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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Bild von Theas angeknabberter Leiche warf, nahm sie das Blitzlichtfoto wahr, auf dem ihr an den Baum gefesselter Sohn zu sehen war. Sie spürte, wie sich ihre Mundwinkel nach unten zogen und ihre Augen sich mit Tränen füllten.
    »Hallo! Da bin ich wieder! Ich hab meine Horde abgeliefert.« Heidi stand plötzlich wieder da. Samt Hund stand sie da. Strahlend wie immer. Pferdeschwanz, kariertes Hemd, Bergstiefel. »Könnt ihr mich brauchen?«
    »Na gut«, sagte Campari nach einer Weile. »Bleib hier. Du warst eh dabei, als wir sie gefunden haben. Setz dich zu uns.«
    Er warf einen schrägen Blick auf den Buben. Am liebsten hätte er ihn zusammen mit den Pferden an einen Baum gebunden. Bloß nicht, flüsterte ihm sein kleines grünes Männchen ein.
    »Komm, setz dich zu uns«, forderte Fritzi auch ihren Sohn auf.
    »Der Tätowierte sieht vielleicht schlecht aus«, platzte Heidi heraus. Sie holte sich Odilos Hand und begann sie sanft zu streicheln. »Wie ein Gespenst läuft er herum. Ich hab ihn gefragt –«
    »Das ist jetzt nicht unser Thema«, unterbrach Campari barsch.
    »Aber du als unser Bürgermeister solltest das wissen«, entgegnete Heidi. »Ich hab mich mit ihm unterhalten. Ich glaub, der ist selbstmordgefährdet.«
    »Ach was«, wischte Campari die Bemerkung vom Tisch. »Warum sollte der suizidgefährdet sein?«
    »Weil er von allen möglichen Leuten gemobbt wird. Ich bin der Meinung, man sollte etwas dagegen tun.« Heidis Halsschlagader schwoll an. Das Blut war ihr ins Gesicht gestiegen. Sie blies die Backen auf. Mit einem Ruck entzog sie Odilo ihre Hand und stand auf.
    »Dann kann ich ja gehen, wenn ich hier nicht erwünscht bin. Herzlichstes Dorf. Pah. Dass ich nicht lache!«
    Bevor Campari einlenken oder Fritzi etwas sagen konnte, war sie um die nächste Kurve verschwunden.
    Fritzi bemerkte Camparis Blick. »Vielleicht hat sie ja recht?«, meinte sie. »Ein Herzlichstes Dorf darf nicht nur aus Grüßen und Blumenschmuck bestehen.«
    Dann sah sie Campari lange und nachdenklich an. »Wir waren doch beide dabei, als er gestanden hat, dass er in Thea verliebt war. Und sie hat ihn Bärli genannt. Ist doch süß, oder? Es hat sicher schon viele Selbstmorde aus ähnlichen Gründen gegeben. Wenn die geliebte Frau stirbt oder gar ermordet wird. Das kann ich mir schon vorstellen. Und wenn er dann zusätzlich noch gemobbt wird? Ich glaube, wir sollten tatsächlich besser auf Mehmet Wandra aufpassen.«
    Campari nickte widerwillig. »Tja«, sagte er gedankenversunken. »Die Fingerabdrücke auf dem Schnapsglas haben nichts ergeben. Also scheint er wohl wirklich aus dem Schneider zu sein. Ich werd dann mal nach ihm schauen«, fügte er abwesend hinzu.
    Er nahm zwei der Fotos auf dem Tisch zur Hand. Nach einem Blick auf den Buben beugte er sich zu Fritzi und sagte leise: »Was du nicht weißt: Auf Theas Terrasse stand eine gefüllte Regentonne. Bruni hat mit seinen Leuten herausgefunden, dass die Leiche ursprünglich vor der Tonne gekniet hat. Ihr Kopf steckte im Wasser. Die Spuren sind eindeutig, die Pathologie hat’s bestätigt. Sie ist aber nicht ertrunken. Sie war vorher schon tot.«
    »Und die Hunde haben sie an den Füßen von der Tonne weggeschleppt?«
    »Exakt! Und was schließen wir aus diesem Fakt?«
    »Mama, ich will spielen. Ihr seid so uncool!«
    Fritzi zuckte mit den Achseln. Ihre Augen gingen zum Himmel. »Dann geh zu deinem Pony und streichle es. Aber lauf bloß nicht weg.«
    An Campari gewandt sagte sie: »Was wir daraus schließen? Sollten durch das Wasser vielleicht Spuren oder andere Beweismittel verwischt oder beseitigt werden? Und wenn ja, welche?«
    Er wiegte bedächtig den Kopf. »Ich glaube eher daran, dass hier einmal mehr etwas inszeniert werden sollte. Also etwas vorgetäuscht werden, sodass es wie etwas aussah, das es nicht gewesen ist. Ein Polizeipsychologe würde sogar noch weiter gehen …«
    »Mama, das Pony lässt sich aber nicht streicheln!«, quengelte der Bub.
    Fritzi ging hin und führte ihm die Hand. Das Pony ließ sich streicheln. »Polizeipsychologe?«
    »Ja. … sogar noch weiter gehen. Er würde bestimmt ins Feld führen, dass die Tote reingewaschen werden sollte. Reingewaschen von etwas, das sie im Sinne des Täters oder der Täterin nicht hätte tun dürfen. Aber das ist natürlich bloße Hypothese.«
    Fritzi setzte sich wieder an den Tisch, trommelte unhörbar mit den Fingern auf der Tischplatte herum und verzog das Gesicht. »Worauf willst du hinaus? Willst du mir ein

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