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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ist.«
    »Aber ist es nicht genauso übel, ihr derart zuzusetzen?«
    »Hast du einen anderen Vorschlag? Wir sind nämlich für fast alles offen. Wir wollen weiß Gott nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Die Frau ist schon schräg genug drauf.« »Allerdings. Mir ist aufgefallen, dass du von ›wir‹ sprichst, also vermute ich, dass du dein Wissen mit der Steuerbehörde geteilt hast.«
    »Es geht hier um strafrechtliche Ermittlungen. Ich bin Polizist.«
    »Tja, ich nicht.«
    »Würdest du mit meinem Freund von der Steuerbehörde wenigstens mal reden?«
    »Damit er sein Gesülze auf deines draufsatteln kann? Ein herrlicher Vorschlag. Ich habe sowieso schon das Gefühl, dass ich untergebuttert werde.«
    »Pass auf, ich bin ganz in der Nähe. Hast du Lust auf Mittagessen? Er ist gerade auf dem Weg von L.A. hierher und würde dann zu uns stoßen. Ganz ohne Druck. Ich versprech’s. Hör dir einfach nur an, was er zu sagen hat.«
    »Zu welchem Zweck?«
    »Kennst du ein Lokal namens Jay’s? Heiße Pastrami-Sandwiches und die besten Martinis der Stadt.«
    »Ich will mittags nichts trinken.«
    »Ich auch nicht, aber wir können doch zusammen essen, oder?«
    »Moment bitte«, sagte ich. »Bei mir ist jemand an der Tür. Kannst du kurz dranbleiben? Ich melde mich gleich wieder.«
    »Okay, kein Problem.«
    Ich drückte die Wartetaste und legte den Hörer auf den Schreibtisch, ehe ich aufstand und zwischen Büro und Vorraum hin und her ging. Was hatte ich eigentlich? Ich wollte ihn ja sehen. Allerdings hatte das nichts mit Reba Lafferty zu tun. Diese Angelegenheit war lediglich ein Deckmantel für eine andere Art von Verwirrung, mit der ich rang. Ich ging ins Bad, betrachtete mich im Spiegel und stellte fest, dass ich grauenhaft aussah. Es war einfach lächerlich. Ich kehrte ans Telefon zurück und stellte die Verbindung wieder her. »Treffen wir uns in zehn Minuten dort.«
    »Sei nicht albern. Ich komme bei dir vorbei. Ist doch Quatsch, zwei Autos zu nehmen, wenn man auch mit einem auskommt. Außerdem ist es besser für die Umwelt.«
    »O bitte.«
    Ich schloss mein Büro ab und wartete draußen auf ihn. Es brachte nichts, mir wegen meiner gammligen Jeans oder der ausgelatschten Turnschuhe den Kopf zu zerbrechen. Meine Hände rochen nach Bleichmittel, und mein Rollkragenpulli war total ausgeleiert. Ich hätte ein komplett neues Styling gebraucht, aber das war vermutlich innerhalb der nächsten drei oder vier Minuten nicht zu schaffen. Ach, zum Teufel damit. Der Termin war rein beruflich. Was spielte es schon für eine Rolle, ob ich frisch geduscht war und schicke Pumps mit Nylons trug? Das drängendere Problem war Cheneys Kontaktmann von der Steuerbehörde. Schon jetzt regte sich in mir leises Grauen bei der Vorstellung, ihm zu begegnen. Von wegen ganz ohne Druck. Der Kerl würde mich zermalmen.
    Cheney kam in einem sportlichen, kleinen roten MercedesCabrio um die Ecke gebogen. Er hielt am Straßenrand, beugte sich herüber und öffnete mir die Beifahrertür. Ich stieg ein. »Ich dachte, du fährst einen Mazda«, sagte ich mit leicht vorwurfsvollem Unterton.
    »Der steht zu Hause. Ich habe auch noch einen sechs Jahre alten Ford Pick-up, den ich zum Beschatten nehme. Das Schätzchen hier habe ich erst letzte Woche in Los Angeles abgeholt.«
    »Schick.«
    Er bog rechts ab und fuhr quer durch die Stadt. Sein Fahrstil gefiel mir. Kein zu hohes Tempo, kein Protzgehabe und keine Rücksichtslosigkeiten. Aus dem Augenwinkel registrierte ich die matt glänzende Oberfläche seiner rotseidenen Windjacke – die alles andere als vulgär war –, das weiße Hemd, die Chinos und die edlen italienischen Schuhe, die wahrscheinlich mehr gekostet hatten, als ich monatlich an Miete zahlte. Selbst im offenen Wagen duftete sein Rasierwasser nach Gewürzen und erinnerte an die winzigen Blüten eines nachts blühenden Strauchs. Das war ja erbärmlich. Am liebsten hätte ich mich hinübergebeugt und an seiner Wange geschnuppert. Er warf mir ein Lächeln zu, als wüsste er genau, was in meinem Kopf vorging. Kein gutes Zeichen.

11
    Santa Teresa ist noch nie für seine Clubszene oder sein wildes Nachtleben bekannt gewesen. Die meisten Restaurants schließen, nachdem die letzten Bestellungen auf die Teller drapiert und serviert worden sind. Die Bars sind bis zwei Uhr morgens geöffnet, aber die meisten können nicht mit Tanzflächen oder Live-Musik aufwarten. Jay’s Cocktail Lounge in der Innenstadt ist eines der

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