Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
Badezimmer und schluckte eine der Schmerztabletten, die Dr. Dunne mir gegeben hatte. Ich wollte nicht mehr an die Ereignisse des Tages denken. Es war mir völlig gleichgültig, was vor siebzehn Jahren geschehen war oder was in siebzehn Jahren geschehen würde. Alles, was ich mir wünschte, war ein langer heilsamer Schlaf, und schließlich gab ich mich ungestört von Träumen dem Vergessen hin.
    Um zwei Uhr morgens schreckte mich das Telefon aus einem todähnlichen Schlaf. Automatisch griff ich nach dem Hörer und hielt ihn ans Ohr. »Was ist?«, sagte ich.
    Eine tiefe, raue Stimme, die schwerfällig und langsam artikulierte. »Du Miststück, ich schneide dich in Stücke. Ich sorge dafür, dass du wünschst, nie deinen Fuß nach Floral Beach gesetzt zu haben...«
    Ich warf den Hörer auf die Gabel, bevor der Kerl noch ein weiteres Wort sagen konnte. Ich saß aufrecht im Bett, mein Herz klopfte zum Zerspringen. Ich hatte so tief und fest geschlafen, dass ich im ersten Augenblick gar nicht wusste, wo ich mich befand. Mein Blick schweifte suchend durch die Dunkelheit. Nur allmählich registrierte ich das rhythmische Donnern der Brandung in nur fünfzig Metern Entfernung und erkannte mit Hilfe des gelblichen Widerscheins der Straßenbeleuchtung, dass ich mich in einem Motelzimmer befand. Ach ja, Floral Beach, fiel es mir ein. Und schon wünschte ich, nie hierher gekommen zu sein. Ich schlug die Decke zurück, tappte in Slip und Unterhemd durchs Zimmer und spähte durch die Stores.
    Der Mond war verschwunden. Draußen herrschte finsterste Nacht, und die Brandung warf bleigraue Tropfen auf den Sand. Die Straße unter dem Balkon war menschenleer und verlassen. Ein tröstlicher Lichtschein, der irgendwo zu meiner Linken von schräg oben in die Dunkelheit fiel, zeigte an, dass außer mir noch jemand wach war... vielleicht las oder einen Spätfilm im Fernsehen ansah. Noch während ich hinausstarrte, wurde das Licht ausgeknipst, und der Balkon lag wieder im Dunkeln.
    Dann schrillte das Telefon wieder. Ich zuckte zusammen. Vorsichtig hob ich den Hörer ab und hielt ihn ans Ohr. Wieder diese merkwürdig artikulierende Stimme, Wohl dieselbe Stimme, die Daisy damals in Pearls Billardsalon gehört hatte, als nach Tap verlangt worden war. Ich hielt das andere Ohr zu und versuchte Hintergrundgeräusche auszumachen. Die Drohung war ziemlich einfallslos. Ich ließ die Stimme ohne Unterbrechung ausreden. Wer dachte sich solche Scherze aus? Das eigentlich Gemeine dabei war, jemanden mitten aus dem Tiefschlaf zu reißen; eine absolut teuflische Folter.
    Der zweite Anruf war ein taktischer Fehler. Beim ersten Mal war ich viel zu schlaftrunken gewesen, um zu begreifen, aber jetzt war ich hellwach. Ich blinzelte in die Dunkelheit, hörte nicht mehr auf den Inhalt der Worte, sondern konzentrierte mich ausschließlich auf die Tonqualität. Rauschen, dann ein Klicken. Doch die Leitung war nicht tot. »Hör zu, du Arschloch«, begann ich. »Ich weiß, was du vorhast. Und ich kriege bald raus, wer du bist. Also genieß deine miese Tour, solange du’s noch kannst!« Am anderen Ende wurde eingehängt. Ich ließ den Hörer neben dem Apparat liegen.
    Ohne Licht anzumachen, zog ich mich hastig an und putzte mir die Zähne. Den Trick kannte ich. In meiner Handtasche befindet sich stets ein kleines betriebsbereites Tonbandgerät mit variabel einstellbarer Geschwindigkeit. Nimmt man eine Stimme mit normaler Geschwindigkeit auf und spielt das Band dann langsamer ab, erzielt man exakt diesen Effekt: einen schleppenden, rauen und unbeholfenen Klang, der an einen sprechenden Gorilla erinnert. Allerdings ließ sich daraus nicht ableiten, wie die Stimme bei korrekter Geschwindigkeit klang. Sie mochte männlich oder weiblich, alt oder jung sein. Aber es war mit fast tödlicher Sicherheit eine Stimme, die ich kannte. Weshalb sonst all die Umstände?
    Ich schloss meinen Aktenkoffer auf, holte meine Davis, Kaliber 7,65 Millimeter, heraus und wog die kühle, glatte Waffe in meiner Hand. Bisher hatte ich mit der Davis nur auf dem Schießplatz geübt, doch ich konnte damit beinah alles treffen. Ich steckte den Zimmerschlüssel in die Tasche meiner Jeans und öffnete die Tür lautlos einen Spaltbreit. Der Korridor war finster, aber ich fühlte, dass er leer war. Ich erwartete auch nicht, dass jemand mir hier auflauerte. Leute, die dich umbringen wollen, schicken dir nicht zuvor eine höfliche Einladungskarte. Mörder sind notorisch unfair und halten sich nicht an die

Weitere Kostenlose Bücher