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Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung

Titel: Kinsey Millhone 08 - Sie kannte ihn fluechtig - F wie Faelschung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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leer stehenden Wohnhaus unten am Hang? Schüchternheit konnte ich mir jetzt nicht leisten. Ich brauchte Hilfe.
    Schließlich ging ich zum Vordereingang zurück und klingelte. Während ich wartete, behielt ich die Straße im Auge; schließlich konnte auch hier jederzeit ein Streifenwagen auftauchen. Irgendwann mussten sie ja gemerkt haben, dass ich ihnen durchs Netz geschlüpft war. Und da der Zaun zum Gelände der Ölraffinerie unüberwindbar war, musste ich logischerweise hier oben gelandet sein. Die Außenbeleuchtung flammte auf. Die Haustür wurde geöffnet. Ich drehte mich um und sah ihn an. »Kinsey, mein Gott! Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Hallo, Dwight! Darf ich reinkommen?«
    Er hielt die Tür weit auf und trat einen Schritt zurück. »Was ist los? Haben Sie Schwierigkeiten?«
    »So könnte man’s nennen«, erwiderte ich. Mein Abriss der Ereignisse war ein Kurztext von gut fünfundzwanzig Worten oder weniger, die ich loswurde, während ich ihm durch die Diele aus viel rohem Holz und moderner Kunst folgte. Wir stiegen eine Stufe ins Wohnzimmer hinunter, das direkt vor uns lag: Glasscheiben über zwei Stockwerke und eine großartige Aussicht. Das Dach von Jean Timberlakes ehemaliger Wohnung war zwar nicht zu sehen, aber dafür hatte man die Lichter von Floral Beach fast bis zum großen Hotel am Hang vor sich.
    »Ich hole Ihnen erst mal was zu trinken«, sagte Dwight.
    »Danke. Kann ich mich irgendwo frisch machen?«
    Er deutete nach links. »Am Ende des Ganges.«
    Ich fand das Badezimmer, drehte den Wasserhahn an und wusch Hände und Gesicht. Dann sah ich mich im Spiegel an. Ich hatte eine auffällige Schramme an der Backe, und mein Haar war stumpf vor Staub und Schmutz. Im Apothekerkasten fand ich einen Kamm und fuhr mir durch die zerzauste Mähne. Dann ging ich pinkeln, wusch noch einmal Hände und Gesicht und kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo Dwight mir einen Brandy im Kognakschwenker reichte.
    Ich leerte das Glas mit einem Schluck. Er schenkte nach.
    »Danke«, murmelte ich. Ich fühlte, wie der Alkohol mir heiß hinunterrann und musste im ersten Moment nach Luft schnappen.
    »Wow! Großartig.«
    »Setzen Sie sich. Sie sehen ziemlich geschafft aus.«
    »Bin ich auch«, gestand ich und warf einen ängstlichen Blick zur Haustür hinüber. »Kann man uns von der Straße aus sehen?«
    Die schmalen Scheiben rechts und links neben der Haustür waren aus Milchglas. Das Wohnzimmer mit seiner riesigen Glasfront machte mir eher Sorgen. Ich fühlte mich wie auf der Bühne. Dwight stand auf und schloss die Vorhänge. Der Raum wirkte plötzlich viel gemütlicher, und ich entspannte mich etwas.
    Er setzte sich in den Sessel mir gegenüber. »Also, erzählen Sie noch einmal.«
    Ich berichtete ein zweites Mal, was geschehen war, und ging diesmal mehr ins Detail. »Vermutlich hätte ich doch auf die Polizei warten sollen.«
    »Wollen Sie die Polizei anrufen? Das Telefon ist hier.«
    »Nein, noch nicht«, wehrte ich ab. »Das habe ich Bailey zwar auch geraten, aber mittlerweile weiß ich, wie ihm zu Mute gewesen sein muss. Sie würden mich nur die ganze Nacht lang mit Fragen quälen, auf die ich keine Antworten habe.«
    »Was haben Sie vor?«
    »Das weiß ich nicht. Zuerst muss ich mal einen klaren Kopf kriegen. Ich bin übrigens schon vor Stunden hier gewesen und habe geklingelt, aber da waren Sie nicht zu Hause. Eigentlich wollte ich nämlich fragen, ob jemand hier oben je gesehen hat, dass Jean die Holztreppe benutzt hat.«
    »Die Holztreppe?«
    »Ja, die, die von der Wohnung der Timberlakes hier raufführt. Die liegt nämlich direkt dort unten.« Ich deutete unwillkürlich auf den Fußboden, um zu verdeutlichen, dass ich den Fuß des Steilhangs meinte.
    »Ja, richtig. Das hatte ich ganz vergessen. Wir leben eben in einer Kleinstadt. Hier sitzt jeder jedem auf der Pelle.«
    »Kann man wohl sagen.« Ich fühlte mich plötzlich unbehaglich. Seine Antwort hatte nicht ehrlich geklungen. Vielleicht war es seine betont lässige Art, die so unecht wirkte. Gelassenheit zu spielen, ist schwieriger, als man denken sollte. Hatte es irgendetwas zu bedeuten, dass sie so nahe beieinander gewohnt hatten? »Haben Sie vergessen, dass Jean Timberlake nur einen Steinwurf von Ihnen entfernt gewohnt hat?«
    »Sie haben nur ein paar Monate hier gewohnt, vor ihrem Tod«, entgegnete er und stellte seinen Kognakschwenker auf den Couchtisch. »Haben Sie Hunger? Ich mache Ihnen gern was zu essen.«
    Ich schüttelte den Kopf und kam auf das

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