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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Tür hinter mir zu.
    Mein zerwühltes Bett wirkte ausgesprochen einladend. Alles in mir prickelte von dem Kaffee, den ich literweise getrunken hatte, doch unter der flimmernden Wirkung des Koffeins war mein Körper vor Müdigkeit bleischwer. Das Zimmermädchen klopfte. Ich gab alle Hoffnung auf ein wenig Schlaf auf und ließ sie herein. Mit einem Plastikeimer voller Lappen und Putzmitteln verschwand sie im Badezimmer. Man fühlt sich selten so nutzlos, wie wenn jemand für einen sauber macht. Ich ging ins Büro hinunter.
    Ori stand hinter dem Empfangstresen und hielt sich zittrig an ihrem Stock fest, während sie die Rechnungen durchsah, die Bert im Postkorb abgelegt hatte. Sie trug eine Kittelschürze aus Baumwolle über ihrem Krankenhausnachthemd.
    »Mutter!«, rief Ann aus dem angrenzenden Zimmer. »Wo bist du? Mein Gott...«
    »Ich bin hier!«
    Ann tauchte im Türrahmen auf. »Was tust du da? Ich habe dir doch gesagt, dass ich noch den Blutzuckertest machen will, bevor ich zu Pop fahre.« Dann sah sie mich und lächelte. Die schlechte Laune vom Vorabend war offenbar überwunden. »Guten Morgen.«
    »Guten Morgen, Ann.«
    Ori stützte sich schwer auf Anns Arm, als sie ins Wohnzimmer hinüberschlurfte.
    »Kann ich helfen?«, fragte ich.
    »Ja, würden Sie das tun?«
    Ich schlüpfte unter der Klappe des Empfangstresens hindurch und stützte Ori von der anderen Seite. Ann schob den Stock aus dem Weg. Zu zweit führten wir Ori zum Bett zurück.
    »Sollen wir noch zur Toilette gehen, wenn du schon mal auf bist?«
    »Ja, das ist das Beste«, antwortete Ori.
    Ann setzte sie auf die Klobrille, kam in den Korridor hinaus und machte die Tür zu.
    Ich sah Ann an. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen wegen Jean stellen, solange wir hier warten?«
    »Okay«, erwiderte sie.
    »Ich habe mir gestern Jeans Schulakte angesehen, und darin steht, dass Sie sich als Schulpsychologin auch mit ihr befasst haben. Können Sie mir sagen, worum es dabei ging?«
    »Hauptsächlich um ihre Mitarbeit im Unterricht. Wir sind vier Schulpsychologen, und wir beraten die Schüler in schulischen Angelegenheiten. Wir informieren über die Voraussetzungen für den Übergang zum College, beraten bei der Stundenplanzusammenstellung und Kursauswahl. Auch wenn jemand mit einem Lehrer Schwierigkeiten hat oder den Anforderungen nicht gerecht wird, schalten wir uns ein, um zu helfen, die Ursachen zu ergründen oder Streit zu schlichten. Mehr können wir kaum tun. Jean hatte schulische Probleme, und wir haben darüber gesprochen, dass ihre Probleme möglicherweise mit ihrer häuslichen Situation zusammenhingen. Aber ich glaube nicht, dass sich irgendjemand von uns dazu berufen gefühlt hätte, den Psychoanalytiker zu spielen. Möglicherweise haben wir empfohlen, sie zu einem Psychotherapeuten zu schicken, aber ich persönlich habe mich in dieser Rolle bei ihr nicht versucht.«
    »Wie war Jeans Beziehung zu Ihrer Familie? Sie ist doch ziemlich viel hier gewesen, oder?«
    »Ja, schon. Während der Zeit, als sie und Bailey befreundet waren.«
    »Ich habe den Eindruck, dass Ihre Eltern Jean durchaus gemocht haben.«
    »Ja, sehr. Das hat meine Aufgabe in der Schule natürlich umso schwieriger gemacht. Die Verbindung zu ihr war gewissermaßen zu eng, als dass ich objektiv hätte sein können.«
    »Hat sie sich Ihnen je wie einer Freundin anvertraut?«
    Ann runzelte die Stirn. »Ich habe sie dazu jedenfalls nicht ermutigt. Manchmal hat sie sich über Bailey beklagt — wenn die beiden zum Beispiel Streit hatten — , aber er war schließlich mein Bruder. Wie hätte ich mich da so einfach auf ihre Seite schlagen sollen? Schwer zu sagen. Vielleicht hätte ich mich intensiver um sie bemühen müssen. Das habe ich mir hinterher oft gesagt.«
    »Was ist mit den anderen Kollegen oder Lehrkräften? Könnte sie sich jemandem anvertraut haben?«
    Ann schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste.«
    Wir hörten das Rauschen der Toilettenspülung. Ann ging hinein, während ich im Korridor wartete. Dann brachten wir Ori gemeinsam ins Wohnzimmer zurück.
    Ori streifte ihre Kittelschürze ab, und wir verfrachteten sie mit vereinten Kräften ins Bett. Sie wog mindestens hundertfünfzig Kilo, zähes Fett unter kalkweißer Haut. Ein muffiger Geruch ging von ihr aus, und ich musste aufpassen, mir meinen Ekel nicht anmerken zu lassen.
    Ann begann Alkohol, Tupfer und Lanzette bereitzulegen. Ich wusste, wenn ich diese Prozedur noch einmal mitansehen musste, würde ich ohnmächtig

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