Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
sagte ich.
    »Das sagen alle. Es hilft auch nicht gerade, daß die Polizei glaubt, sie sei ermordet worden und so.«
    »Was glauben Sie denn?«
    Trinny verzog ungewiß den Mund. »Ich denke mir, sie ist vielleicht an ihren Allergien gestorben. Ich mag gar nicht darüber nachdenken. Zu ekelhaft für meinen Geschmack.«
    Ich wechselte das Thema. »Waren Sie diejenige, die letztes Jahr mit Lorna nach San Francisco gefahren ist?«
    »Das war Berlyn«, antwortete sie. »Wer hat Ihnen denn davon erzählt?«
    »Ich habe mit dem Typ aus dem Video gesprochen.«
    Sie blickte interessiert von ihrer Arbeit auf. »Mit welchem?«

12

    Sie besaß den Anstand, zu erröten. Trotz ihres dunkelbraunen Haars hatte sie einen hellen Teint, und die Farbe schoß ihr in die Wangen wie eine Hitzewallung. Sie senkte den Blick auf die vor ihr liegende Arbeit, schlagartig viel geschäftiger als zuvor. Ich wußte genau, daß sie hin und her überlegte, wie sie das Thema wechseln konnte. Sie beugte sich über ihre Arbeit. Vermutlich war es wichtig, die Farbkleckse genau richtig hinzubekommen.
    »Trinny?«
    »Was?«
    »Wieso haben Sie das Video gesehen? Und fragen Sie jetzt bitte nicht »welches Video?«, denn Sie wissen ganz genau, von welchem ich spreche.«
    »Ich habe das Video nicht gesehen.«
    »Ach, hören Sie doch auf. Wenn Sie es nicht gesehen haben, woher wollen Sie dann wissen, daß mehr als ein Mann darin vorkam?«
    »Ich weiß nicht einmal, wovon Sie reden«, sagte sie mit gespielter Empörung.
    »Ich spreche von dem Pornofilm, in dem Lorna aufgetreten ist. Erinnern Sie sich? Ihre Mutter hat Ihnen davon erzählt.«
    »Vielleicht hat Mom uns das auch erzählt. Das mit dem zweiten Typ, daß es nicht nur einer war.«
    »Ä-hä«, sagte ich in meinem skeptischsten Tonfall. »Was ist denn passiert, hat Lorna Ihnen ein Exemplar davon gegeben?«
    »Neiiin«, sagte sie und verlieh, von der Unterstellung beleidigt, dem Wort zwei langgezogene Silben, erst hoch, dann tief.
    »Woher wußten Sie dann, daß mehr als ein Mann vorkam?«
    »Ich habe es geraten. Was stört Sie das?«
    Ich starrte sie an. Die nächstliegende Schlußfolgerung kam mir in den Sinn. »Haben Sie es verpackt und in den Briefkasten geworfen?«
    »Nein. Und außerdem muß ich Ihnen keine Antwort geben.« Diesmal war ihr Tonfall störrisch, aber die Röte stieg ihr erneut ins Gesicht. Das war noch besser als ein Lügendetektor.
    »Wer dann?«
    »Ich weiß rein gar nichts über irgend etwas, also können Sie genausogut das Thema wechseln. Wir sind hier nicht vor Gericht, wissen Sie. Ich stehe nicht unter Eid.«
    Eine verhinderte Anwältin. Einen Moment dachte ich, sie würde sich die Finger in die Ohren stecken und zu summen anfangen, nur um mich auszusperren. Ich legte den Kopf schief und versuchte, ihren Blick aufzufangen. »Trinny«, säuselte ich. Sie war vollständig in das vor ihr liegende T-Shirt vertieft und malte mit Plusterfarbe eine Spirale in schreiendem Orange hinzu. Ich sagte: »Kommen Sie. Mir ist ganz egal, was Sie getan haben, und ich werde es Ihren Eltern mit keinem Wort verraten. Ich habe mich schon gefragt, wer ihnen das Band geschickt hat, und jetzt weiß ich es. In gewisser Weise haben Sie uns allen einen Gefallen getan. Wenn Ihre Mutter sich nicht darüber aufgeregt hätte, wäre sie nicht zu mir gekommen, und die ganzen Ermittlungen wären zum Stillstand gekommen.« Ich wartete und legte ihr dann direkt etwas in den Mund. »War es Berlyns Idee oder Ihre?«
    »Das muß ich nicht beantworten.«
    »Wie wär’s mit einem Nicken, wenn ich richtig geraten habe?«
    Trinny malte ein paar limonengrüne Sterne auf das T-Shirt. Es wurde von Minute zu Minute ekelhafter, aber ich hatte das Gefühl, daß wir weiterkamen.
    »Ich wette, es war Berlyn.«
    Schweigen.
    »Hab’ ich recht?«
    Trinny zog eine Schulter hoch, ohne Blickkontakt aufzunehmen.
    »Ah. Ich nehme an, diese kleine Geste heißt >ja<. Berlyn hat also das Video geschickt. Jetzt bleibt nur noch die Frage, woher sie es hatte.«
    Weiteres Schweigen.
    »Kommen Sie, Trinny. Bitte, bitte, bitte.« Diese Verhörmethode habe ich in der Grundschule gelernt, und sie ist besonders wirkungsvoll, wenn das Thema ein verschworenes Geheimnis nur unter uns Mädels ist. Ich spürte förmlich, wie sie weich wurde. Egal wie geheim etwas ist, meistens brennen wir doch darauf, es zu verraten, vor allem wenn das Geständnis die Verurteilung eines Dritten mit sich bringt.
    Ihre Zunge fuhr über ihre Zähne, als tastete sie sie

Weitere Kostenlose Bücher