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Titel: Kiosk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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schnuppert am rosa Rüschenrand ihrer Söckchen über den Sandalen. Nikita betrachtet ihn fasziniert und hält ihm nach einer Weile den anderen Fuß hin. Die feuchte Hundeschnauze kitzelt an dem Zeh, der aus den Söckchen schaut. Nikita blickt auf und in Karlas Gesicht. »Da ist Schäferhund mit drin und Terrier, oder?«
    Karla hebt die Schultern.
    »Wie heißt der?«
    Karla kaut ihre Schaumzuckerbeere und findet die Fragerei lästig. »Ist eine Sie, hat noch keinen Namen.«
    »Darf ich mit ihr Gassi?«
    »Mir egal.« Sie wendet sich ab und gießt Kaffee ein. Nikita streicht sich die schwarze Haarsträhne aus der Stirn, tritt von einem Bein aufs andere.
    »Kannst deinen Ranzen hierlassen«, bietet Kwiatkowski dem Mädchen an. Nikita schaut weiter fragend zu Karla herüber, und Kwiatkowski wirft der Neuen einen ärgerlichen Blick zu.
    »Gib her«, sagt Karla endlich und hievt den Ranzen über die Theke. Nikita und der Hund flitzen davon. Kwiatkowski hat die Kleine noch nie rennen oder lachen sehen, jetzt tut sie beides. Sie ist immer ein Kind ohne Illusionen gewesen, jetzt hat sie wohl eine und, wie das mit Illusionen so ist, die falsche.
    »Sind Sie nur zu alten Krawallschachteln nett?« fragt er kühl.
    »Welche Krawallschachteln? Ach so, die alte Frau von vorhin. Ich wollte nur schneller an die Kasse, die hat im Drogeriemarkt einen abendfüllenden Streit vom Zaun gebrochen. Das war mit ein paar ruhigen Worten geklärt. So ein Aufstand wegen 1,99.«
    »Und welchen Liebesdienst haben Sie Buddy, Kalle und dem Dachdecker erwiesen?«
    Karla greift sich ein Wischtuch und geht damit über die Eistruhe, um die Zuckerkrümel von den Erdbeeren wegzuwischen.
    »Buddy und wer?«
    »Die drei Penner mit dem Blumenkranz.«
    Karla antwortet nicht, vor dem Fenster ist Kundschaft aufgetaucht. Krahwinkel steht da und quasselt sein Handy voll, redet über Bauzäune, Bagger, Bodenaushub und Containerlasten. Kwiatkowski registriert entsetzt, daß Karla ihr erstes Lächeln an diesem Morgen ausgerechnet Krahwinkel schenkt. Der beachtet sie nicht, als er kurz sein Gespräch unterbricht und richtungslos in den Raum schaut: »Ist Lena da?«
    Während Kwiatkowski den Kopf schüttelt, bestellt Krahwinkel schon wieder Bagger und geht weiter. So als habe er nur darauf gewartet, taucht der Dachdecker vor dem Fenster auf, jeder Zoll ein Sieger.
    »Hab ich gleich heute morgen zu Kalle gesagt. Das ist ein Glückstag heute, das ist ein Riesenschweineglückstag. Kwiatkowski, mach mal ’ne Runde Reiss auf. Sie auch, Fräulein? Ich hol mal die andern beiden.« Er dreht sich um, steckt Daumen und Zeigefinger zwischen die Zähne und pfeift gellend. Eine Decke hinter dem Metzgerfenster wird verschoben, Kalle linst durch, der Dachdecker zitiert ihn mit einer Kopfdrehung herüber.
    »Hey, Kwiatkowski, wo bleibt das Bier?«
    »Der Deckel, Kollege.«
    »Zahl ich Samstag, dann krieg ich die erste Löhnung, vierhundert cash auf die Kralle und für Buddy und Kalle noch mal zweihundert. Können sich beim Schleppen nützlich machen. Das wird ein Riesending, Riesending. Tu mal noch einen Korn drauf, den zu zehnneunzig. Heute feiern wir, morgen geht’s ran. Robota, robota, nix mehr saufen.«
    Kalle und Buddy kommen übers Buckelpflaster und begrüßen den Dachdecker, als habe der eine lange, gefahrvolle Reise hinter sich. Kwiatkowski holt Bierflaschen aus dem Kühlschrank.
    Karla runzelt die Stirn, sagt aber nichts.
    »Der baut hier was Riesiges hin, sag ich euch. Also, das wird der Wahnsinn«, schwärmt der Dachdecker und knackt den Kronkorken mit einem Feuerzeug von der Flasche. Kalle hat seine bereits zur Hälfte geleert und schielt nach dem Korn im Regal. »Korn gibt’s nicht, bis der Deckel klar ist«, erklärt Kwiatkowski streng und nimmt einen Schluck Bier.
    »Was wird denn gebaut?« fragt Karla.
    »Ein Riesenteil«, holt der Dachdecker wieder aus, sieht Karlas strenges Gesicht, das an eine Lehrerin erinnert, und besinnt sich. »Also, soweit ich das mitbekommen hab, was der Bauleiter mit dem Krahwinkel verzählt hat, soll’s ein Hotel werden. Cityhotel, hier nebenan ...«
    Kwiatkowski unterbricht ihn ärgerlich. »Da ist doch kein Platz für ein Hotel, Mensch.«
    »Nee, aber für das Parkhaus mit Tiefgarage. Ich und die Kumpels und seine Leute schlagen morgen einen Durchbruch in die Mauer, Baustellenzufahrt, dann wird das Unkraut rasiert und ausgeschachtet. Rums bis auf zwanzig Meter, durch die alten Kellerreste durch. Die sind ziemlich massiv, Sauarbeit.

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