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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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mit einer Hand sein Doppelkinn und fuhr fort. »Wie haben Sie von Theas Diensten gehört?«
    »Lassen Sie mich überlegen. Ach ja, von einem nahen Bekannten. Einem Freiberufler. Seine Tochter ist vormittags beschäftigt, und da hat er sturmfreie Bude.«
    »Würden Sie mir möglicherweise verraten, wer dieser nahe Bekannte ist? Es geht immerhin um Mord. Der Verdacht kann jeden treffen.«
    Scheiberl wurde blass. »Sie meinen … jeden? Also auch mich?«
    »Kommt drauf an, wie Sie meine Fragen beantworten. Also, von wem sprechen Sie?«
    »Eine delikate Angelegenheit. Das muss ich Ihnen nicht weiter erklären. Und ich darf mir sicher sein: Sie schweigen wie ein Grab?«
    Campari war unsicher, was er von Scheiberl halten sollte. Immerhin hatte er aus freien Stücken seine Affäre mit Thea Brommel eingeräumt.
    »Der Bauer Benedikt gleich hier um die Ecke. Von dem hab ich’s erfahren. Hab ich doch gesagt: ein naher Bekannter.«
    Campari war platt. Soweit er sich erinnern konnte, hatte er den Landwirt vorhin zwar nicht direkt gefragt, ob er Kontakt zu Thea Brommel gehabt habe. Aber er hätte von sich aus damit herausrücken müssen. Immer vorausgesetzt, dass Scheiberl die Wahrheit sprach. Welchen Grund mochte der Bauer haben, damit hinterm Berg zu halten?
    Zunächst hielt Campari dem Unternehmer das Foto mit dem Kind vor die Nase. Anschließend das andere, worauf Thea mit dem blonden Mann abgebildet war.
    Scheiberl schien unberührt. »Nein, den Kleinen hab ich nie gesehen. Ich wusste gar nicht, dass sie ein Kind hat. Und diesen Blonden auch nicht.«
    »Aber in der Mordnacht um halb vier in der Früh sind Sie mit dem Auto durchs Dorf gefahren. Und haben vor dem Libellenweg 18 angehalten und geparkt.«
    Das war ein alter Trick aus seiner Kriminalerlaufbahn, der ihm schon das eine oder andere Mal Erfolg gebracht hatte. Erst mal auf den Putz hauen und dann schaumermal.
    Scheiberl sah ihn aus riesig großen Augen an. Er wirkte geschockt. Ein Zeichen, dass der Schuss saß.
    Campari jubilierte schon innerlich, da begann der andere zu glucksen. Sein gesamter Oberkörper begann zu beben. Er blies die Backen bis zum Platzen auf, ließ die Luft pfeifend wieder heraus und warf den Kopf vor Lachen nach hinten.
    »Ich mit dem Auto nachts durchs Dorf«, rief er wiehernd. »Wo das doch verboten ist. Grad so könnte ich mit dem Flugzeug unter einer Brücke durchfliegen.«
    Ja, und warum nicht?, dachte Campari. »Hammer glei«, sagte er entschlossen.
    Auf seinem Handy hatte er Frau Stadtmüllers Festnetznummer gespeichert.
    »Frau Stadtmüller? Ich bin bei Anton Scheiberl.« Könnten Sie kurz herkommen?, wollte er schon fragen, da fiel ihm ein, das die Dame ja im Rollstuhl saß. »Wir sind gleich da.«
    Er versenkte seine Augen in Anton Scheiberls Pupillen. »Wir nehmen jetzt Ihr Auto«, deutete er geheimnisvoll an, »und fahren ins Dorf. Ich will da was klären.«
    Scheiberl zierte sich zwar ein wenig, doch Campari blieb konsequent. »Und Sie fahren«, ergänzte er.
    Noch nie hatte der Bürgermeister diesen Wagen aus der Nähe gesehen.
    »Sechsundfünfziger Buick«, erklärte Scheiberl stolz, als er die bewundernden Blicke sah.
    Kein Stäubchen klebte an dem Auto, das von einer silbernen Zierleiste geteilt war: oben grün, unten creme. Weißwandreifen, Panoramafenster, innen weißes Holzlenkrad, alles helles Leder.
    »Allein schon ein Grund, nicht mitten in der Nacht herumzufahren«, machte sich Scheiberl knurrend ans Werk.
    Die wenigen Menschen auf der Dorfstraße drehten sich verblüfft um. Als ob ein Dinosaurier einen Ausflug machte.
    Frau Stadtmüller hatte den Rollstuhl bereits in den Garten gekarrt.
    »Lassen Sie den Motor ruhig laufen«, sagte Campari, als sie sich bereit machten auszusteigen. Seine Miene hätte jeden Bauern dazu gebracht, eine neue Melkmaschine zu erwerben.
    »Hat das so geklungen, als Sie den Motor gehört haben?«, fragte er die Stadtmüllerin.
    »Vom Sound her schon«, sagte sie nach längerem Überlegen. »Aber nicht so laut.«
    Campari schob sie kurzerhand ins Schlafzimmer. »Sie bleiben hier sitzen«, befahl er Scheiberl. Und nach einer Sekunde ergänzte er: »Bitte.«
    »Und jetzt?«, fragte Campari prüfend, als er mit der Frau allein im Schlafzimmer war.
    Frau Stadtmüller spitzte im wahrsten Sinn des Wortes die Ohren. Sie erinnerte sich gut an das Tigerbrummen dieses Wagens in der Dunkelheit.
    »Doch«, flüsterte sie nach einer Weile. »So war’s. Perfekt. Genau so. Super.« Sie schloss die Augen für

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