Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
jetzt infolge des Verpflanzungsvorgangs die Köpfe hängen ließen. Ein an einem Gartenschlauch befestigter Sprühkopf fuhr hin und her und breitete Wasserfächer über das Gras. Die Gartenmöbel hatten schon bessere Tage gesehen. Die hohlen Aluminiumgestänge waren an einigen Stellen verbeult, und das gewebte grün-weiße Nylongewebe war verblichen und ausgefranst. In der Ecke gegenüber sah ich eine große Fläche gepflügten Erdreichs mit mehreren jungen Tomatenpflanzen, einer Reihe frisch gepflanzter Paprika und fünf leeren Bohnenstangen, die wie ein Tipi aussahen und darauf warteten, dass die neu emporwachsenden Ranken Fuß fassten. Nichts deutete auf Kinder oder Haustiere hin.
Ich stieg die sechs Stufen zur Veranda hinauf. Die Frau erwartete mich an der Hintertür und hielt sie mir auf. Sie machte einen Schritt nach hinten, und ich trat ein. Ihre Haltung hatte sich in der kurzen Zeit verändert, die ich gebraucht hatte, um das Haus zu umrunden. Ihre Kieferpartie wirkte jetzt stur oder verbissen. Etwas an ihrer Art ließ mich vermuten, dass es das Beste wäre, ihr einen konkreten Beweis für meine Identität zu liefern. Also reichte ich ihr eine Visitenkarte. Sie nahm sie und legte sie ungelesen auf die Arbeitsfläche. Sie war durchtrainiert und zierlich, trug braune Bermuda-Shorts, ein weißes T-Shirt, kein Make-up und weder Strümpfe noch Schuhe. Ihre dunklen Haare waren kinnlang und hinter den Ohren mit Haarklammern festgesteckt.
»Schöne Blumen«, lobte ich.
»Um die kümmert sich mein Mann. Das Gemüse gehört mir.«
Die Hitze in der Küche erinnerte an Südflorida im Juni – zwar noch nicht bedrückend, aber doch eine Temperatur, die einen ernsthaft mit dem Gedanken spielen ließ, den Staat zu verlassen. Zwei große Edelstahl-Dampfkochtöpfe mit Einsätzen standen über klein gedrehten blauen Flammen auf zwei Brennstellen. Die Deckel lagen daneben und die kleinen Dampfkochtopfkappen auf dem Fensterbrett. Frisch sterilisierte Deckel, Dichtungen, Schöpfkellen und Zangen waren auf Tüchern aus weißer Sackleinwand ausgebreitet wie chirurgische Instrumente. Ein dritter Topf enthielt eine dunkelrote Flüssigkeit, die so zähflüssig aussah wie Leim. Ich atmete den schweren, heißen Duft von zerdrückten Erdbeeren ein. Auf dem Küchentisch in der Mitte des Raums zählte ich zwölf Halbliter-Einmachgläser. »Tut mir Leid, wenn ich störe.«
»Ist schon recht.« Sie trat wieder an die Spüle. Alles an ihr erinnerte an die Werte von Farmern aus dem Mittleren Westen – das Einmachen, die Laken auf der Leine, der Gemüsegarten, das ungeschminkte Gesicht.
»Erinnern Sie sich an den Fall?«
»Vage.«
Mir fiel auf, dass sie mich nicht bat, ihr Gedächtnis aufzufrischen, und so half ich ihr unaufgefordert auf die Sprünge. »Ein Hilfssheriff hat eine Aussage von Ihnen aufgenommen. Seinen Notizen zufolge haben Sie ein Mädchen gesehen, das am neunundzwanzigsten Juli 1969 in der Nähe der Ausfahrt Fair Isle getrampt ist.«
»Sie haben das Datum schon erwähnt.«
Ich überhörte die leise Rüge. »Sie haben angegeben, Sie hätten ein Fahrzeug gesehen, das angehalten und sie mitgenommen hat. Sie entspricht genau der Beschreibung des Mordopfers, das zwei Tage später in Lompoc gefunden worden ist.«
Cloris Bargos Miene veränderte sich durch das Auftauchen zweier pinkfarbener Flecke, wie Rouge, das von einer Kaufhaus-Kosmetikerin aufgetragen wurde. »Möchten Sie Eistee? Ich habe welchen da. Er ist schon fertig.«
»Das wäre super.«
Sie machte einen der Küchenschränke auf und holte einen stahlblauen Aluminiumbecher heraus, den sie mit Eiswürfeln füllte. Den Tee schenkte sie aus einem riesigen Glaskrug ein, den sie aus dem Kühlschrank nahm. Ich wusste, dass sie Zeit schinden wollte, aber ich wollte ihr Raum geben, um sich zu erklären. Irgendetwas war nicht ganz koscher, aber ich wusste nicht genau, was. Sie reichte mir das Glas.
Ich murmelte »danke« und nahm einen großen, kräftigen Schluck, bevor ich merkte, dass das Getränk stark gesüßt war. Meine Lippen zogen sich zusammen. Es schmeckte so ähnlich wie dieser fiese Sirup, den man vor der Blutentnahme trinken muss, wenn Krankheiten diagnostiziert werden sollen, von denen man hofft, dass man sie nicht hat.
Sie lehnte sich gegen die Arbeitsfläche. »Ich hab’s erfunden.«
Ich stellte das Glas ab. »Welchen Teil?«
»Alles. Ich habe das Mädchen nie gesehen.«
»Überhaupt keine Anhalterin?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich hatte den
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