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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Gruppenaufnahmen, auf denen ich sie entdeckte, und hatte auch sonst nichts von der kecken Unschuld der Debbies und Tammies jener Zeit. Jeans Augen waren umflort, ihr Blick wie abwesend, in die Ferne gerichtet, und das kaum wahrnehmbare Lächeln in ihren Mundwinkeln drückte stille Amüsiertheit aus, die nach all den Jahren noch deutlich erkennbar war. Das Namensregister der Oberklassen wies sie weder als Mitglied eines Clubs noch eines Schülerkomitees aus. Es waren keine schulischen Auszeichnungen und Ämter unter ihrem Namen verzeichnet, und auch an außerlehrplanmäßigen Aktivitäten hatte sie sich nicht beteiligt. Ich blätterte mehrere Momentaufnahmen zu verschiedenen Schulereignissen durch und fand nirgends ihr Konterfei. Falls sie Football- oder Baseballspiele besucht hatte, musste sie sich stets außerhalb des Kamerablickwinkels aufgehalten haben. Auch an der Theateraufführung der Oberklasse hatte sie nicht teilgenommen. Die Bilder vom Highschool-Ball zeigten fast ausschließlich die »Queen« Barbie Knox und ihren Hofstaat aus turmfrisierten, weißlippigen Prinzessinnen. Jean Timberlake war zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Ich notierte mir die Namen ihrer auffälligeren Klassenkameraden, fast alles Jungen. Ich nahm an, dass die Mädchen, falls sie noch in der Gegend lebten, unter dem Namen ihrer Männer im Telefonbuch stehen würden, die ich anderswo herausfinden müsste.
    Schuldirektor war damals ein Mann namens Dwight Shales gewesen, dessen Foto auf einer der ersten Seiten eines Jahrbuches abgebildet war. Den Schulrat und seine beiden Vertreter hatte der Fotograf einzeln hinter ihren Schreibtischen mit amtlichen Papieren in der Hand aufgenommen. Manchmal tauchte auf den Bildern auch eine weibliche oder männliche Bürokraft aus dem Sekretariat auf, die dem betreffenden Herrn interessiert und keck über die Schulter blickte. Die Lehrer waren vor Landkarten, Werkgeräten, Schulbüchern oder mit Kreide beschriebenen Wandtafeln aufgenommen. Ich notierte mir die Namen einiger Fachlehrer für den Fall, dass ich zu einem späteren Zeitpunkt Lust verspüren sollte, mit ihnen zu sprechen. Die junge Ann Fowler entdeckte ich auf einem Bild der vier Schulpsychologen mit der Unterschrift: »Diese Berater haben uns unter Aufwendung von viel Zeit, Wissen und Ermutigung bei der Zusammenstellung unseres Stundenplans für das nächste Jahr geholfen oder uns mit Rat und Tat bei der Entscheidung für einen Beruf oder der Wahl eines Colleges zur Seite gestanden.« Mir fiel auf, dass Ann damals hübscher ausgesehen hatte; auf dem Foto wirkte sie längst nicht so müde und frustriert wie heute.
    Ich steckte meine Notizen ein und stellte die Bücher in die Regale zurück. Dann ging ich den Korridor entlang am Krankenzimmer und dem Büro des Hausmeisters vorbei. Direktorat und Sekretariat befanden sich in der Nähe des Haupteingangs. Nach dem Namensschild an der Tür zu schließen, war Shales noch immer Direktor der Schule. Ich erkundigte mich bei seiner Sekretärin, ob ich ihn sprechen könne, und wurde nach kurzem Warten in sein Büro geführt. Meine Visitenkarte lag in der Mitte der Löschblattunterlage auf seinem Schreibtisch.
    Shales war Mitte fünfzig, mittelgroß, schlank und sportlich, mit einem kantigen Gesicht. Sein einst blondes Haar war offenbar vorzeitig ergraut und länger als in den sechziger Jahren. E,r strahlte Autorität aus, und seine haselnussbraunen Augen blickten wachsam wie die eines Polizisten. Sein Blick hatte etwas Abschätzendes, so als blätterte er im Geiste die Schülerakten der vergangenen Jahre auf der Suche nach meinem Strafregister durch. Ich fühlte, wie mir das Blut in die Wangen stieg, und fragte mich, ob er wohl intuitiv erkannte, welch schwierige Schülerin ich in meiner Highschool-Zeit gewesen war.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Royce Fowler aus Floral Beach hat mich engagiert, um den Mord an einer Ihrer ehemaligen Schülerinnen, Jean Timberlake, zu untersuchen.« Ich hatte erwartet, dass er sich an das Mädchen sofort erinnern würde, doch er sah mich nur weiterhin betont unbeteiligt an. Er konnte unmöglich wissen, dass ich damals Haschisch geraucht hatte.
    »Sie erinnern sich doch sicher an sie«, fuhr ich fort.
    »Natürlich. Ich versuche mich nur gerade zu erinnern, ob wir ihre Akten noch aufgehoben haben.«
    »Ich komme gerade von einer Unterredung mit Baileys Anwalt. Falls Sie eine Vollmacht brauchen...«
    Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Nicht nötig. Ich kenne Jack

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