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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Seminar in Kriminalistik verpassen? Wir wollten doch …«
    »Jaja, das werden wir auch in ein paar Minuten. Gedulde dich so lange. Ist dir nicht noch etwas aufgefallen? Was war ungewöhnlich?«
    »Sie war untenherum unbekleidet«, antwortete Fritzi prompt.
    »Genau. Und wo war die fehlende Kleidung? Erinnerst du dich noch, was sie auf dem Gartenfest getragen hatte?«
    »Warte. Ich seh sie vor mir, wie sie den schmalzenden Scheiberl mit dem Akkordeon begleitet hat.«
    Odilo nahm den Daumen in den Mund und kaute darauf herum.
    Seine Mutter starrte ins Leere. »Untenrum hatte sie eine enge Jeans an und High Heels ohne Strümpfe.«
    »Aha. Und wo ist die ausgeleierte Jeans jetzt, und wo sind die Schuhe?«
    Fritzi hatte vor Überraschung den Mund geöffnet. Warum hatte sie sich diese Frage niemals selbst gestellt?
    »Die Leute sind im Dorf unterwegs, um sie zu finden. Wir drei, Fritzi, werden gleich auch aufbrechen, um ein wichtiges Indiz zu finden. Aber vorher muss ich dir noch eine Frage stellen. Was hast du automatisch daraus geschlossen, dass die Leiche unten nackt war?«
    »Vergewaltigung!«
    Er hielt ihr das Tatortfoto vom Libellenweg entgegen. »Siehst du. Sie ist aber nicht vergewaltigt worden. Weit und breit kein Sex. Nicht die kleinste Spur davon.«
    »Vielleicht auch wieder etwas, das uns der Täter vorgaukeln will?«
    »Du sprichst von einem männlichen Täter. Sex ließe selbstverständlich auf männlich schließen. Aber Vorsicht! Dann noch die Sache mit der Regentonne. War alles nur ein Bluff, um uns in die Irre zu führen?«

zwölf
    »Wir haben Handschuhe gefunden«, rief ihnen Bruni schon von Weitem zu.
    Der Chef der Münchener Spurensicherung stand mit Gummistiefeln auf einem Stein mitten im Feldbach. Eine Kamera hing am Riemen über seiner Schulter. Im Gegensatz zu dem Typ von Mensch hier, der sich von Knödeln, Fleisch und Bratensoße ernährt, einige zweimal am Tag, sah Bruni ganz so aus, als äße er nichts als Obst, Gemüse und hie und da eine Handvoll Nüsse und eine halbe Forelle. Ein zäher Kerl, dachte Campari bewundernd und sah an sich herunter. Der hat kein Gramm Fett am Körper.
    Zwei von Brunis Männern arbeiteten flussaufwärts, zwei andere dreißig, fünfunddreißig Meter weiter unten. Ein weiterer lehnte am Bachrand mit dem Rücken an einem Baum und hielt einen Schäferhund an der Leine.
    »Gut gemacht«, lobte Campari, führte Fritzi am Arm über kniehohe bemooste Felsen durch den Bach und sah sich um.
    Hohe Schäfchenwolken und die Bäume hatten die Sonne in schräge Strahlen gespalten, die im Wald in verschiedene Richtungen abstanden. Auch im Bach fing sich das versprengte Sonnenlicht und verwandelte das Wasser, das sich in Sturzbächen über Klippen, Stufen und Findlingsfelsen ergoss, in ein bewegliches silbriges Metallband.
    Ihre Pferde hatte Campari in Sichtweite wenige Pferdelängen weiter unten festgemacht. Odilo hatte sich inzwischen eng mit seinem Pony angefreundet. Es fraß ihm aus der Hand.
    Eine Zigarette im Mundwinkel, winkte Bruni den Ankommenden beschwingt zu. Dann sprang er zurück ans Ufer und kam mühelos die steile Böschung herauf und ihnen entgegen. Die Kamera pendelte locker am Trageriemen von seiner Hand.
    Über ihnen gurrten Wildtauben leise in den Bäumen.
    »Schauen Sie«, sagte er. Er hielt einen transparenten Beutel in der Hand. »Hier drin sind die Handschuhe, die wir im Bach gefunden haben. Wir haben buchstäblich jeden Stein umgedreht. Unter einem davon waren sie versteckt.« Seine Augen waren auf Fritzi gerichtet. »Wir haben nach irgendwas Unbekanntem gesucht. Etwas, das im Zusammenhang mit der Entführung Ihres Sohnes steht. Ein Stück Seil, ein Klebeband, Handschuhe. Wir gehen davon aus, dass der Täter Handschuhe getragen hat … oder die Täter oder die Täterin, um genau zu sein«, fügte er nach einem kurzen Blick auf Camparis Miene hinzu. »Mein siebter Sinn hat mich auch diesmal nicht im Stich gelassen.«
    »Maaamaaaaa! Da kommt jemand!«
    Die Köpfe fuhren herum. Der Journalist kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
    »Ich habe mich entschlossen, aus meinem dienstlichen Aufenthalt einen Kurzurlaub zu machen«, rief er ihnen zu. »Ich bin hier auf Schwammerlsuche.«
    Um seine Aussage zu bekräftigen, klopfte er an die Taschen seiner Feldjacke, wendete die leeren Hände hin und her und tätschelte seine leeren Wangen. »Ich hab kein Diktiergerät dabei, keine Kamera, nicht einmal einen Schreibblock.«
    Fritzi konnte ein heimliches Grinsen nicht

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