Kirschroter Sommer (German Edition)
würdet bestimmt hübsche – wenn auch etwas behinderte – Kinder kriegen. Aber glaub mir, meinetwegen brauchst du dir mit Sicherheit keine Sorgen zu machen!« Ich schloss meine Rede, atmete tief und dem Burn-out-Syndrom nahe ein, um mich anschließend wieder auf meinen Text zu konzentrieren.
Es dauerte nicht lange, da wurde die kurze Pause abermals von dem nächsten »Bla Bla Bla Bla«, unterbrochen. So langsam trieb mich diese Frau zur Weißglut und ein knurrendes »Hm!« verließ meine Lippen. Erst als sie zu kichern anfing, blickte ich zu ihr auf.
»Was ist?«
Hatte ich irgendetwas verpasst?
»Nichts, nichts«, grinste sie, was mir eindeutig bestätigte, dass ich sehr wohl etwas verpasst hatte. Doch so sehr ich mich auch anstrengte, selbst im Nachhinein konnte ich mir ihre Worte nicht zusammenreimen. Es war irgendetwas mit »Rein theoretisch« gewesen und mich beschlich das seltsame Gefühl, dass es vielleicht besser war, es nicht gehört zu haben. Ich massierte meine Schläfen und versuchte mich wieder zu beruhigen, bevor ich eindringlich auf sie einredete.
»Da du deinen Mund offensichtlich nicht halten kannst, wäre es dann zu viel verlangt, wenn wir wenigstens das Thema wechseln? Mir reicht es schon, wenn ich deinen Bruder ab und zu sehen muss, da will ich nicht auch noch in meiner ›Freizeit‹ über ihn reden.«
Warum hatte Alex ausgerechnet zu ihm ziehen müssen? Immerhin gab es tausende Wohnungen in Berlin. Und selbst wenn sie keine gefunden hätte, wären da immer noch genügend Brücken gewesen.
Sie konnte von Glück reden, dass ich so gutmütig war. Die Frechheit, zwangsweise ihren Bruder vor die Nase gesetzt zu bekommen, wäre eigentlich ein gerechtfertigter Grund, ihr die Freundschaft zu kündigen.
»Na gut«, lenkte sie widerwillig ein. Doch zu mehr als einem Atemzug kam ich nicht, denn bereits im nächsten Moment flammte dieses mir bestens bekannte Funkeln in ihren Augen auf, das mich jedes Mal mit dem Schlimmsten rechnen ließ.
»Elyas‘ Kumpel war übrigens gestern wieder da …« Sie biss sich auf die Unterlippe und in meinem Kopf brauten sich die bösesten Vorahnungen zusammen. »Alex«, stöhnte ich. »Sag mir bitte nicht, du hast dich verknallt …«
Alex‘ Beziehungen waren allesamt die reinsten Katastrophen gewesen und hatten immer in einem fürchterlichen Drama geendet. Sie verliebte sich viel zu schnell und das meistens in irgendwelche fadenscheinige Typen, von denen jede andere vermutlich sofort die Finger gelassen hätte. Alex hatte nicht nur blaue Augen, sondern war, was Männer betraf, auch verdammt blauäugig.
»Nein, ich kenne ihn doch eigentlich überhaupt nicht«, sagte sie schnell. »Ich finde ihn einfach nur niedlich.«
»Niedlich waren sie alle, aber vielleicht solltest du bei deiner Auswahl auch ein bisschen auf den Charakter achten?« Das war nicht wirklich eine Frage, sondern vielmehr ein gut gemeinter Tipp.
»Tue ich doch, und auch der ist niedlich bei ihm. Glaub mir, Emely, ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Er scheint tatsächlich anders zu sein.«
Ich stöhnte erneut und verzog mein Gesicht. Diesen Satz hatte ich schon mehr als einmal gehört, um genau zu sein, bei jedem Typen.
»Das sagst du immer«, jammerte ich und bereitete mich innerlich schon auf das nächste Drama vor. Es war so typisch für Alex: Kaum war sie drei Wochen hier, hatte ihre Single-sein-sucks-Antenne auch schon ein potenzielles Opfer geortet.
»Ja, ich weiß«, murmelte sie. »Doch dieses Mal stimmt es wirklich. Außerdem habe ich hier keine Zimmernachbarin, mit der er ins Bett steigen könnte. Und falls er über Elyas herfällt, muss ich die Schuld wenigstens nicht bei mir suchen.«
»Na, wenn das kein Argument ist«, meinte ich sarkastisch. »Und überhaupt, hast du schon mal an die Tatsache gedacht, dass er ein Kumpel von Elyas ist? Gleich und Gleich gesellt sich schließlich gerne.«
Sie rollte mit den Augen.
»Alex, ich meine es nicht böse«, sagte ich. »Tu mir nur den Gefallen und überstürze nicht wieder alles, sondern sei ein bisschen vorsichtiger, okay?« Durchdringend blickte ich sie an und konnte nur hoffen, sie würde sich meinen Rat zu Herzen nehmen.
»Ja«, seufzte sie genervt. »Aber eigentlich ist noch gar nichts spruchreif, du übertreibst total. Ich habe nur gesagt, ich finde ihn süß, mehr nicht. Und dass er anders ist, stimmt wirklich. Wenn du ihm mal über den Weg läufst – was wir unbedingt arrangieren müssen – wirst du es sehen.«
Würde ich
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