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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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für einen späteren Zeitpunkt in dieser Woche aufhob. Ich habe ein Faible für kalifornische Geschichte und war neugierig auf die Mission und die alten Lehmziegelbauten.
    Ich fuhr zu dem Highschool-Gelände und versuchte mir vorzustellen, wie es hier ausgesehen haben mochte, als Jean Timberlake eingeschult worden war. Viele Gebäude stammten aus neuerer Zeit: dunkler, aschgrauer Schlackenstein und cremefarbener Beton, lang gezogene flache Dächer. Turnhalle und Cafeteria dagegen waren erkennbar älteren Datums, im spanischen Kolonialstil mit angegrautem Putz und roten Ziegeldächern. An dem Hang, an dem sich die Straße in einer Rechtsbiegung hinaufwand, standen Pavillons, die früher als Klassenzimmer gedient haben mochten und jetzt kommerziell, unter anderem vom Weight Watcher Klub, genutzt wurden. Die Anlage wirkte eher wie ein College. Sanfte, üppig grüne Hügel bildeten eine schöne Kulisse und eine heitere, freundliche Atmosphäre. Für Jugendliche in dieser Idylle muss die Ermordung der Siebzehnjährigen ein Schock gewesen sein.
    Ich erinnerte mich an meine eigene Highschool-Zeit. Wie sensationslüstern wir gewesen waren, wie intensiv extrem emotional wir auf die unscheinbarsten Ereignisse reagiert hatten! Fantasien über den Tod befriedigten unsere Sehnsucht nach dramatischem Erleben, während unsere Alltagswirklichkeit gewöhnlich — glücklicherweise — in Bahnen verlief. Wir waren unglaublich jung und gesund rücksichtslos und erwarteten doch nie, unter den Folgen leiden zu müssen. Eine Konfrontation mit dem Tod, zufällig oder absichtlich, hätte uns in grenzenlose Verwirrung gestürzt. Liebesaffären waren der dramatische Stoff, mit dem wir umzugehen wussten. Unsere Egozentrik war so beherrschend, dass wir überhaupt nicht darauf vorbereitet waren, einen wirklichen Verlust zu verkraften. Mord wäre für uns unfassbar gewesen. Jean Timberlakes Tod war vermutlich für die, die sie gekannt hatten, noch immer ein beunruhigendes Gesprächsthema. Bailey Fowlers plötzliche Rückkehr würde alles wieder aufrühren: die Angst, die Wut, die nahezu unfassbaren Gefühle von Sinnlosigkeit und Entsetzen.
    Einer Eingebung folgend, parkte ich den Wagen und suchte die Schulbibliothek auf. Sie glich auf frappierende Weise unserer alten Bibliothek in der Santa-Teresa-Highschool. Es war hell und luftig, der Geräuschpegel gedämpft, der beigefarbene Linoleumfußboden glänzte matt. Es roch nach Möbelpolitur, Zeichenpapier und Klebstoff.
    Die Lesetische waren spärlich besetzt, und am Informationspult saß ein junges Mädchen mit krausem Haar und einem Rubin im Nasenflügel. Beim Durchstechen der Ohrläppchen musste sie in eine Art Rausch verfallen sein, beide Ohren waren bis obenhin vielfach durchlöchert, und statt des üblichen Ohrschmucks trug sie bevorzugt jene Gegenstände, die sich im Bodensatz von Küchenschubladen finden: Büroklammern, Schrauben, Sicherheitsnadeln, Schuhbänder, Flügelmuttern. Sie saß auf einem Hocker und hatte das Buch »The Rolling Stones« auf ihrem Schoß. Auf dem Cover sah Mick Jagger mindestens wie sechzig aus.
    »Hallo.«
    Sie sah mich ausdruckslos an.
    »Können Sie mir helfen? Ich bin eine ehemalige Schülerin und habe mein Jahrbuch verlegt. Hier werden doch sicher Kopien aufbewahrt. Ich möchte gern was nachschlagen.«
    »Unterm Fenster. Erstes und zweites Regal.«
    Ich holte die Bände von drei Jahrgängen heraus und trug sie zu einem Tisch am Ende einer freistehenden Regalreihe. Es klingelte, und aus dem Korridor drangen die Pausengeräusche, Stimmen, das Schlagen von Schranktüren, Lachen, das von den Wänden widerhallte, der muffige Geruch von Turnsocken.
    Ich verfolgte die Spur von Jean Timberlakes Bild durch die Jahre zurück. In ihrer Highschool-Zeit, als die kalifornische Jugend gegen den Vietnamkrieg protestierte, Haschisch rauchte und ihr Heil im Landleben suchte, steckten die Mädchen von der Central-Coast-Highschool ihr Haar zu glänzenden Turmfrisuren auf, umrandeten die Konturen ihrer Augen mit schwarzem Eyeliner und malten ihre Lippen weiß an. Die Schülerinnen der Unterstufe trugen weiße Blusen und toupiertes Haar, das mit viel Spray in Form gehalten wurde. Die Jungen hatten feucht glänzende Bürstenschnitte und Zahnklammern. Sie konnten damals nicht ahnen, wie schnell sie sich für Koteletten, Bärte, ausgestellte Hosen und bunte Hemden erwärmen würden.
    Jean sah nicht so aus, als habe sie mit den anderen etwas gemein. Sie lächelte nirgends auf den wenigen

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