Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
je gesehen haben, er und sein toller Freund. Vögel wie die beiden bringen die Gefängnisse in Verruf.«
»Was für ein Freund?«
»Clifton. Ein stämmiger Kerl. Mit nem komischen Vornamen …«
»Pudgie.«
Lennie zeigte auf mich. »Genau.«
»Ich wusste gar nicht, dass Frankie und Pudgie damals schon so dicke miteinander waren.«
»Waren sie jedenfalls, als sie für mich gearbeitet haben.«
Das war eine unerwartete kleine Neuigkeit. Ich konnte es kaum erwarten, Stacey davon zu berichten, obwohl mir im Moment gar nicht klar war, was es bedeutete – falls überhaupt irgendetwas. »Aus dem, was Sie eingangs gesagt haben, schließe ich, dass Frankie irgendeine Art von Entschädigungsantrag gestellt hat. Ist er bei der Arbeit verletzt worden?«
»Er hat’s behauptet. Na klar. Hat gesagt, er wäre vom Gerüst gefallen, bloß hat er da gerade allein gearbeitet, und es war eine glatte Lüge. Kaum dass ich von dem Antrag erfahren hatte, saß er auch schon wieder im Knast, diesmal unter Mordanklage. Ist das der Mord, den Sie erwähnt haben?«
»Das war ein zweiter Mord – ein junges Mädchen, das nur wenige Tage nach dem ersten Opfer erstochen worden ist. Ihre Leiche ist in Lompoc abgelegt worden, und dort hat man ihn auch verhaftet. Wissen Sie noch, wann er bei Ihnen aufgehört hat?«
»Im Juni. Das weiß ich, weil Myra und ich am fünfzehnten unseren fünfundzwanzigsten Hochzeitstag hatten, und da war er schon weg.«
»Und wie ist er in Venice gelandet?«
»Ich habe gehört, er hat einen Job in Blythe gekriegt, als Landschaftsgärtner – anders ausgedrückt ein erwachsener Mann, der zum Mindestlohn den Rasen mäht. Dort hat er ein sechzehnjähriges Mädchen kennen gelernt, und drei Wochen später haben die zwei geheiratet. Aus seinem Job ist er gefeuert worden, also sind sie nach Venice gezogen, wo er für einen Freund irgendwas gestrichen hat.«
»Aha.«
»Dieser andere Mord, den Sie erwähnt haben, wird er da verdächtigt?«
»Sagen wir mal so: Die Cops haben einen langen, scharfen Blick auf ihn geworfen. Dummerweise gibt es zurzeit keinerlei Beweis dafür, dass er das Opfer überhaupt gekannt hat, und nichts, was ihn mit dem Verbrechen selbst in Verbindung brächte.«
»Und wie haben Sie mich aufgetrieben?«
»Eine Abdeckplane am Fundort der Toten stammt von der Diamond Custom Canvas Company in Quorum. Ich war kürzlich dort und habe mir ihre Planen angeschaut, als mir auf einmal wieder eingefallen ist, dass auf Frankies Haftblatt ein Malerbetrieb erwähnt war. Er hat Sie als seinen Arbeitgeber genannt.« »Nee, da war er schon längst weg. Ich war ohnehin drauf und dran, ihn zu feuern, wenn er nicht gekündigt hätte, und das war ihm garantiert sonnenklar. Kurz darauf ist das Projekt, an dem ich gearbeitet habe, einen traurigen Tod gestorben. Es war ein schlechtes Jahr für mich.«
»Sie würden nicht vielleicht die Abdeckplane wieder erkennen, wenn Sie sie zu sehen bekämen?«
»Schätze schon. Ich benutze seit Jahren die gleichen. Die kaufe ich in Quorum in dem Eisenwarenladen an der Main Street. Haben Sie sie dabei?«
»Schön wär’s. Die liegt im Asservatenraum der Sheriffbehörde von Santa Teresa County.«
»Tja, dann könnten Sie sie ja mal auf Farbkleckse untersuchen lassen. Als Frankie für mich gearbeitet hat, war die einzige Außenfarbe, die wir benutzt haben, ein Ton namens ›Wüstensand‹. Den Hersteller weiß ich jetzt nicht mehr – höchstwahrscheinlich Porter, aber es könnte auch Glidden gewesen sein. Wenn die Farbe damit identisch ist, können Sie die Plane vielleicht mit Frankie in Verbindung bringen. Ich wäre bereit, auszusagen.«
»Danke. Ich bin beeindruckt. Sie haben ein gutes Gedächtnis.«
»›Wüstensand‹ hat sich als Unglücksfarbe erwiesen. Der größte Auftrag, um den ich mich je beworben habe. Zumindest bis dato«, sagte er. »Ich hätte Tausende verdient, wenn der Komplex nicht den Bach runtergegangen wäre.«
In meinem Brustkorb ruckte es leicht. »Sprechen Sie zufällig vom Tuley-Belle?«
»Woher wissen Sie davon?«
»Ruel McPhee hat es heute schon mal erwähnt.«
»Ach, Ruel kenne ich. Für den habe ich im Lauf der Jahre schon viele Aufträge erledigt.« »Wo liegt denn der Bau? Ich würde ihn mir gern mal ansehen.«
»Sie sind auf dem Weg hierher daran vorbeigekommen. Das Ding liegt am Highway 78, auf halber Strecke zwischen hier und Quorum. Auf der westlichen Seite der Straße. Aus der Ferne sieht es aus wie ein Gefängnis. Sie können es gar
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