Kismet in Kairo
mythischen Figur.«
»Hält uns etwas davon ab, John?« fragte mein Freund.
»Nein.«
Der Professor war erleichtert. Er bewies es auch durch sein Ausatmen.
»Dann werden wir es machen. Gleich morgen, und wir werden uns einen Tag dort aufhalten – und natürlich eine Nacht. Es wird eine klare Nacht werden, das weiß ich. Es ist für uns auch wichtig, den Stand der Sterne zu sehen, denn sie haben nicht nur die Ägypter, sondern auch noch ältere Völker beeinflußt.«
»Das erklären Sie uns dann dort?«
»Natürlich.« Er lächelte scheu. »Seien Sie mir nicht böse, aber ich sehe in Ihnen beiden schon so etwas wie Nachfolger meinerseits, die, wenn sie einmal den Faden aufgenommen haben, ihn auch nicht mehr aus der Hand legen werden.«
Diesmal mußte ich laut lachen. »Na, da denken Sie aber einen Schritt zu weit. Ich glaube nicht daran, daß wir Ihre Nachfolger werden können. Wir haben auch andere Dinge zu tun. Außerdem fehlt uns das Wissen, Professor.«
»Ich denke auch nicht an die direkten Nachfolger. Für mich ist wichtig, daß jemand an meine Theorien und meine Beweise glaubt und sie nicht einfach abtut.«
»Das hört sich nach einem mündlichen Testament an.«
Es war genau die Bemerkung, auf die er gewartet hatte, denn er stimmte mir zu. »Ja, Mr. Sinclair, ja, Sie haben recht. Das hat sich auch nach einem Testament angehört. Wenn ich mich selbst einschätzen soll, so befinde ich mich bereits auf der Straße in den Tod. Das eigentliche Leben liegt hinter mir. Die Zukunft ist der Tod.«
»Bitte, Professor, das können Sie nicht sagen. Sie haben sich zu stark im Totenkult engagiert. Ich glaube nicht, daß Sie sterben werden.«
»Aber ich weiß es. Fatima hat mich besucht. Fatima, der Succubus. Sie hat mir das Leben aus dem Körper gesaugt. Und ich weiß, daß sie mich auch weiterhin besuchen wird. Es ist nicht das letzte Mal gewesen, darauf können Sie sich verlassen. Ich habe ihr nichts entgegenzusetzen. Ich bin nicht stark genug. Sie hat in mir ein Opfer gefunden, denn ich bin zu einem Wissenden geworden.«
»Und weiter?«
»Ich werde enden wie viele vor mir. Ich werde vergehen. Schauen Sie sich Hassan an. Mein Kollege lebt nicht mehr, er vegetiert dahin. Bei einem nächsten Besuch ist seine Existenz verwirkt. Dann hat sie ihm das Leben genommen, um selbst weiterleben zu können. Ich sehe Fatima ebenso an wie die Sphinx. Sie ist und bleibt ein gewaltiges Rätsel für mich.«
»Trotz der Beweise, die Sie uns zeigen wollen?«
»Ja.«
Ich nahm es hin, weil ich mich um praktischere Dinge kümmern wollte.
Damit meinte ich Hassan, der röchelnd auf seinem Bett lag. Meiner Ansicht nach mußte er sich unbedingt in ärztliche Behandlung begeben und in ein Krankenhaus gehen. Als ich mit diesem Vorschlag herausrückte, da las ich im Gesicht des Professors den Schreck. »Bitte, Mr. Sinclair, das ist unmöglich.«
»Warum?«
»Nein, nein!« Er schüttelte heftig den Kopf. »Kein Krankenhaus. Es wird ihn auch niemand aufnehmen.«
»Hören Sie auf, das ist…«
»Doch, Mr. Sinclair, doch. Sie kennen die Verhältnisse hier nicht. Was sollen wir den Ärzten denn sagen? Was ist denn passiert? Wenn wir die Wahrheit loswerden, wird man uns auslachen oder sich erschrecken, es kommt darauf an. Die Ärzte werden ihn zurückschicken. Es fehlt ihm nichts. Für sie ist er einfach nur alt.«
So ganz hatte er mich nicht überzeugt. Suko auch nicht, denn mein Freund sagte mit leiser Stimme: »Dann wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben, als ihn hier im Raum zu lassen.«
»Ja.«
»Und er wird sterben?«
Walter Hogland hob die Schultern. »Das vermute ich.«
»Nach dem nächsten Besuch«, sagte Suko. »Das ist möglich.«
Suko wandte sich an mich. »Wäre das nicht eine Chance für uns, John? Wir könnten hier warten, und wenn diese Person auftaucht, dann haben wir eine Chance.«
Hogland mischte sich ein. »Man weiß nie, wann sie kommt.«
»In der Nacht, denke ich.«
»Das war bei mir, Inspektor. Ob es bei Hassan auch so sein wird, wage ich zu bezweifeln.«
»Warum?«
Walter Hogland strich über sein Gesicht, das einen gequälten Ausdruck angenommen hatte. Dann atmete er tief durch die Nase ein und sprach mit leiser Stimme: »Sehen Sie, diese Fatima schätze ich als sehr schlau ein. Sie weiß, daß ich wieder in dieses Land zurückgekehrt bin. Sie hat in mir schon einmal ein Opfer gefunden, und ich glaube, daß sie mich auch weiterhin nicht loslassen wird. Sie wird mich beobachten, was zur Folge hat,
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