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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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nächsten Monat. Augenblick, ich sehe mal nach.« Sie zog das Buch für die Hotelreservierungen zu sich heran und einen Bleistift zwischen den Seiten hervor. Ich beobachtete, wie sie den Monat Mai aufschlug. Oris Ton klang plötzlich ganz professionell. Die jammernde Krankenstimme war wie ausgewechselt. Sie leckte die Bleistiftspitze an und machte sich Notizen und redete über Vor- und Nachteile von Doppelbetten und getrennten Betten.
    Ich nutzte die Gelegenheit und machte mich auf die Suche nach Ann. Eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes führte auf einen Korridor, von dem rechts und links die Zimmer abgingen. Zu meiner Rechten am Ende des Flurs gab es eine Treppe. Links hörte ich Wasser rauschen. In der Küche wurde offenbar ein Teekessel aufgesetzt. Anscheinend hatte man einfach die Wände zwischen einigen Zimmern herausgerissen und dadurch einen geräumigen, aber verwinkelten und unübersichtlichen Wohntrakt erhalten. Ich warf einen Blick in den Raum auf der gegenüberliegenden Seite des Korridors. Er entpuppte sich als Esszimmer mit Bad. Den Durchgang zur Küche bildete ein Alkoven, der ursprünglich wohl als Garderobe vorgesehen war. Ich blieb auf der Schwelle stehen. Ann stellte Tassen und Unterteller auf ein großes Hoteltablett aus Aluminium.
    »Kann ich helfen?«
    Ann schüttelte den Kopf. »Sehen Sie sich ruhig ein wenig um, wenn Sie möchten. Daddy hat das Haus praktisch mit eigenen Händen gebaut, nachdem er Mutter geheiratet hatte.«
    »Hübsch«, sagte ich.
    »Nicht mehr, aber damals war es für sie wohl ideal. Haben Sie schon einen Zimmerschlüssel gekriegt? Sie wollen sicher Ihr Gepäck nach oben bringen. Ich glaube, Mutter hat die Nummer zweiundzwanzig im ersten Stock für Sie vorgesehen. Das Zimmer hat Meerblick und eine Kochnische.«
    »Danke. Das wäre großartig. Ich bringe meine Sachen dann gleich rauf. Ich hoffe, noch heute Nachmittag mit dem Anwalt sprechen zu können.«
    »Ich glaube, Pop hat um Viertel vor zwei einen Termin für Sie bei ihm vereinbart. Er wird mitkommen wollen, vorausgesetzt, er fühlt sich danach. Mein Vater lässt sich das Heft nicht gern aus der Hand nehmen. Ich hoffe, das geht in Ordnung.«
    »Nein, das finde ich gar nicht in Ordnung. Ich mache das lieber allein. Was Bailey betrifft, sind Ihre Eltern voreingenommen, und ich mache mir gern selbst ein Bild von der Angelegenheit.«
    »Gut. Das verstehe ich. Ich versuche, ihm das auszureden.«
    Das Wasser im Teekessel begann zu kochen. Ann nahm Teebeutel aus einer rot-weißen Büchse auf der Anrichte. Die Küche war altmodisch, mit einem Linoleumfußboden, beige-grün gewürfelt wie eine Luftansicht von abgemähten Wiesen und Luzernenfeldern. Der Gasherd war weiß und chromverziert, die unbenutzten Flammen durch zurückklappbare Platten geschützt. Das schmale Spülbecken aus weißer Keramik wurde von zwei stabilen Füßen getragen. Der kleine Eisschrank mit abgerundeten Ecken und einer vom Alter gelblich verfärbten Emailschicht hatte vermutlich ein Gefrierfach von der Größe einer Brotbüchse.
    Der Teekessel begann zu pfeifen. Ann drehte das Gas ab und goss das heiße Wasser in eine weiße Teekanne. »Was nehmen Sie dazu?«
    »Nichts, danke.«
    Ich folgte ihr zurück ins Wohnzimmer, wo Ori mühsam versuchte, aufzustehen. Die Beine hatte sie bereits über den Bettrand gebracht. Dabei war das Hemd hochgerutscht und entblößte das faltige Weiß ihrer Schenkel.
    »Mutter, was machst du da?«
    »Ich muss noch mal auf die Toilette, und du hast so lange gebraucht, dass ich’s nicht mehr ausgehalten habe.«
    »Warum hast du denn nicht gerufen? Du weißt doch, dass du ohne Hilfe nicht aufstehen sollst! Also wirklich!« Ann stellte das Tablett auf einen hölzernen Servierwagen. Ori kam schwerfällig auf die Beine. Ihre weißen Knie zitterten sichtlich, als das Gewicht ihres Körpers auf ihnen lastete. Die beiden Frauen gingen langsam in das Nachbarzimmer hinüber.
    »Ich hole inzwischen mein Gepäck.«
    »Tun Sie das!«, rief Ann. »Wir sind gleich zurück.«
    Vom Meer her wehte eine kühle Brise, doch die Sonne schien. Ich stand in der Tür und hielt einen Augenblick die Hand schützend über die Augen. Kurz vor Mittag waren jetzt mehr Fußgänger unterwegs. Zwei junge Mütter überquerten gemächlich die Straße, schoben ihre Kinderkarren vor sich her, während ein Hund mit einem Frisbee im Maul hinter ihnen hertrottete. Die Touristensaison hatte noch nicht begonnen, und der Strand war fast leer. Im Sand

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