Kinsey Millhone 17 - Totenstille - Q wie Quittung
Methedrin nimmt, denkt man nicht mehr klar. Man wird unberechenbar und bildet sich ein, alle wären hinter einem her.«
»Sie brauchen sich nicht zu verteidigen«, sagte Dolan.
»Sehen Sie’s mir nach. Seien Sie so gut. Wenn man mich weckt, werde ich manchmal sauer.« Dolan schmunzelte. »Und wenn Sie sauer werden, gehen Ihnen die Pferde durch, stimmt’s?«
»Wissen Sie was? Ich hab meine Strafe abgesessen. Siebzehn Jahre lang kein Eintrag auf meiner Liste. Anerkennung für die abgebüßte Strafe, gute Führung, der ganze Kram. Jetzt bin ich draußen, hab ‘ne weiße Weste und geh einer ordentlichen Beschäftigung nach, also können Sie mich mal am Arsch lecken. Nehmen Sie’s mir nicht krumm.«
»Die Haft hat Ihnen gut getan.«
»Ja, stimmt. Sehen Sie? Das mit der Resozialisierung klappt doch. Ich bin der lebende Beweis dafür. Hab mich vom Saulus zum Paulus gewandelt, und jetzt bin ich frei wie der Wind.«
»Nicht ganz. Sie haben immer noch Bewährung.«
»Glauben Sie, das weiß ich nicht? Die ganzen beschissenen Vorschriften, die sie einem aufhalsen? Ich sag Ihnen was, Sie erwischen mich garantiert nicht dabei, wie ich eine davon übertrete. Dazu bin ich viel zu schlau. Ich bin bereit, brav mitzuspielen, weil ich keine Lust habe, wieder einzufahren. Nie wieder.«
»Wissen Sie, was das Problem mit Ihnen ist, Frankie?«
»Was denn, Lieutenant? Bestimmt schildern sie es mir gleich in den leuchtendsten Farben.«
»Vielleicht sind Sie ja heute anständig, aber damals waren Sie nicht schlau genug, um Ihre große Klappe zu halten.«
»Ach, kommen Sie. Worum geht’s eigentlich?«
»Hab ich Ihnen doch gesagt. Wir haben einen unaufgeklärten Mordfall, bei dem die Umstände so ähnlich liegen wie bei Cathy Lee.«
»Ja, schön, aber da kann ich Ihnen nicht helfen. Ich hab keinen Schimmer von der Sache. Wenn Sie sonst noch was wollen, reden Sie mit meinem Anwalt.«
»Und wer ist das?« »Hab noch keinen engagiert, aber ich sag Ihnen Bescheid. Wo kommt dieser Schwachsinn eigentlich her, oder ist das geheim?«
»Wir haben jemanden, der bereit ist, Sie hinzuhängen.«
»Mich hinhängen, von wegen. Was haben Sie denn schon, irgendeinen Ex-Knacki, der sich auf meine Kosten den Bauch voll schlägt? Ich hab die Tussi nicht umgebracht. Sie labern doch bloß Stuss.«
»Da sagt unser Zeuge aber ganz was anderes. Er sagt, Sie hätten hinterher damit rumgeprahlt.«
»Sie bluffen nur, geben Sie’s doch zu. Wenn Sie was gegen mich in der Hand hätten, wären Sie mit ‘nem Haftbefehl bei mir vor der Tür gestanden, statt mit dieser verlogenen Masche.«
Dolan schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, Frankie. Ich schätze, Sie waren scharf auf das Mädchen, und als sie Sie nicht rangelassen hat, haben Sie die Beherrschung verloren.«
»Ja, ja, ja.« Frankie tat so, als würde er sich einen runterholen.
»Warum geben Sie’s nicht zu? Sie könnten uns wirklich weiterhelfen. Beweisen Sie, dass Sie das Herz am rechten Fleck haben, jetzt, wo Sie ein neues Leben angefangen haben.«
Frankie schmunzelte und schüttelte ungläubig den Kopf. »Glauben Sie, ich wäre dumm genug, um hier zu hocken und ein Geständnis abzulegen? Worüber denn? Sie haben nichts gegen mich in der Hand. Ich weiß nicht mal, von wem zum Teufel Sie überhaupt reden.«
»Ich wollte Sie nicht schikanieren.«
»Gut, ich versuche nämlich, mich zusammenzureißen. Wenn Sie ‘ne Urinprobe wollen, pisse ich in einen Becher. Wenn Sie die Bude durchsuchen wollen, legen Sie los. Egal, was Sie wollen, nur beeilen Sie sich ein bisschen. Ansonsten war’s das. Machen Sie die Tür hinter sich zu, wenn Sie gehen.« Er zog sich die Maske wieder über die Augen und drehte uns den Rücken zu.
»Also, das war aber unproduktiv«, sagte ich, als wir beide wieder im Wagen saßen.
»Ich wollte, dass Sie ihn mal sehen. Es ist immer am besten, wenn man die Mitspieler aus eigener Anschauung kennt. Außerdem schadet es nichts, wenn er ein bisschen schwitzt und sich fragt, was wir wissen.«
»Das hält nicht lang an. Wir haben doch nichts, oder?«
»Nein, aber das weiß er nicht.«
Dolan wollte wieder zum St. Terry’s fahren, sobald er mich am Büro abgesetzt hatte, aber als wir in die Caballeria Lane einbogen, sahen wir Stacey vor dem Haus am Randstein sitzen, eine braune Papiertüte zu seinen Füßen. Er trug die enge rote Strickmütze, ein kurzärmliges Hemd, Chinos und Schuhe ohne Socken. Das perforierte Krankenhausarmband aus Plastik hing noch an seinem
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