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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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Ganze von Rechts wegen ihr gehört hat, als der alte Herr gestorben ist…«
    Ich hörte bereits nicht mehr zu, und die Stille in meinem Kopf schien so tief zu sein wie eine vorübergehende Taubheit. Er sprach von meiner Großmutter mütterlicherseits, Cornelia Kinsey, geborene Cornelia Straith LeGrand.

4
    Am Freitagmorgen wachte ich eine Minute vor sechs Uhr auf und stellte einen Augenblick, bevor der Radiowecker mit Musik losplärren sollte, die Alarmfunktion ab. Ich schaute zu dem Oberlicht über meinem Bett hinauf. Kein Regen. Mist. Ich hatte keine Lust auf Sport, doch ich schloss ein Abkommen mit mir selbst: Ich würde joggen, mir aber das Fitnessstudio sparen. Ich bückte mich, hob den Jogginganzug auf, den ich ordentlich auf den Boden gelegt hatte, und wand mich in Hose und Oberteil. Dann setzte ich mich auf, zog ein paar Frotteesocken an, steckte die Füße in die Sauconys und band mir den Schlüssel an die Schuhbänder, bevor ich mich vom Bett erhob. Wenn ich einfach gleich in Jogginganzug und Frotteesocken schliefe, würde ich eine Menge Zeit sparen. Dann müsste ich nämlich nur noch meine Laufschuhe anziehen, und schon könnte ich aufbrechen. Ich ging ins Badezimmer, benutzte die Toilette, putzte mir die Zähne, spritzte mir Wasser ins Gesicht und kämmte mir mit den nassen Händen die vom Schlaf erzeugten Gipfel und Täler aus den Haaren. Schließlich trottete ich die Wendeltreppe hinab, sicherte das Schnappschloss an der Haustür, zog es zu und ging dann um die Ecke herum zum Tor.
    In der Umgebung herrschte Ruhe, und die Luft war feucht. Ich ging einen halben Häuserblock geradeaus und einen nach rechts und überquerte den Cabana Boulevard, wodurch ich auf den Fahrradweg am Strand gelangte. Ich begann zu joggen, obwohl ich mir schwerfällig vorkam und jeden Schritt und jeden Ruck spürte, der mir durch die Knochen fuhr. Laufen ist bei mir fast immer Ehrensache. Ich stehe auf und laufe – außer wenn es regnet, dann vergrabe ich mich wieder im Bett. Sonst schüttle ich an fünf Morgen die Woche den Schlaf ab und mache mich auf die Socken, bevor mir die Lust vergeht, da ich weiß, dass das, was ich zu Beginn eines Dauerlaufs spüre, verschwunden sein wird, wenn ich an seinem Ende angelangt bin. Auf das Fitnessstudio kann ich verzichten, obwohl ich in den vergangenen Monaten brav Krafttraining gemacht habe.
    Der Sonnenaufgang hatte sich bereits mit einem überwältigenden Lichterspiel gezeigt und den Himmel in weitem und makellosem Blau hinterlassen. Die Brandung sah abschreckend aus, kalt und voller aufgewühltem, nassem Sand, was nur bei den Seelöwen Beifall fand, die vor der Küste herumlungerten und ihre Begeisterung kundtaten. Ich joggte zweieinhalb Kilometer bis zum Cabana Recreation Center, kehrte dort um und lief die zweieinhalb Kilometer zurück, an deren Ende ich zu raschem Gehen verlangsamte und mich wieder auf den Heimweg machte.
    Ich hatte mich dagegen gewehrt, über die Ereignisse des Vortags nachzugrübeln, doch jetzt merkte ich, wie meine Gedanken abschweiften. Dolan und Stacey hatten beide bei dem Namen »Kinsey« aufgehorcht, sowie Johanson ihn erwähnt hatte, aber mein Gesichtsausdruck musste sie veranlasst haben, ihre Beobachtungen für sich zu behalten. Ich hatte wenig oder gar nichts gesagt, als der Vormann der Ranch uns die Scheune zeigte, die alten Obstgärten und das Gewächshaus, das fast ganz brachlag. Die meisten Glasscheiben waren noch intakt. Die Luft war feucht und roch nach Mulch, Torfmoos, Kompost und Lehm. In dieser beschützten Umgebung waren fremdländische Weinstöcke und opportunistische Schößlinge gediehen und hatten einen hoch aufragenden Dschungel gebildet, der auf allen Seiten gegen das Glas drückte und es zu durchbrechen drohte. Sobald wir diesen Raum betreten hatten, wusste ich, dass ich schon einmal da gewesen war. Die Cousinen, die ich bei Ermittlungen in einem früheren Fall kennen gelernt hatte, hatten geschworen, dass ich mit vier Jahren in Grands Haus gewesen war. Ich konnte mich nur äußerst vage daran erinnern, aber ich wusste, dass meine Eltern auch dabei gewesen sein mussten. Die drei – mein Vater, meine Mutter und ihre Schwester Virginia – waren aus der Familie ausgestoßen worden, nachdem meine Eltern durchgebrannt waren und geheiratet hatten. Mein Vater war ein fünfunddreißigjähriger Briefträger gewesen, meine Mutter, Rita Cynthia Kinsey, eine achtzehnjährige Debütantin, deren Mutter der Überzeugung war, dass sie für jemand

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