins darüber waren, welches Zimmer ich erhalten sollte. Währenddessen nahm Ann Tupfer, Alkohol und einen steril verpackten Teststreifen zur Hand. Ich beobachtete die Szene wenig begeistert, wurde widerwillig Zeugin, wie Ann die Fingerspitze der Mutter mit dem Tupfer reinigte und mit einer Lanzette hineinpiekste. Mir wurde beinahe übel vom Zusehen. Ich trat ans Bücherregal und täuschte Interesse an den dort aufgereihten Titeln vor. Eine Menge religiöser Literatur und eine Ansammlung von Werken von Leon Uris. Schließlich zog ich wahllos einen Band heraus und blätterte darin, um nicht mitansehen zu müssen, was hinter mir geschah.
    Ich wartete eine angemessene Zeitspanne, steckte dann das Buch zurück und wandte mich wie zufällig um. Ann hatte das Testergebnis offenbar auf der Digitalanzeige eines Messgeräts abgelesen, das neben dem Bett stand, und zog mit dem milchigweißen Inhalt einer Ampulle eine Spritze auf. Ich vermutete, dass es Insulin war, und konzentrierte mich prompt auf einen gläsernen Briefbeschwerer mit einer Krippenszene im Schneetreiben. Was Spritzen betrifft, bin ich verdammt zimperlich.
    Aus dem Rascheln hinter mir schloss ich, dass die beiden fertig waren. Ann brach die Nadel aus der Einwegspritze und warf sie in den Abfalleimer. Dann säuberte sie den Nachttisch, und wir gingen gemeinsam zur Empfangstheke, damit sie mir meinen Schlüssel geben konnte. Ori rief wieder nach ihr.

4

    Gegen halb zwei hatte ich die knapp fünfzehn Kilometer nach San Luis Obispo zurückgelegt und kurvte nun kreuz und quer durch die Stadtmitte, um mich zu orientieren und mir einen Eindruck von dem Ort zu verschaffen. Gepflegte Geschäftshäuser zwischen zwei und vier Stockwerken hoch. Ein Stadtkern von musealem Charakter mit Häusern im spanischen und viktorianischen Stil. Die Gebäude waren sorgfältig renoviert, die Fassaden der Geschäfte in hübschen dunklen Farbtönen getüncht, viele hatten gewölbte Markisen über den Schaufenstern. Die Geschäfte schienen vor allem aus Modeboutiquen und schicken Restaurants zu bestehen. Die Straßen wurden von australischen Sapindabäumen gesäumt, in deren Ästen mit den frisch grünen Blattknospen italienische Lichterketten hingen. Jedes andere Unternehmen, das nicht unmittelbar dem Tourismus diente, schien auf die Bedürfnisse und den Geschmack der Studenten des Polytechnikums abgestellt, die überall das Stadtbild prägten.
    Bailey Fowlers neuer Anwalt war ein Mann namens Jack Clemson, er hatte seine Kanzlei in der unmittelbaren Umgebung des Gerichtsgebäudes. Ich parkte meinen Wagen und schloss ihn ab. Clemsons Kanzlei befand sich in einem kleinen braunen Fachwerkhaus mit spitzem Giebel und einer schmalen Holzveranda im Pergolastil. Ein weißer Lattenzaun umgab das Grundstück, in dem Geranienbüsche blühten. Dem Schild am Gartentor nach zu schließen, war Jack Clemson der einzige Mieter.
    Ich stieg die Holzstufen zur Veranda hinauf und betrat die Diele, die als Empfangsraum diente. Das rhythmische Klickgeräusch einer alten Wanduhr

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