Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Frankie Miracle?«
»Warum fragen Sie? Wenn Sie nämlich für die OSHA oder die staatliche Berufsunfähigkeitsversicherung arbeiten, dann sage ich Ihnen ganz offiziell – die Verletzung war vorgetäuscht.«
»Ich bin nicht deswegen hier. Ich bin Privatdetektivin und stelle Nachforschungen in einem Mordfall an, der sich im August ‘69 zugetragen hat. Frankie sagt, er habe kurz zuvor für Sie gearbeitet.«
Er zwinkerte. »Wie gut kennen Sie sich mit Bügeln aus?«
»Bügeln?« »Meine Frau ist bis nächsten Montag bei ihrer Mutter, und ich bin heute Abend bei meiner Tochter zum Essen eingeladen. Ich muss dieses Hemd bügeln, aber ich weiß nicht, wie. Meine Frau besprüht die Hemden immer mit Wasser und lässt sie verknäult liegen, aber ich habe nie darauf geachtet, was als Nächstes kommt. Zeigen Sie mir, wie man das macht, und ich erzähle Ihnen alles, was Sie wissen wollen.«
Ich lachte. »Mr. Root, die Abmachung gilt.«
Er reichte mir das Hemd, und ich folgte ihm durch ein bescheidenes Wohnzimmer zur hinten gelegenen Küche. In der Spüle stapelte sich das Geschirr, und die Arbeitsfläche war voll mit weiteren Gläsern, Tellern und Besteck. Auf dem Frühstückstisch stand ein großer Plastikkorb mit zerborstenem Rand, aus dem frisch gewaschene Wäsche quoll. Die Tür zur Waschküche stand offen, und Lennie durchquerte die Küche, um ein Bügelbrett mit zerkratzten Beinen und einem Bezug mit Blumenmuster zu holen. Als er es aufklappte, hörte sich das lang gezogene Knirschen von Metall auf Metall an wie der Paarungschrei eines exotischen Vogels. Er steckte das Bügeleisen ein. Ich stellte den Regler auf »Baumwolle« und wartete, bis es sich erhitzt hatte.
»Das hat mir meine Tante Gin beigebracht, als ich sieben Jahre alt war – in erster Linie, weil ihr selbst das Bügeln ein Gräuel war.« Ich leckte an meinem Zeigefinger und tippte damit gegen das heiße Eisen. Es zischte. »Passen Sie auf.« Ich nahm das angefeuchtete Hemd an der Passe, hielte es mit beiden Händen fest und zog die aufgeworfenen Nähte mit einem heftigen Ruck glatt.
»Das kommt als Erstes?«
»Es sei denn, das Hemd hat keine Passe. Dann fängt man mit dem Kragen an.« Ich legte das Hemd aufs Bügelbrett und erklärte die Strategie: erst die Passe, dann der Kragen, gefolgt von den Manschetten, den Ärmeln und schließlich dem Rumpfteil des Kleidungsstücks.
Er sah aufmerksam zu, bis ich das Hemd fertig hatte und es zugeknöpft auf einen Drahtbügel gehängt hatte. Ich reichte ihm ein zweites Hemd aus dem Korb und ließ es ihn selbst versuchen. Er war langsam und ein bisschen ungeschickt, doch für sein erstes Mal konnte man es durchgehen lassen. Offenbar war er mit sich selbst zufrieden, und ich malte mir kurz aus, wie er im Lauf des Nachmittags den ganzen Korb wegbügelte. Schließlich schaltete er das Eisen ab, stellte den Korb beiseite und winkte mich zu einem Stuhl.
Sobald wir saßen, sagte er: »Also. Was kann ich Ihnen über Frankie erzählen, abgesehen davon, dass er die größte Flasche ist, die je gelebt hat?«
»Wie lang hat er für Sie gearbeitet?«
»Sechs Monate. An den meisten Tagen betrunken und an allen anderen inkompetent.«
»Haben Sie ihn eingestellt oder Ihr Geschäftspartner?«
»Ich habe keinen Partner.«
»Aber Ihre Firma heißt doch R&R Painting. Da dachte ich, das wäre Ihr Bruder, Ihr Sohn oder Ihr Vater.«
»Nein, nein. Ich bin allein. Das zweite R habe ich nur dazu genommen, um die Kunden zu beruhigen. Bei einem Ein-Mann-Malerbetrieb denken die Leute, man hat nicht genug Arbeitskraft, um den Auftrag zu erledigen. Auf die Art mache ich den Kostenvoranschlag und lasse mir den Vertrag unterschreiben, und wenn sich dann herausstellt, dass ich allein anrücke, kann es den Leuten auch egal sein. Ich bin schnell, ich bin gründlich, und ich bin akkurat.«
»Wie kam es, dass Sie Frankie eingestellt haben?« »Hab jemandem einen Gefallen getan. Der größte Fehler, den ich je gemacht habe. Dieser Typ kannte Frankies Bruder und hat mich gefragt, ob ich ihm einen Job geben würde. Er war gerade erst aus dem Gefängnis gekommen, und niemand sonst wollte ihm eine Chance geben. Ich war selbst nicht so wahnsinnig begeistert von der Idee, aber ich hatte gerade einen großen Auftrag angenommen und brauchte dringend Hilfe.«
»In welchem Jahr war das?«
»Zwischen Weihnachten ‘68 und Sommer ‘69. Er hat behauptet, er hätte Erfahrung, aber das war gelogen. Der mieseste Abklatsch eines Hilfsarbeiters, den Sie
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