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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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auch auf ihr Girokonto überwiesen und damit die Rechnung ihrer Visakarte bezahlt haben. Die meisten Leute laufen nicht mit soviel Geld herum.«
    »Ich sehe immer noch ein Bündel Scheine vor mir.«
    »Tja, dann versuch dir mal was anderes vorzustellen.«
    »Serena könnte es genommen haben. Sie hat zwar versucht, J. D. anzuschwärzen, aber im Grunde ist alles, worauf wir uns stützen können, ihre Behauptung, daß sie nicht in die Hütte gegangen ist. Oder vielleicht haben Lornas Eltern das Bündel gefunden und den Mund gehalten, weil sie dachten, sie würden es für die Beerdigung brauchen. Ich wollte danach fragen, aber Kepler hat mich vergrault.«
    Cheney schien das zu amüsieren. »Du gibst einfach nie auf.«
    »Ich finde es interessant, das ist alles. Außerdem suche ich verzweifelt nach einem Anhaltspunkt. Mace Kepler ist nicht vorbestraft, oder? Ich würde ihn nur zu gern für irgend etwas drankriegen.«
    »Der ist sauber. Wir haben ihn überprüft.«
    »Das heißt nicht, daß er nicht schuldig ist. Es heißt nur, daß er bisher noch nicht erwischt worden ist.«
    »Laß dich nicht ablenken.« Er schob den Kontoauszug über den Tisch. »Zumindest weißt du, wer Mrs. K. das Pornovideo geschickt hat«, sagte er.
    »Das führt aber zu nichts.«
    »Rede nicht so deprimiert.«
    »Tja, ich hasse diese kümmerlichen Ermittlungen«, sagte ich. »Manchmal ist die Spur so klar. Man nimmt Witterung auf und verfolgt sie. Es kann seine Zeit dauern, aber zumindest weiß man, daß man weiterkommt. Das hier treibt mich zum Wahnsinn.«
    Cheney zuckte die Achseln. »Wir haben monatelang ermittelt und sind nicht weitergekommen.«
    »Ja, ich weiß. Ich frage mich, wie ich auf die Idee gekommen bin, daß ich den Durchbruch erzielen könnte.«
    »Ganz schön egoistisch«, sagte er. »Du arbeitest drei Tage an einem Fall und glaubst, du könntest ihn auf einen Schlag lösen.«
    »Mehr war es nicht? Ich habe das Gefühl, als kämpfte ich seit Wochen mit diesem Mist.«
    »Es wird sich schon was tun. Der Mörder sitzt die ganze Zeit herum und glaubt, er sei aus dem Schneider. Es wird ihm nicht gefallen, daß du herumschnüffelst.«
    »Oder ihr.«
    »Stimmt. Bei Mord wollen wir doch nicht sexistisch werden.«
    Cheneys Piepser meldete sich. Bis zu diesem Moment war mir nicht einmal bewußt gewesen, daß er einen bei sich hatte. Er sah die Nummer nach und ging zum Telefonieren an den Münzfernsprecher im hinteren Teil der Bar. Als er wiederkam, sagte er, er müsse gehen. Einer seiner Informanten sei verhaftet worden und verlange ihn zu sprechen.
    Nachdem er gegangen war, blieb ich noch so lange sitzen, bis ich meinen Wein ausgetrunken hatte. Das Lokal wurde immer voller, und der Geräuschpegel stieg zusammen mit der Giftstoffkonzentration des Zigarettenrauchs. Ich packte meine Jacke und die Umhängetasche und ging zum Parkplatz hinaus. Es war noch nicht einmal Mitternacht, aber sämtliche Parkplätze waren voll, und nach und nach begannen Autos die Straße vor dem Lokal zu säumen.
    Der Himmel war bedeckt. Die Lichter der Stadt ließen die Wolkendecke glühen. Auf der anderen Straßenseite, im Vogelschutzgebiet, stieg Bodennebel aus der Süßwasserlagune. Ein leichter Schwefelgeruch schien die Luft zu durchdringen. Grillen und Frösche übertönten den Verkehr auf der weit entfernten Schnellstraße. Ein herannahender Güterzug ließ sein Signal ertönen wie einen kurzen Orgelakkord. Ich spürte, wie die Erde leicht erbebte, als sein Scheinwerfer um die Kurve glitt. Der Mann auf dem Fahrrad fuhr vorüber. Ich drehte mich um und starrte ihm nach. Das anschwellende Tosen des Zuges ließ seine Fahrt so still erscheinen wie eine Pantomime. Ich nahm nur das Tanzen der Lichter wahr, sein Jonglieren, dessen einziges Publikum ich war.
    Auf dem seitlich gelegenen Parkplatz entdeckte ich das runde Dach meines VW, den ich in einem Kunstlichtkegel geparkt hatte. Eine glänzende schwarze Limousine mit Überlänge stand quer zu einer Reihe von Autos und blockierte vier Fahrzeuge, darunter meines. Ich spähte auf die Fahrerseite. Lautlos wurde das Fenster heruntergelassen. Ich blieb stehen und zeigte auf meinen Wagen, um zu verdeutlichen, daß ich eingeklemmt war. Der Fahrer berührte seine Mütze, machte aber keinerlei Anstalten, seinen Motor anzulassen. Immer freundlich und zuvorkommend, wartete ich eine halbe Sekunde und sagte dann: »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie belästige, aber wenn Sie nur einen Meter Vorfahren, könnte ich mich wohl

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