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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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totschlagen. Ab und zu hat er auf die Uhr gesehen. Ich nahm an, dass er mit jemandem verabredet war, aber sie ist nicht gekommen.«
    »Weshalb sagen Sie sie ? Könnte es nicht auch ein Mann gewesen sein?«
    Der Gedanke schien Nancy zu erstaunen. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich habe es nur einfach angenommen.« »Hat er einen Namen genannt?« »Nein.«
    »Hat er telefoniert?« Sie schüttelte wenig überzeugt den Kopf und wandte sich dann mit fragendem Blick an Barrett. »Weißt du noch, ob Tom Newquist an dem Abend telefoniert hat?«
    »Zumindest habe ich es nicht gesehen.«
    Ich richtete eine weitere Frage an Barrett. »Hatten Sie den Eindruck, dass er sich hier mit jemandem treffen wollte?«
    Barrett zuckte mit den Achseln. »Ich denk' schon.«
    Nancy meldete sich wieder zu Wort. »Wissen Sie, was ich glaube? Er war frisch rasiert. Ich weiß noch, dass ich eine Bemerkung über sein Eau de Cologne oder Rasierwasser gemacht habe. Er sah schnieke aus, als hätte er sich extra aufgebrezelt. Das hätte er doch nicht gemacht, wenn er mit einem Mann verabredet gewesen wäre.«
    »Sind Sie auch dieser Meinung?« fragte ich Barrett.
    »Er sah schick aus, das stimmt«, bestätigte sie. »Das ist mir auch aufgefallen.«
    »Wirkte er verärgert oder gekränkt, als hätte man ihn versetzt?«
    »Nicht im geringsten«, erklärte Nancy. »Um halb zehn ist er aufgestanden, hat bezahlt und ist zu seinem Pickup hinausgegangen. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ich mußte an dem Abend das Lokal schließen, deshalb saß ich hier drinnen fest. Hast du ihn draußen noch gesehen?«
      »Auf dem Parkplatz? Ich doch nicht!«
    »Mußt du aber eigentlich. Du bist kurz vor ihm rausgegangen.«
    Barrett überlegte und runzelte leicht die Stirn, bevor sie den Kopf schüttelte.
    »Vielleicht hat er hinten geparkt.«
    »Wo hatten Sie denn an dem Abend geparkt?« fragte ich.
    »Nirgends. Ich hatte kein Auto. Mein Dad hat mich abgeholt.«
    »Sie wohnt ja gleich auf der anderen Seite der Siedlung, aber ihre Eltern wollen nicht, dass sie abends zu Fuß nach Hause geht. Sie haben einen richtigen Beschützerinstinkt, vor allem ihr Dad.«
    Barrett lächelte, und unter der dunklen Haut konnte man den rosigen Ton ihrer Verlegenheit erkennen. »Ich könnte ja auch Pfarrerstochter sein. Das wäre noch schlimmer.«
    Wir plauderten noch ein Weilchen. Das Lokal begann sich mit Gottesdienstbesuchern zu füllen, und ich störte eindeutig. Außerdem wollte ich weiteren Zusammenstößen mit erbosten Bürgern aus dem Weg gehen. Also schlüpfte ich in meine Jacke und ging zum Auto hinaus. Da die Parklücke, die ich gefunden hatte, hinter dem Haus lag, nahm ich nicht an, dass ich von vorüberfahrenden Autos aus gesehen werden konnte. Ich hatte einfach noch nicht genug Mumm, um gleich wieder in den Ort zu fahren. Mir widerstrebte die Vorstellung, allein herumzuspazieren und aufgrund haltloser Gerüchte die Zielscheibe für rüpelhaftes und abweisendes Benehmen zu sein. Die Besucher des Lokals hatten sich anständig verhalten, also waren es vielleicht auch nur die Tankwarte, die mir geschlossen das Mißtrauen ausgesprochen hatten.

23
    Ich sah Macon Newquist in einem Pickup von der Landstraße abbiegen und auf den Parkplatz fahren. Er trug einen Anzug, der an ihm so unnatürlich aussah wie ein Bunny-Kostüm. Mir war klar, dass er mich nach Informationen ausquetschen würde, wenn er mich sähe. Also verrenkte ich mich nach hinten und griff nach meiner Aktentasche, als wäre ich anderweitig beschäftigt. Neben meinen Aufzeichnungen über den Fall hatte ich auch die Karteikarten eingepackt. Ich wartete, bis Macon im Lokal verschwunden war, bevor ich aus dem Auto stieg und es abschloß. Mit der Aktentasche in der Hand marschierte ich am Straßenrand entlang zu Nota Lake Cabins. Das rote »Zimmer frei«-Leuchtschild brannte. Die Rezeption war unverschlossen, und am Türknauf hing eine flache Plastikuhr, deren Zeiger auf 11.30 Uhr wiesen. Darüber stand Gleich zurück . Ich ging hinein und auf die Halbtür zu, die zu dem unbesetzten Büro führte. »Cecilia? Sind Sie da?« Keine Antwort.
    Wie üblich reizte mich der Anblick all dieser verführerisch aussehenden Schreibtischschubladen. Die Adressenkartei und die Aktenschränke schrien förmlich danach, durchsucht zu werden, aber mir fiel beim besten Willen nicht ein, wozu das gut sein sollte. Ich setzte mich auf den gepolsterten Stuhl und machte ein Päckchen Karteikarten auf. Dann begann ich meine

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