Kirmes des Todes
Felsbrocken war ein Mann ohne festen Wohnsitz an den Folgen seiner Verletzungen gestorben.
Echt dürftig, sagte sich Bahn, als er zum klingelnden Telefon griff.
„Ich habe es extra kurz gemacht, Helmut“, meldete sich Küpper. „Da könnt ihr wenigstens eine schöne Geschichte draus machen. Du hast ja wohl mehr Informationen als die Kollegen der Konkurrenz.“ Es schien ihm offenbar Vergnügen zu bereiten, gemeinsam mit Bahn mit den anderen Journalisten zu spielen. „Hat dich dein Freund Gottfried deswegen noch nicht angerufen?“ Bahn schwieg verdattert.
Lachend klärte ihn der Bernhardiner auf. „Der weiß doch immer alles. Oder doch fast alles. Sag’ ihm, er soll bloß aufpassen, sonst erwische ich ihn noch eines Tages.“
Bahn wußte, daß die Polizei schon seit einiger Zeit Jagd auf den Unbekannten machte, der offensichtlich alles abhörte. „Ich kann Ihnen nicht helfen, Herr Kommissar“, erwiderte Bahn förmlich. „Oder soll ich dir einen Tip geben?“
„Laß es. Sag’ Jansen nur, daß ich im Bilde bin.“
Als hätte er nur darauf gewartet, daß die Leitung frei wurde, meldete sich Jansen. „Da muß was passiert sein im Birkesdorfer Krankenhaus“, fing er geheimnisvoll an.
Doch Bahn fiel ihm unwirsch ins Wort. „Ich weiß es schon, Gottfried. Die Polizei hat bereits ein Fax geschickt. Tut mir leid, kein Honorar für dich.“
„Aber“, wollte der Informant protestieren, doch Bahn hatte schon wieder aufgelegt. Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück, blickt auf seinen leeren Bildschirm und überlegte, wie er die Story schreiben sollte.
„Kannst du mir die Nummer vom ‘Armen Paul’ geben.“ Waldhausen hatte sich unbemerkt dem schreibenden Kollegen genähert Bereitwillig zog Bahn den Zettel aus seiner Jacke. Er wollte ihn Waldhausen reichen, aber dann zog er die Hand schnell wieder zurück.
„Wie komme ich denn dazu? Willst du etwa mit ihm sprechen?“
„Ja“, bekannte Waldhausen.
„Das kannst du dir abschminken, werter Kollege. Das mache ich selbst.“
Waldhausen wollte widersprechen, aber Bahn winkte ab. „Du hast doch selbst gesagt, daß du nur das tust, was ich versäume. Oder?“ Er grinste. „Und ich möchte jetzt den ‘Armen Paul’ anrufen. Los, zisch ab in deine Kammer!“
Der Lokalchef drehte sich ab. „Sage mir aber bitte Bescheid“, bat er im Gehen. Bahn konnte nicht erkennen, daß Waldhausen sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen konnte.
„Man muß ihm manchmal auf die Sprünge helfen“, sagte er vergnügt zu Thea, die in seinem Zimmer am Computer saß und auf ein Diktat wartete.
Wie gut, daß Waldhausen mich erinnert hat, sagte sich Bahn. Ich hätte es sonst glatt vergessen. Aber das brauche ich ihm ja nicht zu sagen.
Der „Arme Paul“ nahm schon beim zweiten Rufzeichen ab und erkannte Bahn sofort wieder. Er war in Eile, ließ er den Journalisten wissen, Bahn soll es kurz machen.
„Ich mache es ganz kurz“, versicherte Bahn. „Warum bist du in diesem Jahr nicht in Düren?“
„Ganz einfach, Helmut. Es ist zu teuer bei euch. In den letzten drei Jahren sind die Marktgebühren für die Annakirmes vervierfacht worden. Hast du das etwa nicht mitgekriegt?“ Der „Arme Paul“ hatte es wahrlich nicht nötig, sich ausnehmen zu lassen. Er konnte sich mit seinem guten Ruf die Rummelplätze aussuchen und war nicht auf die Annakirmes angewiesen. „Hier ist es viel ruhiger“, fuhr er fort, „aber unterm Strich habe ich mehr in der Kasse bei weniger Arbeit.“ Er seufzte. „Eigentlich schon schade, Helmut, aber es ist nicht zu ändern. Vielleicht ergibt sich ja später noch einmal eine Gelegenheit zur Rückkehr nach Düren“, tröstete sich der Kirmeswirt. „Es würde mich freuen.“
Bahn war überrascht. „Ich denke, du willst aufhören und bestreitest in diesem Jahr deine Abschiedstournee?“
„Wer sagt das denn?“
„Das wird hier erzählt“, wiegelte Bahn ab. „Da ist also nichts dran?“
„Natürlich nicht. Ich bin im besten Alter. Wenn die Konditionen stimmen, bin ich der erste, der wieder auf der Annakirmes ist.“
„Das kann ich so zitieren?“
„Aber klar doch. Du kennst mich.“
Der Kirmeswirt wollte das Gespräch beenden, als Bahn noch eine Frage einfiel. „Weißt du denn, was aus Kirmes-Schmitz geworden ist?“
Der „Arme Paul“ überlegte kurz, dann erinnerte er sich an seinen ehemaligen Konkurrenten und Kollegen. „Der hat doch schon vor drei
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