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Kiosk

Kiosk

Titel: Kiosk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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aufkaufen? Dann sitzen die erst mal auf dem Trockenen. Die kriegen nur einmal die Woche Lieferung, und das war gestern.«
    Lenchen zieht die Brauen zusammen. »Und was soll ich dann mit dem Bier vom Drogeriemarkt?«
    »Ist ’ne handelsübliche Marke, die können Sie getrost weiterverkaufen, merkt kein Schwein.«
    Lenchen kaut konzentriert, denkt ebenso ausführlich nach, dann schluckt sie: »Aber ich kann schlecht da auftauchen und die Paletten einkaufen.«
    Karla nickt. »Ich geh hin, mich kennen die noch nicht von hier. Geben Sie mir Geld?« Sie stellt die Frage ohne Hintergedanken, aber Lenchen zuckt leise zusammen. Geld mitgeben, einer Fremden?
    »Ich kann gleich Spültücher mitbringen«, schlägt Karla vor. »Der Hund muß auch raus.«
    Zögernd zählt Lenchen ein paar Scheine aus der Kasse ab, reicht sie Karla. »Im Bierraum steht ’ne Sackkarre, die können Sie mitnehmen.« Karla holt die Karre, öffnet die Tür.
    »Bringen Sie den Kassenbon mit«, sagt Lenchen atemlos.
    Karla zuckt die Achseln. »Klar, aber über die Bücher können Sie das nicht laufen lassen, oder? Ist keine Großhandelsware.«
    Sie verschwindet. Lenchen starrt lange auf die Tür. Ihr ist nicht wohl bei der Geschichte. Die kennt sich verdammt gut aus, denkt Lenchen, vielleicht war es ein Fehler, gleich so eine Nummer mit Schwarzware durchzuziehen. Der Jakob hat auch mal ganz arglos davon erzählt, daß er paar Sachen von Aldi im Kiosk verkauft mit einem guten Schnitt. Ein paar Tage später stand die Betriebsprüfung auf der Matte. Seither kauft Lenchen nur noch bei der Metro und betrügt die Steuer nicht mehr als üblich.
    Mißgunst hat auf dem Kattenbug eine eben so lange Tradition wie undurchführbare Pläne. Hier gilt eisern die Regel: Gemeinsam sind wir klein.
    Karla schiebt lustlos ihren Einkaufswagen durch die Gänge des Drogeriemarkts, bleibt bei den Bierpaletten stehen und wuchtet sie hinein. Wird so um die zweihundertdreißig Mark kosten, überschlägt sie, daran kann Lenchen mindestens einen Hunderter Gewinn machen, wird’s brauchen. Sie schaut sich nach Spültüchern um und entdeckt bei den Kosmetikständern Nikita. Die steht da und schminkt sich an einem kleinen Tischchen, das mit Testern, Make-up-Entferner und Wattebällchen bedeckt ist, die Lippen. Karla überlegt kurz. Nein, das geht sie nichts an, sie schiebt den Wagen vorbei.
    Nikita schminkt sich, weil sie ausprobieren will, wie erwachsen sie aussehen kann. Sie hat sich heute morgen vorgenommen, möglichst schnell erwachsen zu werden. Der Kerl von gestern liegt noch bei der Mutter im Bett, und sie kichern betrunken. Kann paar Tage dauern. Nikita drückt den Mund fest in den fettigen Lippenstift, damit ihr Mund nicht mehr nach den sauren Küssen der Mutter schmeckt. Wenn die liebt, küßt sie wahllos die ganze Welt, und ihre Welt ist vor allem Nikita.
    »Hallo«, grüßt Nikita mit schwarz verklebten Wimpern den Rücken von Karla. »Wo ist Filou?«
    »Mußt du nicht in der Schule sein?« fragt Karla widerwillig.
    »Nö, heut haben wir erst um neun. Gemeinschaftskunde.«
    »Na dann.«
    »Ich komme um eins«, sagt Nikita im Ton eines Versprechens.
    Karla schiebt den Wagen zur Kasse, stellt eine Bierpalette darauf, legt die Spüllappen daneben. Das Rollband läuft an. »Von den Paletten fünf Stück«, sagt sie.
    Die Kassiererin fährt lustlos mit dem Scanner über den Strichcode. »Die Spültücher auch?«
    »Ja.« Elektronisches Fiepen.
    »Zusammen 245,87. Sieben Pfennig klein?« Kaugummikauend wartet die Kassiererin auf das Geld, hält die Hand auf, ihr silberblauer Nagellack splittert an den Kuppen.
    »Hey, hiergeblieben, Fräulein. Dreh mal die Taschen um.«
    Karla wendet kurz den Kopf, die Geschäftsführerin hat Nikita beim Eingang abgefangen. Ganz klein steht sie da, man sieht sofort, daß sie was hat mitgehen lassen. Die schwarze Haarsträhne fällt ihr vors Gesicht. Zu Karlas Verwunderung wirft sie sie zur Seite, statt sich dahinter zu verstecken, und schaut ihrer lüsternen Jägerin mitten ins Gesicht. »Ich hab nichts geklaut.«
    »Komm, komm, ich hab’s genau gesehen. Zeig mal her.«
    Nikita läßt langsam die Rechte in die Tasche ihres Jeansrocks gleiten, zieht einen Lippenstift ohne Kappe hervor.
    »Na also, hab ich’s doch gewußt.« Die Geschäftsführerin kostet ihren Triumph aus.
    »Das ist nur ein Tester«, begehrt Nikita auf. »Und kaum noch was drin.«
    »Geklaut ist geklaut, Fräuleinchen, haben deine Eltern dir das noch nie erklärt?«
    »Meine

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