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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Sie war Ende dreißig, breitschultrig und offenbar in bester Form. In Fritzi kroch unmittelbar das Gefühl hoch, dass ihr Auftauchen etwas Besonderes war.
    Während Willy Brey sich zögernd erhob, fiel alle Verlegenheit von ihm ab. Er musterte die Frau auf eine Art, als würde er sie mit seinen klaren blauen Augen fotografieren.
    »Darf ich vorstellen: meine Frau. Gabriella, das ist Frau … Verzeihung, wie war doch Ihr Name?«
    Sie sagte es ihm.
    »Gabriella, das ist Fritzi Gernot von der Kripo Rosenheim.«
    Weder hatte Fritzi gesagt, wer sie geschickt hatte, noch wollte sie unter falscher Flagge segeln. Doch sie ließ es dabei bewenden. Alles andere hätte die Sache kompliziert.
    »Ja, man hat mich informiert«, sagte Gabriella Brey mit einem eckigen Akzent, den Fritzi als italienisch oder spanisch einstufte. »Es ist wegen Thea, nicht?« Sie sah Fritzi aus unergründlichen Augen an.
    Diese nickte nur.
    »Sie fragt mich gerade«, sagte Willy Brey, »ob ich damals bemerkt habe, dass Thea schwanger war. Sie scheint wohl einen Sohn zu haben. Zeigen Sie meiner Frau bitte das Foto?«
    Ohne hinzuschauen, sagte Gabriella: »Klar, das ist mir bekannt. Das war allerdings vor unserer Zeit.« Und zu ihrem Mann gewandt sagte sie: »Hast du nie davon erfahren?«
    Er schüttelte den Kopf und wischte abwesend über seinen inzwischen staub- und insektenfreien Sakkoärmel.
    Fritzi klammerte sich an diesen Strohhalm. »Wissen Sie«, sie sprach beide Personen an, »in einem Mordfall geht es immer zuallererst um das Motiv. Wir können nicht ausschließen, dass es sich um eine Beziehungstat handelt. Und da wäre es ungemein wichtig, Informationen über Kind und Vater zu besitzen.«
    Noch einmal streckte sie die Fotos vor.
    Gabriella Brey verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich bin mir nicht sicher. Aber ich meine mehrmals gehört zu haben, dass sie den Ort Reichenhall erwähnte, als es um Ausflüge oder Fahrten am Wochenende ging.«
    Fritzi nickte dankbar. Schrillte da eine kleine Alarmglocke in ihrem Kopf? Lag da ein grünes Männchen hinter einer Synapse, das ihr zuraunte: »Die weiß mehr, als sie aussagt!«
    Sie schluckte und wagte einen anderen Ansatz. »Mit wem aus der Mannschaft war Thea denn befreundet? Wer ist ihr besonders nahegestanden?« Sie sprach den Trainer an. Er sollte am ehesten etwas darüber wissen.
    Willy Brey hatte Fritzi nun über längere Zeit beobachtet. Nicht einfach nur so, sondern wie einen seltenen Schmetterling.
    »Wissen Sie«, sagte er, »Thea Brommel war eine hervorragende Basketballspielerin. Aber sie war verschlossen. Allen gegenüber. Keinem hat sie sich nach meiner Kenntnis mitgeteilt. Sie können gern beim nächsten Training vorbeischauen und die Mädels befragen.« Sein Blick wanderte suchend zu seiner Frau hinüber. »Vielleicht erfahren Sie von der einen oder anderen mehr. Aber ich bezweifle es.«
    Gabriella ging zu dem Fenster mit den Blumen davor und öffnete es. Frische Luft strömte herein. Fritzi fröstelte. Sie begann zu zweifeln, dass sie hier weiterkam. Wie es wohl Campari erging? Sie war gespannt. Immerhin hatte sie einen vagen Hinweis erhalten, einen sehr vagen. Bad Reichenhall.
    »Jetzt weiß ich, an wen Sie mich die ganze Zeit erinnern, Frau …«
    »Gernot«, ergänzte Gabriella Brey ihren Mann.
    »Da hat’s einmal eine Boxerin gegeben. Lange her, glaub ich. Ich glaub, die war sogar Weltmeisterin gewesen. Die hat grad so ausgesehen wie Sie. Komisch, nicht?«
    Ja, komisch, dachte Fritzi. Komisch, wie lange das schon her ist.
    Ihr graute vor der nachmittäglichen Fahrt in dem stickigen Bus durch staubige Baustellen. Da surrte und vibrierte ihr Handy in der Tasche. Sie warf einen vorsichtigen Blick auf das Display.
    Campari!

elf
    In der Zeit, die seine Ermittlungspartnerin Fritzi Gernot im Bus und beim TSV Wasserburg verbrachte, hatte Campari gut eine Handvoll Menschen getroffen, die sämtlich mit Thea zu tun gehabt hatten.
    Campari hatte noch einmal die Kriminaltechniker angefordert. Das Elektrokabel stammte aus Brommels Gartenhaus, hatten sie bestätigt, und der Zementsack aus den Restbeständen eines kleinen Bauauftrags, den Thea einer Firma aus dem Nachbardorf erteilt hatte. Der Täter hatte demnach den Bestand vor Ort für seine Zwecke benutzt. Nicht weiter spektakulär. Zur weiteren Verfolgung ungeeignet, aber fürs Ausschlussverfahren nützlich.
    Bevor er sich auf den Weg machen konnte, hatte Campari noch ein beachtliches Hindernis zu überwinden gehabt.
    »Wie kommst du

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