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Kirschenküsse

Kirschenküsse

Titel: Kirschenküsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Bomann
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blöd ausgedrückt hatte. »Du hast echt Glück. Wenn deine Eltern doch noch ein Kind bekommen wollen, bist du die Große und kannst dem Nachzügler zeigen, wo es langgeht.«
    »Ich glaube nicht, dass sie das wollen«, entgegnete ich und hinsichtlich unserer finanziellen Lage war das nicht mal gelogen. Aber das fügte ich natürlich nicht hinzu, denn die Jungs und Mädchen hier sahen alle so aus, als hätten ihre Eltern keine Probleme mit den Finanzen.
    Mein Satz brachte unsere Unterhaltung zum Stocken, doch dann fragte Anett plötzlich: »Und was hältst du von den Jungs hier?«
    Da hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen, denn gegen meinen Willen hatte ich schon wieder das Bild von Thomas und mir hier am See im Kopf und wünschte mir eigentlich doch, dass er noch vorbeikommen würde. Aber das wollte ich ihr nicht verraten, denn so gut kannten wir uns doch noch nicht.
    »Ich weiß nicht«, entgegnete ich ausweichend. »Hast du jemand Bestimmtes im Auge?«
    Hoffentlich hatte sie es nicht auf Thomas abgesehen!
    »Nein, ich meine nur insgesamt. Ich finde, da sind ein paar sehr nette und schnuckelige dabei.«
    Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ehrlich gesagt hatte ich mir die Jungen nicht genau angeschaut, einerseits, weil ich Jungen im Allgemeinen bis vor Kurzem noch blöd fand, und andererseits, weil dann schon Thomas aufgetaucht war.
    »Kann sein«, entgegnete ich. »Ich habe bisher noch mit keinem von ihnen gesprochen.« Das stimmte nicht so ganz, aber Thomas gehörte ja auch nicht zu den Jungs unserer Reisegruppe.
    »Dann hast du also noch keine Illusionen verloren«, entgegnete Anett lachend, klaubte dann einen Stein vom Boden auf und warf ihn ins Wasser.
    Ich hatte keine Ahnung, ob Anett irgendwelche Illusionen gehabt und verloren hatte. Aber es klang fast so. Doch sie machte auch den Eindruck, als wolle sie nicht weiter ins Detail gehen, deshalb fragte ich auch nicht nach. Eine ganze Weile saßen wir nebeneinander und blickten hinaus auf den See. Mag sein, dass Thomas uns hier hatte sitzen sehen, und vielleicht hatte er geglaubt, wir hätten etwas Wichtiges zu bereden. Auf jeden Fall blieben wir, bis es dunkel wurde, allein.

Der Kirschenpakt
    Nachdem ich Thomas gestern also den ganzen Tag nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, schlich ich mich um punkt fünf Uhr wieder nach draußen und setzte mich auf den Steg. Ich versuchte, die Schwanenfamilie auszumachen, doch ich konnte sie nicht entdecken.
    Allerdings wagte ich mich nicht allzu weit ins Schilf. Ich hatte gehört, dass Schwanenbisse unheimlich wehtaten und auch die Schwingen der großen weißen Vögel nicht ungefährlich waren. Einem kleinen Hund konnte so ein Flügelschlag schon das Genick brechen.
    Erst nachdem ich einige Minuten auf das unbewegte Wasser geschaut und einen Wasserläufer bei seinem Morgenspaziergang beobachtet hatte, kam mir in den Sinn, dass die Geschichte mit dem Schwan vielleicht gar nicht stimmte. Es war doch möglich, dass Thomas sie nur erzählte, um mich davon abzuhalten, im Schilf herumzulaufen und alles kaputt zu machen. Als ob ich in einer Großstadt wohnen und nicht wissen würde, dass im Schilf auch kleinere Vögel brüteten und man Gefahr lief, ihre Nester samt Eier zu zertreten, wenn man nicht aufpasste.
    »Du bist wohl immer ziemlich früh auf den Beinen«, sagte eine mir bekannte Stimme halb fragend, halb feststellend, während ich gerade überlegte, ob ich an diesem Morgen umsonst hergekommen war.
    Als ich mich umsah, stand Thomas hinter mir. Nach dem Handtuch und den Badeshorts zu urteilen, die er bei sich trug, hatte er wohl vorgehabt, schwimmen zu gehen. Glücklicherweise trug er auch noch ein T-Shirt, sonst wäre ich wohl vor Staunen zur Salzsäule erstarrt.
    »Nein, nicht immer«, hörte ich mich sagen. Oder ich glaubte, das zu hören, denn in meinen Ohren donnerte mein Pulsschlag. »Das ist nur so, seit ich auf dem Schloss bin.«
    »Gefällt es dir denn hier nicht?«
    »Nein, das ist so, eben weil es mir gefällt und ich möglichst viel sehen will. Eigentlich ist es immer so, wenn ich im Urlaub bin und …«
    Ich hielt kurz inne, um mich nicht weiter zu verhaspeln. Dann setzte ich noch einmal neu an und versuchte zu retten, was noch zu retten war.
    »Na ja, ich meine, das Schloss ist wirklich schön und ich fühle mich sehr wohl hier. Und Gewässer haben es mir besonders angetan. Ich sitze gern an Flüssen oder Seen und beobachte, was darauf so geschieht.«
    Thomas strahlte mich an, als hätte ich ihm

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