Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Zahnarzt bekommen, von Dr. Spears. Was haben Sie denn für Zahnprobleme?«
»Hat er eine Nummer hinterlassen?«
Sie blies eine Blase und schlang sie mit der Zungenspitze wieder in den Mund zurück, um sie platzen zu lassen, nachdem sie die Lippen geschlossen hatte. »Schon, aber die hab ich nicht extra aufgeschrieben. Sie steht im Telefonbuch.«
»Als Sie diesen Job angenommen haben, hat man Sie da eigentlich ausgebildet?«
Sie hörte auf zu kauen. »Worin?«
»Einfache Bürotätigkeiten, Telefonetikette, gute Manieren – irgendwas in der Art?«
»Nö. Wissen Sie, was ich bezahlt kriege? Den Mindestlohn. Drei Dollar fünfunddreißig die Stunde. Außerdem brauche ich keine guten Manieren. Meinem Onkel gehört der Laden. Übrigens heiße ich Geraldine, falls Sie sich beschweren wollen.«
Ich ließ die Sache auf sich beruhen.
Ich ging hinaus und wandte mich nach rechts, zu der Reihe von Münztelefonen, die ich neben dem Eiswürfelspender hatte stehen sehen. Dann fischte ich das Quorumer Telefonbuch und eine Hand voll Kleingeld aus meiner Umhängetasche, schlug die Nummer des Zahnarzts nach und wählte, den Hörer zwischen Schulter und schief gelegten Kopf geklemmt, während ich das Telefonbuch wieder in die Tasche stopfte.
Als Mrs. Gary sich meldete, sagte ich: »Hi, Mrs. Gary. Kinsey Millhone hier. Nicht zu fassen, dass Sie samstags in der Praxis sind.«
»Ich bearbeite nur die liegen gebliebenen Anträge für die Versicherungen. Sonst komme ich ja nie dazu.«
»Dr. Spears hat mir eine Nachricht hinterlassen. Ist er zufällig auch da?«
»Er ist auf dem Golfplatz, aber ich kann Ihnen sagen, weshalb er angerufen hat. Er hat die Patientenakte gefunden, nach der Sie gefragt haben. Sie liegt vor mir auf dem Schreibtisch.«
»Richten Sie ihm aus, dass ich ihn liebe.«
»Da wird er absolut entzückt sein«, erwiderte sie.
Ich lachte. »Würden Sie mir einen Gefallen tun? Könnten Sie die Unterlagen in einen großen Umschlag stecken und sie an Sergeant Detective Joe Mandel bei der Sheriffbehörde von Santa Teresa schicken? Dann kann er mit dem Zahnexperten von der Gerichtsmedizin sprechen und den Fall weiter verfolgen.« Ich gab ihr die Adresse und bedankte mich überschwänglich bei ihr und bei Dr. Spears. Dann legte ich auf und sprach kurze, glühende Stoßgebete.
Ich musste einfach daran glauben, dass ein Vergleich seiner Unterlagen mit dem Ober- und Unterkiefer unserer Unbekannten die Identität von Charisse Quinn bestätigen würde. Zugleich wusste ich aber, dass es nutzlos sein konnte, sich auf solche Daten zu verlassen. Patientenakten konnten Fehler enthalten oder unvollständig sein, wenn Angaben über vorangegangene oder anschließende Zahnarbeiten aus irgendwelchen Gründen weggelassen worden waren. Eine eindeutige Identifizierung konnte Wochen dauern, aber wenn sie erst einmal feststand, würden die Beamten über das Sozialamt von Riverside County Charisses leibliche Eltern ausfindig machen. Ich war jedenfalls guter Stimmung. Trotz aller Widrigkeiten machten wir offenbar Fortschritte.
Als ich in mein Zimmer zurückkam, war die Tür geschlossen und der Wagen des Zimmermädchens stand ein Stück weiter weg. Ich ging hinein und warf Tasche und Jacke aufs Bett. Dann holte ich meine Reisetasche aus dem Schrank, zog sie zum Schreibtisch herüber und wühlte mich bis ganz nach unten durch, wo meine Abschrift der Mordakte lag. Ich setzte mich hin und las sie Seite für Seite durch. Zwar wusste ich, was ich suchte, aber nicht, wo es stand. Nach zwanzig Seiten stieß ich auf den Bericht vom 1. August 1969, in dem die Verhaftung Frankie Miracles geschildert wurde, der dem Hilfssheriff als seine Heimatadresse Blythe, Kalifornien, genannt hatte. Venice, wo der Mord stattgefunden hatte, wurde nicht erwähnt. Unter Beruf hatte e ausmeister/Hilfsarbeiter angegeben und als Arbeitgeber Lennie Root, R&R Painting, mit einer Adresse und einer Telefonnummer in Hazelwood Springs. Ich machte mir eine Ecke in die Seite und blätterte weiter. Nun war ich neugierig auf den angeblichen Anruf von Charisses Mutter, den Stacey mal erwähnt hatte.
Fünfzig Seiten weiter fand ich den Anschlussbericht, der vom 9. 8. 69, ca. 14 Uhr 00, datierte und in dem Hilfssheriff Joe Mandel Angaben über einen Anruf aufgenommen hatte, den er von der Quorumer Nebenstelle des Sheriffbüros von Riverside County erhalten hatte. Ein gewisser Detective Orbison hatte sich aufgrund des Fernschreibens über die unbekannte Ermordete, deren Beschreibung
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