Kirchweihmord
verarbeitet?«
Schröppel sah Katinka skeptisch von der Seite an.
»Wie können Sie sich so sicher sein, dass Sie wirklich vor der Hütte von diesem Eagle standen?«
»Ein Aufkleber«, sagte Katinka wie nebenbei. Der Stolz erfüllte sie mit neuer Kraft. Tatsächlich schien der Polizei noch nicht bekannt zu sein, dass Denninger diesen Garten gemietet hatte. Aber die Polizei hatte auch keine Undercover-Agentin namens Melissa in ihrem Dienst stehen. »Mit dem amerikanischen Wappentier drauf. Und Winfried Denninger nennt sich Eagle.«
Schröppel schwieg.
»Ich glaube, ich bringe Sie besser zu Hardo.«
Katinka zuckte die Schultern. Sie war müde, aber so aufgewühlt, dass sie ohnehin nicht würde schlafen können. Wo Melissa wohl steckte? Sie sah auf die Uhr. Es war beinahe halb zwölf. Schnell zückte sie ihr Handy und wählte Florians Nummer.
»Deinlein?«, posaunte er fröhlich. Katinka hatte das Gefühl, wieder ins Leben einzutauchen. Nach der unheimlichen Stille der nächtlichen Gärten genoss sie die Kirchweihgeräusche im Hintergrund.
»Florian, ich bin’s, Katinka. Habt ihr Melissa schon nach Hause geschickt?«
»Keineswegs«, antwortete Florian. »Wir feiern noch im Palais Schrottenberg. Willst du mit deiner Schwester sprechen?«
»Nicht nötig«, antwortete Katinka. »Ich werde auch noch ein bisschen unterwegs sein. Danke jedenfalls, dass ihr sie unter eure Flügel genommen habt.«
»Kein Thema!«, sagte Florian. »Viel Spaß noch.«
Katinka ahnte, dass sie den Rest der Nacht nicht viel Spaß haben würde. Sie fragte sich, was sie in Eagles Garten eigentlich erwartet hatte: eine offen stehende Datsche voller Gartengeräte? Ein Chemielabor? Irgendetwas Wertvolles verbirgt sich in dieser Hütte, dachte Katinka, weshalb sonst sollte er sie dermaßen einbruchsicher ausrüsten, die hinteren Fenster zunageln? Das ergibt keinen Sinn!
Melissa hatte von Winfried persönlich erfahren, dass er in seinem Garten alles ausprobierte, was ihn interessierte. Was sollte das sein? Rosenzüchten hatte ihm jedenfalls keinen Erfolg gebracht. Andererseits: Eagle war nicht blöd. Er wusste genau, dass Melissa Katinkas Schwester war, und dass ihr Date aller Wahrscheinlichkeit nach auf Drängen Katinkas zustande gekommen war. Wieso sollte er Melissa die Wahrheit erzählen? Hatte er die Story mit dem Garten erfunden, um Katinka wegzulocken?
Männer, überlegte Katinka verächtlich. Es soll vorkommen, dass ihre Emotionen ihnen den Verstand rauben.
Schröppel brachte sie durch das feuchtfröhliche Gewühl der Kirchweihnacht zum mobilen Einsatzzentrum neben der Konzerthalle. In einem ausladenden Zelt saßen eine Menge Leute. Alles Männer.
Harduin Uttenreuther hockte auf einem Klappstuhl, den Hörer eines Telefons fest an sein Ohr gepresst. Auf Tischen in der Mitte standen mehrere Telefone, Laptops, allerlei anderes Gerät. Die Atmosphäre bewegte sich von abweisend bis feindselig.
Schröppel grüßte wortlos in die Runde. Er bedeutete Katinka, sich zu setzen. Ein Typ im Anzug fiel ihr auf. Seine quadratischen Brillengläser gaben seinem Gesicht etwas Strenges, Unbewegliches. Uttenreuther beendete sein Gespräch. Fragend sah er Schröppel an.
»Ich habe den Eindruck, dass Frau Palfy eine nützliche Beobachtung gemacht hat«, sagte der.
Hardo nickte und wies auf einen Klapphocker. Endlich setzte Katinka sich. Sie bemerkte den Riss in ihrem Hemd und stellte den Rucksack auf ihren Schoß, um ihn halbwegs zu verdecken.
»Wollen Sie uns nicht vorstellen?«, fragte der Mann mit den Brillengläsern.
»Dr. Emmerling, Frau Palfy«, sagte Uttenreuther mit unbewegter Miene. Das musste der LKA-Mann sein. »Also, was gibt’s?«
»Winfried Denninger hat unterhalb der Altenburg einen Garten gemietet«, begann Katinka. »Dort befindet sich eine Hütte, verrammelt und gut gesichert. Meiner Ansicht nach wäre das ein idealer Platz, um …« Sie hielt inne und sah in die Runde. Niemand sprach. Emmerling starrte sie mit unverhohlener Missbilligung an. Er musterte Katinkas schmutzigen Aufzug, die Reste von Zweigen und Blättern auf ihrer Bluse. Unsicher suchte Katinka Schröppels Blick. Er nickte ihr zu. »… um sich mit gefährlichen Substanzen zu umgeben.«
»Wie können Sie sicher sein?«, fragte Uttenreuther.
Emmerling unterbrach. »Herr Hauptkommissar! Eine Außenstehende! Haben Sie das veranlasst?« In seinem Gesicht stand ein vorwurfsvoller Ausdruck, den er wohl gern als äußerste Bestürzung verkauft hätte.
Uttenreuther
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