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Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung

Titel: Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafton,Sue
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sieht’s ja aus wie in einem Chemielabor. Kocht ihr zwei was Übles aus?«
    »Mehr oder weniger«, sagte ich.
    Er zeigte sich nicht besonders neugierig darüber, wer ich war oder was ich bei seiner Frau in der Küche zu suchen hatte. Er beugte sich vor, küsste sie auf die Wange und tätschelte ihr den Arm. »Ich zieh mich mal um und werkle noch ein bisschen im Garten. Heute Abend gehen wir zu Sizzler, damit du aus dieser Hitze rauskommst. Soll ich dir was helfen?«
    »Nicht nötig, Schätzchen. Danke.«
    »Nett, Sie kennen zu lernen«, sagte er und lächelte mir kurz zu.
    Ich lächelte zurück und hob grüßend die Hand. Cloris sah zu, wie er davonging, und ihr Gesichtsausdruck wechselte von Wärme zu etwas Reservierterem über.
    »Er macht einen netten Eindruck.«
    »Er ist nett. Deshalb habe ich ihn ja geheiratet. Er ist anständig. Er käme nie auf die Idee, mich anzulügen.«
    »Warum sagen Sie es ihm dann nicht?«
    »Warum kümmern Sie sich nicht um Ihren eigenen Kram? Ich komme bestens alleine damit klar.«

6
    Die Fahrt von Santa Teresa nach Lompoc dauert mit dem Auto eine Stunde, aber ich machte in Gull Cove Halt, also etwa auf halber Strecke. Ganz tief in meinem Herzen wusste ich, warum ich mich bereit erklärt hatte, diesen Teil der Arbeit zu übernehmen. Abgesehen davon, dass ich eine Weile allein sein musste, spielte ich mit dem Gedanken, noch mal zu Grands altem Haus zurückzufahren. Wie ein frisch bekehrter Säufer hatte ich voller Überzeugung am Tag zuvor abgeschworen und ertappte mich jetzt bei dem Gedanken, dass ein kurzer Abstecher vielleicht nicht schaden konnte.
    Um zwei Uhr nachmittags hielt ich vor dem Lebensmittelladen von Gull Cove. Das Geschäft war in einem weitläufigen, verwitterten Bau untergebracht, der mit Zedernschindeln gedeckt und obendrein noch mit ein paar Elementen des Cape-Cod-Stils verziert war und so eine ansprechende Mischung aus Moderne und Tradition abgab. Früher waren darin außerdem ein rund um die Uhr geöffnetes Imbisslokal, ein Trödelladen und ein winziger Friseursalon mit zwei Plätzen untergebracht gewesen. Selbst aus der Entfernung war nicht zu übersehen, dass der gesamte Komplex geschlossen war. Fenster waren mit Brettern vernagelt, und der Asphalt auf dem Parkplatz war rissig und zu einem kalkigen Grau verblichen. Das Gras außen herum war schmutzig braun, und Unkraut und Wildblumen wuchsen bis auf Kniehöhe. Auf der Anhöhe dahinter stand ein einzelner, abgestorbener Baum, der wie eine Vogelscheuche wirkte, da er seine verkrümmten Zweige zum Himmel reckte, als wollte er den Vögeln zuwinken. Die Einwohnerzahl von Gull Cove war mit hundert angegeben, aber ich konnte beim besten Willen nicht einmal einen einzigen entdecken.
    Ich parkte neben der Vordertreppe und stieg aus. Die breite Holzterrasse knarrte unter meinen Schritten. Eine am Haupteingang angeschlagene Bekanntmachung erklärte, dass der Komplex zu Renovierungszwecken geschlossen war. Jemand hatte mit Bleistift ein Smiley mit herabgezogenen Mundwinkeln dazugemalt. Jemand anders hatte mit Kugelschreiber »WEN JUCKT’S?« dazugeschrieben. Ein dritter, vielleicht sogar ein Mensch, hatte einen großen Haufen neben die durch ein Vorhängeschloss gesicherte Tür gesetzt. Ich spähte durch das Fenster des Lebensmittelladens, das staubig und von Streifen gezeichnet war, die die winterlichen Regenstürme auf der Scheibe hinterlassen hatten. Innen war alles leer: nicht ein Einrichtungsgegenstand, Verkaufstresen oder Regal war stehen geblieben. Die Renovierungsarbeiten würden sich wohl noch eine Weile hinziehen.
    Ich ging zum Wagen zurück und sah in meine Notizen, um Roxanne Faughts letzte bekannte Adresse herauszusuchen: Q Street in Lompoc, eine halbe Stunde weiter nördlich. Eigentlich eine lange Anfahrt für einen Job als Verkäuferin. Ich ließ den Motor an und fuhr wieder los, diesmal in nördlicher Richtung. Zu meiner Linken lag der Pazifik. Heute waren die Wellen schwach und kraftlos, ihre Farbe ein dunklerer Widerschein des blauen Himmels über ihnen. Beiläufig dachte ich an Grands Haus. Eventuell könnte ich einen Blick darauf werfen, wenn ich daran vorbeifuhr. Es war bestimmt vom Highway aus sichtbar, wenn man wusste, wo man schauen musste. Ich stellte das Autoradio an, um mich abzulenken.
    Ich hatte den Stadtrand von Lompoc erreicht. Die Stadt ist flach und kompakt, ein einstöckiges Panorama aus breiten Straßen und kleinen Häusern. Ein ständiger Wind weht vom Meer her, gebündelt von den

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