Kismet Knight – Vampire lieben länger / Roman
zu sehen. »Es gab keinen Grund für dich, noch jemanden zu verschleppen. Du hast mich doch schon!« Meine Reaktion auf seine neueste Schandtat schien ihn brennend zu interessieren. Ich bewegte mich auf Maxie zu, wollte sie berühren, sie wissen lassen, dass sie nicht allein war – doch Hallow versperrte mir den Weg.
»Nein, noch nicht! Ich möchte es mir erst bequem machen.«
Bequem machen? Bequem wofür?
Kichernd sprang Hallow über Victoria, holte sich einen Stuhl von der Wand und plazierte ihn so, dass er Maxie und mich sehen konnte. Als er sich setzte, stob Staub auf.
»Sehr gut! Ich bin so weit. Du kannst jetzt weitermachen.«
Etwas stimmte nicht. Er war noch zufriedener mit sich als sonst. Ich blickte ihn an und versuchte, an seiner Miene abzulesen,
in welche Falle er mich locken wollte, aber sein breites Grinsen verriet mir nichts. Also sah ich wieder zu Maxie, deren Schweigen
befremdlich wirkte.
Hatte er sie schon ausgesaugt und ihre Leiche irgendwie wiederbelebt, um mich glauben zu machen, sie wäre noch am Leben?
Ich streckte eine Hand aus und berührte ihren Arm. Sofort veränderte ihr Gesicht sich. Während ich zusah, verschoben sich ihre Züge, schmolzen wie Wachs. Die blasse Haut, die toten Augen und die dunklen Ringe verwandelten sich wieder in ihren üblichen makellosen Teint, den leuchtend blauen Blick und das alberne Grinsen.
Sie lachte. »Schön, dich zu sehen, Doc!«
Erschrocken wich ich zurück.
Was zur Hölle ist gerade mit ihrem Gesicht passiert?
»Maxie? Ist alles okay?«
Halluziniere ich?
Sie blickte zu Hallow.
Er kam zu uns und warf einen Arm um meine Schultern. »Ich glaube, du wurdest meiner gegenwärtigen
Lýtle
noch nicht angemessen vorgestellt.«
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Kapitel 22
M ein Kopf schwirrte, mein Mund wurde trocken, und ich hörte auf, zu atmen. Hallows Worte hatten mich wie ein Fausthieb in den Magen getroffen. Alles, was ich tun konnte, war, die lächelnde Frau vor mir anzustarren. Mir kam es wie eine Ewigkeit vor, ehe ich etwas sagen konnte, aber wahrscheinlich waren es nur Sekunden.
»Deine
Lýtle?
Maxie?«
Hallow neigte seinen Kopf seitlich, schnalzte mit der Zunge, um Mitgefühl zu heucheln, und tätschelte meine Schulter. »Du liebe Güte, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie verraten und enttäuscht du dich fühlst! Da erlaubst du dir, dich mit ihr anzufreunden, und musst entdecken, dass sie dich die ganze Zeit ausspioniert, benutzt und dein freundliches Wesen ausgenutzt hat. Was für eine böse Kreatur sie sein muss.«
Eine Träne kullerte mir über die Wange, bevor ich überhaupt merkte, dass ich weinte. Doch kaum hatte ich angefangen, konnte ich nicht wieder aufhören. Ich schluchzte, versuchte nicht einmal, mich zurückzuhalten und so zu tun, als würde ich Trauer grundsätzlich professionell angehen oder jemanden beeindrucken wollen. Wozu auch? Ich wischte mir die Nase mit meinem Pulloverärmel ab.
Es war klar, dass Hallow mein Leben von dem Augenblick an kontrollierte, in dem er darin aufgetaucht war. Nichts, was Devereux oder irgendjemand – allen voran ich – getan hatte, war in der Lage gewesen, die kranken Pläne des Irren zu beeinflussen. Ich hätte über meine eigene Dummheit gelacht, wären Hallows Machenschaften nicht so entsetzlich gewesen.
Von einem geistesgestörten Vampir hereingelegt und ausgesaugt zu werden, war nicht das, was ich für diesen Lebensabschnitt vorgesehen hatte.
Es brach mir das Herz, an Victoria und Tom und daran zu denken, was dieser Mistkerl wohl mit ihnen vorhatte. Und ich weinte um Devereux’ gute Absichten sowie den Schmerz, den er erleiden würde, weil ich fort war. Um all die Möglichkeiten, die mit uns sterben würden. Und wegen Maxies Verrat. Obwohl ich sie erst seit kurzem kannte, hatte ich ihr vertraut. Was für eine erbärmliche Menschenkenntnis ich bewiesen hatte!
Vollkommen entkräftet sank ich auf den schmutzigen Fußboden.
Mein Verstand weigerte sich, diese riesige, hässliche Wahrheit zu akzeptieren. Nicht einmal jetzt, da sie mich wie zum Beweis angrinste, wollte ich glauben, dass sie mich willentlich verletzt hatte, dass unsere beginnende Freundschaft eine Lüge gewesen war. Wie hatte ich mich so hinters Licht führen lassen können? Stand ich schon länger unter Hallows Kontrolle, als ich dachte?
Hatte es Anzeichen gegeben, die ich übersah? Unstimmigkeiten, die ich nicht wahrhaben wollte?
Natürlich. Und sobald ich sie mir klarmachte, wusste ich, dass sie mich verfolgen würden, solange ich
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