Kirschroter Sommer (German Edition)
gehabt hätte.
Schon damals hatten sich immer nur die falschen Männer für mich interessiert und wie ich inzwischen wusste, war das nur der Anfang einer langen und ätzenden Ära gewesen.
Mit kleinen Unterbrechungen hatte Sören Nordmann ganze drei Jahre um mich gekämpft. Mit Achtzehn ließ ich mich schließlich auf ihn ein. Sören meinte es gut mit mir und war mit Sicherheit ein netter Kerl, aber in unserer neunmonatigen Beziehung hatte mir immer das Entscheidende gefehlt. Unter anderem musste ich während dieser Zeit feststellen, dass Sex vollkommen überbewertet wurde. Und obwohl daraufhin noch zwei weitere Probanden folgten, hatte sich meine Meinung diesbezüglich nicht geändert.
Aber natürlich wusste ich von alledem noch rein gar nichts, als er mich damals nach Hause gebracht hatte.
Fast den ganzen Heimweg über schwiegen wir, was von meiner Seite ausging. Immer noch war ich damit beschäftigt, Kevins harte Worte zu verdauen.
Als wir irgendwann vor meiner Haustür standen und ich mich schon verabschieden wollte, bat mich Sören, kurz zu warten.
»Emely, ich wollte dich fragen, ob du morgen Nachmittag … vielleicht mit mir ins Kino möchtest?«
Nein, ehrlich gesagt wollte ich nicht mit ihm ins Kino, aber als ich in seine hoffnungsvollen Augen sah, konnte ich ihn nicht enttäuschen. Ein bisschen Ablenkung würde mir vielleicht gut tun, versuchte ich es mir positiv zu reden. Außerdem dachte ich, dass selbst Sören Nordmann an einem Nachmittag im Kino nichts falsch verstehen könnte.
»Okay«, sagte ich, was mit großen und überraschten Augen von ihm aufgenommen wurde.
»Äh … toll … Ich hole dich dann ab, dann können wir zusammen mit dem Bus fahren«, plapperte er, während ich nur nickte und endlich rein wollte.
Die darauf folgenden Stunden verbrachte ich im Bett. Als irgendwann keine Tränen mehr kamen, starrte ich monoton vor mich hin und sah wie so oft Elyas’ Gesicht vor meinen Augen.
Liebe sei wunderschön, behaupteten die meisten, doch ich fragte mich, warum es dann so furchtbar wehtat. War es in den Anfängen noch eine Verknalltheit gewesen, so steckte ich inzwischen so tief drin, dass ich irgendwie von ihm loskommen musste, wenn ich nicht innerlich zerfressen werden wollte.
Wahrscheinlich hätte ich auch noch den ganzen Rest des Tages im Bett gelegen und vor mich hinvegetiert, wäre ich nicht durch ein Klingeln an der Haustür aus meiner Melancholie gerissen worden. Schniefend wischte ich mir die restlichen Spuren der Tränen aus dem Gesicht und rappelte mich auf. Bestimmt hatten meine Eltern wieder ihren Schlüssel vergessen.
Doch als ich unten ankam und, nachdem es bereits das zweite Mal geklingelt hatte, die Tür öffnete, schnürte sich mir vor Schreck die Kehle zu.
Elyas stand vor mir. Mit den Händen in den Hosentaschen sah er mich mit seinen wunderschönen Augen an.
Bis zu diesem Tag hatte er mich noch niemals zu Hause besucht. Wir hatten uns immer nur in der Schule oder bei den Schwarz’ gesehen. Nie zuvor hatte er vor meiner Haustür gestanden.
»Hey …«, hauchte er mit einem verlegenen Lächeln.
In meiner Brust herrschte kein einzelnes Schlagen mehr, sondern nur noch ein hektisches Rasen. »Hi …«, erwiderte ich verzögert.
»Darf ich reinkommen?«
Ich blinzelte und hielt ihm schließlich die Tür auf. »Ehm … klar«, sagte ich.
Er folgte mir die Treppen nach oben und bei jedem Schritt bekam ich das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Er, hier bei mir zuhause, dicht hinter mir – ich konnte es nicht glauben. Was hatte das zu bedeuten?
Wortlos gingen wir in mein Zimmer; die Stimmung zwischen uns wirkte angespannt und ich wusste nicht, ob das von mir, von ihm oder von uns beiden ausging. Mitten im Raum blieb ich stehen und musste all meinen Mut zusammen nehmen, um mich zu ihm umzudrehen.
So oft hatte ich mir gewünscht, ihn in meinem Zimmer zu haben und auf einmal war er ohne jegliche Vorwarnung tatsächlich hier. Stand da mit seiner blauen Jeans, seinem einfachen weißen T-Shirt und wirkte völlig unbeholfen, als sein Blick durch mein Zimmer schweifte.
Elyas hatte sich in den zwei Jahren, die ich bereits in ihn verliebt war, optisch immer mehr verändert. Er war gewachsen, überragte mich inzwischen um mindestens einen Kopf, und das einstige Kind war einem jungen Mann gewichen.
»Was … gibt’s?«, versuchte ich lässig zu klingen, doch Lässigkeit war noch nie mein Talent gewesen.
Er sah für einen Moment auf den Boden, ehe er mir schließlich in
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