Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
sind oder sich verdammt schlecht benehmen. Heute weiß ich, dass man kriegt, was man sieht. Es gibt keine Magie. Es gibt keinen
Zauberer von Oz
. Alles, was es gibt, ist der geisteskranke kleine Mann hinterm Vorhang, der die Knöpfe drückt.«
Atemlos sank sie in ihrem Stuhl zurück.
Ihr leidenschaftlicher Vortrag hatte alle im Café aufhorchen lassen, und nun war es so still, dass man einen Vampirzahn hätte wachsen hören können.
Maxie, die bemerkte, dass alle Augen und Ohren auf sie gerichtet waren, stand lächelnd auf, breitete ihre Arme aus und verneigte sich nach links und rechts. Ihr unglaublich langes Haar wippte vor und zurück. »Danke, Amerika! Danke für diese Ehre. Sie mögen mich! Sie mögen mich wirklich!«, imitierte sie eine alte Oscar-Dankesrede.
»Zeig’s ihnen, Maxie!«, rief ein junger Mann, der eine Baseballkappe verkehrt herum trug und seine Faust in die Luft stemmte. Die übrigen Gäste applaudierten.
Wieder verbeugte Maxie sich dramatisch, hob ihr Haar beiseite und sank auf ihren Stuhl.
»Wäre ich nicht als Reporterin zu Ruhm und Reichtum gekommen, hätte ich mich für Schauspielerei entschieden. Na ja, wer weiß, falls dieser Job sich nicht auszahlt, kann ich das ja immer noch machen.« Sie schlug sich mit der flachen Hand auf den Schenkel, warf ihren Kopf in den Nacken und heulte auf.
Entweder war Maxie ein klarer Fall für die Gummizelle oder der ungehemmteste Freigeist, der mir seit langem über den Weg gelaufen war – vielleicht jemals.
Die anderen Starbucks-Gäste klatschten erneut, und einige von ihnen stimmten in Maxies Triumphgeheul ein. Offenbar waren sie an ihre Ausbrüche gewöhnt. Und ich, die ich die Vorführung sehr genossen hatte, klatschte mit. Ja, ich ertappte mich sogar dabei, wie ich lauthals lachte. Mir wurde bewusst, dass ich das schon länger nicht mehr getan hatte, obwohl es verblüffend wohltuend war.
»Wow«, sagte ich, »du bist ja eine wahrhaft leidenschaftliche Skeptikerin! Das stille Beobachten ist nicht so dein Ding, was?«
»O nein! Ich bin die voreingenommene Zynikerin par excellence, die besserwisserische Pessimistin, die alles und jedes nur kommentieren kann mit ›Kenne ich schon‹, ›Habe ich schon gemacht‹ und ›Könnte nicht öder sein‹. Was ist mit dir? Bist du Skeptikerin, oder nimmst du deinen Klienten den ganzen Kram ab, den sie dir aufbinden wollen?«
Eine heikle Frage. Vor sechs Monaten hätte ich vollkommen ehrlich antworten können, dass ich ihr uneingeschränkt zustimme. Dass Vampire, Zauberer, Hexen, Geister und zahlreiche andere übernatürliche Phänomene pure Phantasiegespinste waren – oder Wahnvorstellungen entsprangen. Kein vernünftiger Mensch konnte an Märchen- oder Horrorfilmgestalten glauben. Niemand, der noch alle Tassen im Schrank hatte, würde an nächtliche Gruselwesen glauben.
Im letzten halben Jahr jedoch hatte ich unters Bett geguckt und tatsächlich die Monster gefunden. Es hatte ein Vampir an mein Fenster geklopft. Ach was, geklopft! Er hatte sich gar nicht erst mit einem Fenster aufgehalten, sondern erschien schlicht, wo immer er wollte, und blendete mich mit seinem Platinhaar und seinen türkisfarbenen Augen. Skepsis war da keine greifbare Alternative mehr.
Außer, ich wäre komplett irre geworden und meine jüngsten Erfahrung wären einem Aneurysma oder epileptischen Anfällen geschuldet. Die Möglichkeit eines medizinisch begründbaren Wahnsinns nahm ich überaus ernst. Vor einer Weile war ich sogar so weit gegangen, mich einer gründlichen Testreihe zu unterziehen, um diese Eventualitäten auszuschließen. Die Wissenschaftlerin in mir sträubte sich hartnäckig gegen das, was anscheinend geschah. War ich einerseits froh, dass ich mich als aneurysmenfrei entpuppte, hieß das andererseits, dass die simpelste Erklärung wahrscheinlich zutraf. In Anlehnung an das Ökonomieprinzip gesprochen: »Bei der Analyse eines komplizierten Sachverhalts entfernt man zunächst alle entbehrlichen Elemente; was dann übrig bleibt, muss wahr sein, egal, wie absurd es erscheinen mag.« Und da ich die Vampire keinem Hirnschaden zuschreiben konnte, musste die simple Tatsache, dass sie existierten, wahr sein. Aber nur weil ich diese verdrehte Realität erkannte, musste ich noch lange nicht meinen Frieden mit ihr gemacht haben – ganz gleich, wie viele Vampirklienten ich behandelte.
Maxie wedelte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum, und erschrocken sah ich sie an.
»O Mann, Doc, das war noch so eine lange
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