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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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worüber er nie hinwegkommen wird. Das muß vielleicht ein Anblick gewesen sein.«
    »Auf jeden Fall weilen Sie noch unter uns.«
    »Allerdings. Na, und wie geht’s Ihnen? Cheney hat mir das von Janice Kepler erzählt. Wie läuft es denn bislang?«
    Ich zuckte die Achseln. »Ganz gut, denke ich. Ich arbeite noch nicht einmal einen ganzen Tag daran. Später treffe ich mich noch mit Cheney. Er fährt auf der Suche nach einem Informanten die untere State Street ab und hat mir angeboten, mir dabei eine Freundin von Lorna zu zeigen.«
    »Wahrscheinlich Danielle«, sagte Dolan. »Wir haben sie damals befragt, aber sie war uns keine große Hilfe. Sie kennen ja diese kleinen Mädchen. Das Leben, das sie führen, ist so verdammt gefährlich. Sich Nacht für Nacht mit Fremden einlassen. Du steigst in ein Auto und mußt dir dessen bewußt sein, daß es die letzte Fahrt sein könnte, die du je unternimmst. Und sie betrachten uns als den Feind. Das ist mir unbegreiflich. Sie sind doch nicht dumm.«
    »Sie sind verzweifelt.«
    »Das ist es vermutlich. Diese Stadt ist nichts im Vergleich mit L. A., aber das ist trotzdem das Letzte. Sehen Sie sich nur jemanden wie Lorna an — es ist so absolut sinnlos.«
    »Haben Sie eine Theorie darüber, wer sie umgebracht haben könnte?«
    »Ich wünschte, ich hätte eine. Sie blieb auf Distanz. Sie freundete sich nicht mit anderen Leuten an. Ihr Lebensstil war für die meisten viel zu unkonventionell.«
    »Oh, allerdings. Hat Ihnen jemand von dem Video erzählt?«
    »Cheney hat es erwähnt. Ich nehme an, Sie haben es gesehen. Ich sollte es mir vermutlich selbst daraufhin ansehen, ob ich einen der Beteiligten kenne.«
    »Damit warten Sie besser, bis Sie nach Hause kommen. Es wird Ihren Herzschlag auf hundertachtzig hochtreiben. Janice Kepler hat mir ihr Exemplar gegeben. Sie ist ungemein paranoid, und ich mußte ihr versprechen, das verdammte Ding unter Einsatz meines Lebens zu verteidigen. Ich habe die Schmutz-und-Schund-Läden noch nicht abgeklappert, aber es würde mich nicht überraschen, wenn sie ein halbes Dutzend Exemplare auf Lager hätten. Der Verpackung nach sieht es so aus, als wäre es in der Gegend um San Francisco entstanden.«
    »Fahren Sie hoch?«
    »Ich würde gern. Ich glaube, daß es einen Versuch wert wäre, wenn ich Janice davon überzeugen kann.«
    »Cheney sagt, Sie möchten einen Blick auf die Fotos vom Tatort werfen.«
    »Falls Sie nichts dagegen haben. Ich habe die Hütte heute nachmittag gesehen, aber sie steht ja seit Monaten leer. Ich wüßte gern, wie es dort aussah, als die Leiche gefunden wurde.«
    Lieutenant Dolan zog angewidert die Brauen zusammen. »Sie können sie sich gerne ansehen, aber Sie sollten sich wappnen. Das war der schlimmste Fall von Verwesung, den ich je gesehen habe. Wir mußten die toxikologische Untersuchung anhand von Knochenmark und winzigen Resten Lebergewebe, die wir noch retten konnten, vornehmen.«
    »Aber es besteht kein Zweifel daran, daß es Lorna war?«
    »Absolut keiner«, antwortete er. Er hob die Augen zum Monitor, und ich folgte seinem Blick. Sein Herzschlag hatte sich beschleunigt, und der grüne Strich sah aus wie ein Streifen zerzaustes Gras. »Erstaunlich, wie die Erinnerung an so etwas noch nach so vielen Monaten eine physiologische Reaktion auslösen kann.«
    »Haben Sie sie je lebend gesehen?«
    »Nein, und das ist wohl auch ganz gut so. Es ging mir so schon ziemlich an die Nieren. >Staub zu Staub< trifft es nämlich nicht ganz. Auf jeden Fall werde ich in der Aktenabteilung anrufen und alles für Sie heraussuchen lassen. Wann möchten Sie denn hinübergehen?«
    »Gleich jetzt, falls möglich. Cheney holt mich erst in drei Stunden ab. Ich war letzte Nacht lange auf und bin todmüde. Meine einzige Chance besteht darin, aktiv zu bleiben.«
    »Die Fotos werden Sie aufwecken.«

    Die meisten Abteilungen des Polizeireviers machen um sechs Uhr zu. Das kriminaltechnische Labor war geschlossen, und die Ermittlungsbeamten waren schon nach Hause gegangen. Im Inneren des Gebäudes saßen aber nach wie vor die Mitarbeiter der Notrufzentrale an ihren Telefonen und nahmen unter 911 Anrufe entgegen. Der Haupttresen, an dem auch die Falschparker ihre Bußgelder bezahlen mußten, war so blank wie die Rippen eines Rollschranks, und ein Schild besagte, daß der Schalter am nächsten Morgen um acht Uhr wieder geöffnet sein würde. Die Tür zum Archiv war verschlossen, aber ich merkte, daß ein paar Leute noch an der Arbeit sein mußten,

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