Kishons beste Familiengeschichten.
das Schwimmen, muß ich ihn wohl oder übel mit dem Wasser in Berührung bringen. Vorsichtig senke ich meine Arme abwärts. Amir beginnt zu strampeln und schlägt wild um sich. Von Schwimmbewegungen keine Spur.
»Schwimm!« höre ich mich brüllen. »Eins-zwei-drei!«
Jetzt hat er mich gebissen. Er beißt die Hand, die ihn nährt. Er beißt den eigenen Vater, der für ihn sorgt und ihm nichts als Liebe entgegenbringt.
Zum Glück bin ich noch immer stärker als er. Ich zwänge seine Hüften in die eiserne Umklammerung meiner athletischen Schenkel, so daß sein Oberkörper auf der Wasserfläche liegt, und vollführe mit seinen Armen die vorgeschriebene Eins-zwei-drei-Bewegung.
Eines Tags wird er’s mir danken. Eines Tags wird er wissen, daß er ohne meine Fürsorge und meine engelsgleiche Geduld niemals die Wasser beherrscht hätte. Eines Tags wird er mich dafür lieben.
Vorläufig tut er nichts dergleichen. Im Gegenteil, er schlägt seine verhältnismäßig freien Fersen unablässig in meinen Rücken. Vorne heult er, hinten tritt er. Der junge Adler will das elterliche Nest ganz offenkundig nicht verlassen. Aber es muß sein. Trink, Vogel, oder schwimm! Einst war auch mein Vater zwischen den muskulösen Schenkeln meines Großvaters eingeklemmt und hat es überstanden. Auch du wirst es überstehen, mein Sohn, das garantiere ich dir.
Durch das Megaphon schallt die Stimme des Bademeisters:
»Sie dort! Ja, Sie! Lassen Sie den Kleinen in Ruh! Sie bringen das Kind ja in Lebensgefahr!«
Das ist typisch für die israelischen Verhältnisse. Statt einem Vater in seinen erzieherischen Bemühungen zu helfen, statt dafür zu sorgen, daß eine starke junge Generation heranwächst, schlagen sich die Behörden auf die Seite einer lärmenden Minorität. Bitte sehr. Mir kann’s recht sein.
Ich steige mit dem jungen Adler ans Ufer, lasse ihn brüllen und springe mit elegantem Schwung in die kühlen Wogen zurück, mit einem ganz besonders eleganten Schwung, der mich kühn über die aus dem Wasser herausragenden Köpfe hinwegträgt…weit hinaus in das Schwimmbecken… dorthin, wo es am seichtesten ist…
Die Wiederbelebungsversuche des Badewärters hatten Erfolg.
»Unglaublich«, sagt er, indem er meine Arme sinken läßt. »Und Sie wollen einem Kind das Schwimmen beibringen.«
Wer ist wer auf dem Bildschirm
»Wer ist das?« fragte ich. »Ist das der Mann, der die Bücher von Fleurs Gatten gestohlen hat?«
»Dummkopf«, antwortete die beste Ehefrau von allen. »Es ist der Cousin von Winifred, der Gattin Monts.«
»Die vom Pferd gefallen ist?«
»Das war Frances, Joans Mutter. Halt den Mund.«
Jeden Freitag sitzen wir den Forsytes gegenüber, auch Amir, der schon längst im Bett sein sollte, und jeden Freitag verstricke ich mich ausweglos im Gezweig ihres Stammbaums. Letztesmal, zum Beispiel, hatte ich die ganze Zeit geglaubt, der Maler des neuen Modells sei der Sohn von dieser…na, wie heißt sie doch gleich… also jedenfalls ein Sohn, bis Amir mich belehrte, daß es sich um den Cousin von Jolyon dem Älteren handelte. Halt den Mund.
Warum blenden sie nicht in regelmäßigen Abständen die Namen ein?
Achtung. Fleurs Gatte hält eine Rede im Unterhaus, und ich habe keine Ahnung, ob er der Sohn der vor fünf Wochen von Soames vergewaltigten Irene ist oder nicht. Obendrein dringen aus dem Zimmer unseres neu angekommenen Töchterchens Renana verdächtige Geräusche und laute Seufzer. Es ist ein wahrer Alptraum. Vielleicht hat sich das Baby in der Wiege aufgestellt und trainiert Akrobatik. Wenn sie nur nicht herunterfällt. Entsetzlicher Gedanke. Kalter Schweiß tritt mir auf die Stirn, und meiner Frau geht es nicht anders.
»Wer ist das?« frage ich aufs neue. »Ich meine den jungen Mann, der sich in Fleur verliebt hat?«
Irgendwo in der abgedunkelten Wohnung schrillt das Telefon. Niemand rührt sich. Mit Recht. Wer während der Forsyte Saga anruft, hat sich aus dem Kreis der zivilisierten Menschheit ausgeschlossen. Vor drei Wochen wurde mir kurz nach Beginn der damaligen Fortsetzung ein Kabel zugestellt. Der Botenjunge mußte zehn Minuten lang läuten. So lange dauerte das Gespräch zwischen Soames und Irene. Es drehte sich um Joans Verlobung, wenn ich nicht irre.
»Ruhe!« brülle ich in Richtung der Türe, hinter der sich die akustische Störung erhoben hatte. »Ruhe! Forsyte!«
Und ich konzentriere mich wieder auf den Bildschirm. Plumps! Das ominöse Geräusch eines zu Boden fallenden Körpers
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